# taz.de -- Beamtengroteske in Österreich: Anzeige nach Mahnwache
       
       > Ein Grazer Politiker organisiert eine Aktion vor einer Synagoge, die
       > geschändet wurde. Jetzt wurde er angezeigt – wegen
       > Verwaltungsübertretungen.
       
 (IMG) Bild: Hat jetzt eine Anzeige am Hals: der Grüne Lokalpolitiker Tristan Ammerer
       
       Wien | taz Bosheit oder stures Beamtendenken in Österreich? Tristan
       Ammerer, grüner Bezirksvorsteher des Grazer Stadtteils Gries, wunderte sich
       jedenfalls, als ihm per Mail eine Anzeige der lokalen Polizei zuging. Der
       Lokalpolitiker hatte Mitte August überregionale Bekanntheit erlangt, als er
       zu einer Mahnwache vor der Synagoge der steirischen Landeshauptstadt
       aufrief. Das jüdische Gotteshaus war wiederholt mit Parolen beschmiert und
       Steinen beschädigt worden.
       
       Ammerer warf den Behörden vor, keinen Polizeischutz zu gewähren. Der
       [1][geständige Täter, ein syrischer Asylberechtigter], hatte danach auch
       Elie Rosen, Präsident der jüdischen Kultusgemeinde, mit einem Holzprügel
       attackiert.
       
       Laut Mail wirft die Polizei dem Politiker mehrere Verwaltungsübertretungen
       vor. Zum einen sei er als Leiter einer nicht angemeldeten Versammlung in
       Erscheinung getreten und habe gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. Bei
       der Mahnwache von etwa 30 Personen, die bei Regen mehrere Stunden vor der
       Synagoge ausharrten, sei auch die Straßenverkehrsordnung verletzt worden,
       weil „der Gehsteig zu verkehrsfremden Zwecken verwendet und die Mahnwache
       nicht bei der zuständigen Behörde angezeigt“ worden sei.
       
       Schließlich hätten „die zivilen Überwachungskräfte“ beobachtet, dass der
       Bezirksvorsteher nicht auf die Covid-19-Schutzmaßnahmen wie Mundschutz und
       Abstand geachtet hätte. Ammerer geht davon aus, dass damit eine
       Zivilstreife gemeint ist, die während der Mahnwache vor der Synagoge
       abgestellt war.
       
       ## Schlechter Scherz
       
       Der Angesprochene hielt das Schreiben zunächst für einen schlechten Scherz
       oder einen Versuch, an seine Daten zu kommen. Ein Anruf bei der zuständigen
       Polizeidirektion belehrte ihn aber eines Besseren. Die Mahnwache sei eine
       spontane Aktion nach dem Angriff auf Elie Rosen gewesen. „Wie soll ich das
       48 Stunden vorher anmelden?“, fragt sich Ammerer.
       
       „Inzwischen hat sich das Landespolizeikommando bei mir gemeldet mit einem
       Gesprächsangebot, das ich sehr gerne annehme“, so Ammerer zur taz. Über die
       Anzeige wolle er dort aber nicht reden: „Das ist ein laufendes Verfahren
       und dazu äußere ich mich nur schriftlich.“ Vielmehr solle es um die lokale
       Polizeistation gehen, wo Beamte durch rechtsextreme Betätigung aufgefallen
       seien.
       
       Auch die Landespolizeidirektion Steiermark meldete sich schriftlich zu
       Wort. Die Polizei sei verpflichtet gewesen, Anzeige zu erstatten.
       Andernfalls hätte sie sich des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht.
       
       2 Sep 2020
       
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