# taz.de -- ExpertInnen kritisieren Untersuchung: In den USA kein Insektensterben?
       
       > Laut einer Studie sind Insekten-Populationen in Nordamerika stabil.
       > Fachleute sind verwundert und zweifeln an der Methodik der US-Forscher.
       
 (IMG) Bild: Eine Fliege lauscht der Corona-Impfstoff-Pressekonferenz des US-Präsidenten aus nächster Nähe
       
       Berlin taz | In den USA ist kein Rückgang der Häufigkeit und der
       Artenvielfalt von Insekten und anderen Gliederfüßern zu beobachten. Dies
       zumindest ist das verallgemeinerte Ergebnis einer Studie, [1][die am Montag
       im Fachjournal Nature Ecology & Evolution] veröffentlicht wurde.
       
       Das Team um Hauptautor Michael Crossley wertete Daten aus mehr als 5.300
       Zeitreihen aus, die über 4 bis 36 Jahre an verschiedenen Standorten
       gesammelt wurden. Zwar habe es bei manchen Beständen Rückgänge gegeben, bei
       anderen aber auch Zunahmen, konstatieren sie.
       
       In der Summe jedoch seien „die Netto-Trends nicht von null zu
       unterscheiden“. Das wiederum veranlasst die AutorInnen, in ihrer
       Zusammenfassung zu schreiben: „Die erkennbare Robustheit der
       Arthropoden-Populationen in den USA ist beruhigend.“
       
       Damit scheint die Studie anderen, vor allem aus Europa, aber auch zu
       globalen Trends, fundamental zu widersprechen. In den letzten Jahren
       erschienen einige Arbeiten, die den Rückgang von Insekten hinsichtlich
       Anzahl, Häufigkeit, Artenvielfalt und Biomasse untersuchten. Viele der
       Ergebnisse deuten auf einen deutlichen Rückgang hin – mit dramatischen
       Konsequenzen für Ökosysteme, sogenannte Ökosystemleistungen und somit
       letztlich den Menschen. Nicht zuletzt die sogenannte [2][Krefelder Studie]
       von 2017 aus deutschen Schutzgebieten hatte einen Diskurs über das
       Insektensterben angefacht, zuweilen ist sogar von einer
       „Insekten-Apokalypse“ die Rede. Ist das also nur ein europäisches Phänomen
       – oder sogar alles komplett übertrieben?
       
       ## Schädlinge überrepräsentiert
       
       Ein Knackpunkt bei solchen Studien ist stets ihre Methodik. Wie man die
       Ergebnisse interpretiert, wird nicht nur in der Politik, sondern auch in
       der Wissenschaft zuweilen heiß diskutiert. So gibt es bereits jetzt viel
       Kritik an der aktuellen Untersuchung. Wie viele ihrer KollegInnen bemängelt
       Alexandra-Maria Klein, Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie
       an der Universität Freiburg, beispielsweise, dass Schädlinge
       überrepräsentiert seien.
       
       Andere, vor allem ältere, langfristige und systematische Daten zu
       Fluginsekten hingegen fehlten völlig. „Aussagen über den Zustand von
       Bienen, Nachtfaltern oder Schmetterlingen in den USA können durch diese
       Studie nicht gegeben werden“, erklärt sie.
       
       Zwar sei die Situation dort nur bedingt mit der in Europa zu vergleichen.
       Aber es komme „nicht so sehr darauf an, auf welchem Kontinent geschaut
       wird, sondern welche Standorte und Arten untersucht werden“, so Klein. So
       könne bei undifferenzierter Betrachtung eine Zunahme von Mücken, Zecken
       oder Blattläusen über den Rückgang anderer Arten hinwegtäuschen.
       
       Der [3][Direktor des Deutschen Entomologischen Instituts Senckenberg,
       Thomas Schmitt], hält zwar die Datenbasis für solide aufbereitet, er sieht
       aber „die Gefahr, dass die Ergebnisse durch die Art und Weise, wie sie
       eingeleitet werden, von den Leugnern der Biodiversitätskrise, in der wir
       uns definitiv befinden, missbraucht werden könnte“.
       
       12 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.nature.com/articles/s41559-020-1269-4
 (DIR) [2] /Studie-zu-Artensterben/!5453844/
 (DIR) [3] /Analyse-zu-Insektensterben/!5678256
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrew Müller
       
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