# taz.de -- Amerikanisch-russischer Boxer: Männermanns Freund
       
       > Mike Tysons Comeback ist verschoben. In Russland wird viel darüber
       > berichtet. Kein Wunder: Sein Gegner Roy Jones jr. ist seit 2015 Russe.
       
 (IMG) Bild: Stolzer Neurusse: Roy Jones jr
       
       Mike Tyson hat also nun doch nicht geboxt. Der Comeback-Kampf des
       Altweltmeisters, der am Samstag hätte stattfinden sollen, ist auf November
       verschoben worden. Weil für ältere Herren strengere medizinische Auflagen
       in Zeiten von Corona gelten, sei das nötig gewesen, hieß es. Als hätten die
       Veranstalter eben erst festgestellt, dass [1][der ehemalige
       Schwergewichtsweltmeister] 54 Jahre alt ist. Geärgert hat sich darüber
       auch Roy Jones jr., Tysons Showkampfgegner. Der ist ebenfalls eine Legende,
       war er doch Weltmeister in vier verschiedenen Gewichtsklassen.
       
       Das ist aber auch wieder länger her. Jones ist mittlerweile 51 und nicht
       unbedingt allgegenwärtig in den Schlagzeilen, obwohl er sich auch als
       Rapper und Schauspieler versucht hat. Wer etwas über Jones erfahren will,
       der landet beim Surfen im Netz bald auf russischen Portalen. Denn Jones ist
       nicht nur US-Amerikaner, er ist auch Russe.
       
       2015 hat ihn der russische Präsident per Dekret in sein Reich eingebürgert.
       Seitdem lässt sich der Faustkämpfer bereitwillig für die russische
       Propaganda ausschlachten.
       
       Begonnen hat die Liebe zu Russland ausgerechnet auf der Krim. Auf der
       frisch von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel hat er sich im Sommer
       2015 mit Wladimir Putin getroffen und soll ihn dabei um die russische
       Staatsbürgerschaft gebeten haben. Die Ukrainer verhängten prompt ein
       Einreiseverbot für den frisch gebackenen Russlandfreund, der die
       Staatsbürgerschaft unter der Bedingung erhalten haben soll, sich mindestens
       sechs Monate im Jahr in Russland aufzuhalten.
       
       ## Wie Michael Jackson
       
       Jones jr. scheint es zu gefallen, wie er in Russland hofiert wird. „Es ist
       so, als sei ich Michael Jackson oder Michael Jordan“, hat er kürzlich
       gesagt. „Autos halten an, Kinder rennen zum Auto und versuchen, durch die
       Fenster zu schauen.“ Die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti sorgt
       dafür, dass die Russlandliebe, die Jones jr. in der Daily Mail [2][vor dem
       Kampf gegen Tyson äußert], munter verbreitet wird.
       
       Die Geschichte des US-Boxers, der ein Russe wurde, wird regelmäßig erzählt.
       Mal reist Jones zu den Feierlichkeiten des Siegs über Nazideutschland nach
       Russland und lässt sich mit einer Armeekappe der sowjetischen Streitkräfte
       fotografieren. Mal wird er abgelichtet, wie er mit russischen Amateurboxern
       trainiert oder in seinem Gym in Moskau gute Laune verbreitet.
       
       Auf der Krim waren die Erwartungen an Jones jr. besonders groß. Ende 2015
       sollte er eine Boxschule in Sewastopol eröffnen, und aus dem Büro des
       Gouverneurs der Krim hieß es, man erwarte sich viel von Jones jr. für den
       Sport auf der Krim. Viel ist daraus nicht geworden. Dafür durfte sich
       Ramsan Kadyrow, der tschetschenische Diktator von Putins Gnaden, über ein
       Treffen mit ihm freuen.
       
       Rund um den verschobenen Kampf gegen Tyson schafften es die Bilder von
       Jones jr., die ihn zeigen, wie er 2015 von Wladimir Putin empfangen worden
       ist, zurück auf die Sportseiten, als hätte es dieser Tage stattgefunden. Es
       ist aber auch zu schön, wie Jones jr. von Russland schwärmt. „Ich fühle
       mich sehr russisch“, sagt er immer wieder. Natürlich schwärmt er auch von
       Putin: „Er ist eine Männermann“, sagt er. „Er macht, was Männer gerne tun.
       Er jagt, angelt, boxt. So ist er. Und er steht zu seinem Wort.“
       
       Im Kreml wird man sich freuen über den wackeren Propagandisten. Und auch
       wenn sich sonst wo auf der Welt nicht allzu viele Menschen finden werden,
       die sich via Pay-per-View in den Kampf gegen Tyson einschalten, in Russland
       überträgt das Fernsehen [3][das Event]. Dawai!
       
       16 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ex-Boxer-Mike-Tyson/!5052942
 (DIR) [2] https://www.dailymail.co.uk/news/article-8723411/Roy-Jones-Jr-talks-DailyMailTV-prepares-face-Mike-Tyson.html
 (DIR) [3] /Boxer-Tyson-Fury/!5651278
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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