# taz.de -- Anders grüßen in Belarus: „Passen Sie auf sich auf!“
       
       > Die Belarussen ändern Sprache und Verhalten. Janka Belarus erzählt von
       > stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 3.
       
 (IMG) Bild: Für Katzen, für Oppositionelle, für Belarus: Schweinespeck
       
       Es gefällt mir und es erstaunt mich, dass die Belarussen seit Beginn der
       [1][Proteste] so höflich und aufmerksam zueinander sind. Mit Blick auf die
       aktuellen Ereignisse sagen wir nicht mehr „Guten Tag“. Stattdessen klingen
       Begrüßungen jetzt so: „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“ Und zum Abschied
       sagt kaum noch jemand „Auf Wiedersehen“. Stattdessen hat sich „Passen Sie
       auf sich auf!“ etabliert. Und dieses Sorgen und Kümmern gibt es nicht nur
       in den großen Städten, wo die Verhaftungen von Menschen durch
       Sicherheitskräfte schon zum Alltag gehört, sondern auch in kleineren Orten.
       
       Mein Freund hat auf dem Markt des Dorfes, in dem er sein Wochenendhaus hat,
       das folgende berührende Gespräch gehört und mir davon erzählt.
       
       „Guten Tag, Tantchen. Geben Sie mir bitte zehn Hühnereier.“
       
       „Oh, guten Tag. Und, wie ist es bei euch in Minsk? Was hört man? Ist es
       bald so weit?“
       
       „Wir gehen hier auch [2][mit Flaggen auf die Straße], ja. Nicht so viele,
       drei, vier Leute, aber immerhin! Und außerdem hat bei uns jemand auf die
       Straße geschrieben: ‚Halte durch, Hauptstadt. Es lebe Belarus!‘ Am nächsten
       Tag kamen Arbeiter und haben die Aufschrift mit Bitumen übergossen.“
       
       „Oh, was tun sie bloß? Neulich kam ein junger Mann zu uns ins Dorf, den sie
       grün und blau geschlagen hatten, er war gerade aus der Untersuchungshaft
       entlassen worden. Ich hab ihm ein Stück Schweinespeck geschenkt und gesagt:
       ‚Das musst Du nicht bezahlen‘.“
       
       „Geben sie mir bitte die Komsomolskaja Prawda (Eine Zeitung, die über die
       realen Ereignisse im Land berichtet. Staatliche Verkaufsstellen weigern
       sich oft, sie zu verkaufen. Aber fürsorgliche Bürger kaufen sie oft direkt
       vom Verlag und geben sie kostenlos an ihre Nachbarn weiter, deren einzige
       Informationsquelle sonst der Fernseher wäre, dessen Programme aber oft
       durch Propaganda verzerrt sind, Anmerkung der Autorin), wir werden sie
       lesen, vielen Dank!“
       
       „Wissen Sie, gestern hat eine Familie bei mir Lebensmittel gekauft, und
       ihre Oma ist zu mir gekommen und hat mir ins Ohr geflüstert: ‚Es lebe
       Belarus!‘“
       
       Aus dem Russischen [3][Gaby Coldewey]
       
       13 Sep 2020
       
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