# taz.de -- Landtagspräsident stellt Strafanzeige: Wer verrät hier wen?
       
       > Die Schleswig-Holsteinische Polizeibeauftragte wird vom
       > Landtagspräsidenten beschuldigt, interne Infos durchgestochen zu haben.
       
 (IMG) Bild: Bürger- und Polizeibeauftragte und mutmaßliche „Durchstecherin“ Samiah El Samadoni
       
       Neumünster taz | „Durchstechen“ wird es genannt, wenn interne Unterlagen an
       die Öffentlichkeit gelangen. Je nach Art der Information kann diese
       Weitergabe als Geheimnisverrat, also als Straftat, gelten. So hat der
       Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Klaus Schlie (CDU),
       Strafanzeige gegen Unbekannt wegen einer Durchstecherei erstattet, die sich
       im Mai dieses Jahres ereignete. Nun beschreibt ein Gutachten, das der taz
       vorliegt, dass das fragliche Dokument möglicherweise aus Schlies eigenem
       engen Umfeld stammen könnte.
       
       Das Dokument, um das es dabei geht, ist eine Dienstaufsichtsbeschwerde
       gegen die Bürger- und Polizeibeauftragte Samiah El Samadoni (SPD). Der NDR
       berichtete im Mai zuerst über die Beschwerde, die beim Landtag eingegangen
       war – die Beauftragten sind formal der Landtagsverwaltung angegliedert. Der
       Vorwurf gegen El Samadoni lautet, sie habe vertrauliche Inhalte aus einem
       Gespräch mit der Leiterin der Polizeischule Eutin öffentlich gemacht, also
       ebenfalls eine Information „durchgestochen“.
       
       El Samadonis Anwalt, Gerhard Strate, wies damals die Anschuldigungen
       zurück. Die Leiterin der Polizeischule hat inzwischen eingestanden, dass
       noch weitere Personen bei dem vertraulichen Gespräch anwesend waren.
       
       Inhalte aus der Unterredung fanden sich auf dem Smartphone eines
       Polizeigewerkschafters, das die Kieler Staatsanwaltschaft im Jahr 2019
       beschlagnahmte. Auch er soll vertrauliche Informationen weitergegeben
       haben, unter anderem an den Polizeireporter der Kieler Nachrichten. Das
       Smartphone des Gewerkschafters hat sich zu einem Karriere-Killer
       entwickelt: Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) [1][verlor wegen Chats
       auf diesem Telefon sein Amt], er soll sich mitdem Journalisten und dem
       Polizeigewerkschafterzu eng eingelassen haben.
       
       Doch wie kam die interne Dienstaufsichtsbeschwerde zum NDR? Das untersuchte
       das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD). Ziel war es
       herauszufinden, aus welcher Quelle und zu welchem Zeitpunkt das Dokument
       weitergegeben wurde. Eine Fassung des Papiers lag dem Ältestenrat des
       Landtags vor, in dem Mitglieder aller Parteien vertreten sind. Die andere
       war die Fassung, die im Umfeld von Klaus Schlie kursierte, also von ihm
       selbst und engen MitarbeiterInnen in Händen gehalten wurde.
       
       Die technische Abteilung des ULD nahm sich beide Dokumente vor und verglich
       sie mit den Bildern des NDR. Untersucht wurden Knickspuren im Papier sowie
       Verfärbungen, die auf frühere handschriftliche Einträge hindeuten. Sehr
       wahrscheinlich handelt sich nach den Untersuchungen der Fachleute nicht um
       die Fassung, die der Ältestenrat hatte.
       
       „Wir äußern uns weder zu laufenden Ermittlungsverfahren noch zu
       durchgesteckten Informationen und auch nicht zu falschen
       Schlussfolgerungen“, sagt eine Sprecherin Schlies. Für den Landtag sei
       „entscheidend, dass der wahre Täter, wie auch in weiteren Fällen der
       Indiskretion, aus dem Ältestenrat ermittelt werden kann“.
       
       Allerdings fehlt für diese Anschuldigung ein Beleg. Zwar gebe es eine
       Erwiderung des Landtagspräsidenten, berichtet Marit Hansen, Leiterin des
       ULD – dieses Schreiben dürfe sie aber nicht herausgeben, ebenso wenig wie
       das Gutachten. Zwar hatte die taz, wie andere Medien, Einsicht in das
       Gutachten und den Schriftwechsel beim ULD beantragt, doch ohne Erfolg:
       „Eine der beteiligten Seiten, also entweder Frau El Samadoni oder der
       Landtag, lehnen diesen Schritt aktuell ab“, so Hansen.
       
       Allerdings hat das ULD seine Ermittlungen bereits eingestellt, da sich aus
       Sicht der Behörde nicht genau feststellen lasse, welche Person das Dokument
       an den Rundfunksender weitergab. Hansen sagt aber: „Es liegen uns derzeit
       keine Belege oder Argumente vor, die uns an der Richtigkeit unseres
       Gutachtens zweifeln lassen.“ Das ULD sei gern bereit, alle Dokumente
       vorzulegen.
       
       El Samadonis Anwalt Strate zieht eine Schlussfolgerung: „Hochwahrscheinlich
       ist die Anzeige gegen Frau El Samadoni aus dem engen Umfeld des Kieler
       Landtagspräsidenten an die Öffentlichkeit lanciert worden.“
       
       18 Sep 2020
       
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