# taz.de -- Pläne für Regelbetrieb in Schulen: Lehrer warnen vor Durcheinander
       
       > Lehrer und Eltern sind skeptisch, wie der Schulbetrieb nach den Ferien
       > funktionieren soll. Indes kündigt NRW die Rückkehr zum Kita-Regelbetrieb
       > an.
       
 (IMG) Bild: Wer darf mit wem in einem Raum sein? Das gilt es vor dem Regelbetrieb zu klären
       
       Berlin/Düsseldorf dpa | Kurz vor dem Ende der Sommerferien in einigen
       Bundesländern bleibt die Skepsis groß, ob es mitten in der Corona-Pandemie
       mit der geplanten Rückkehr in den Regelbetrieb an den [1][Schulen] klappt.
       Nach Ansicht des Deutschen Lehrerverbandes sind die Schulen dafür nicht
       ausreichend vorbereitet.
       
       Er befürchte ein „großes Durcheinander“, sagte Verbandspräsident
       Heinz-Peter Meidinger der Deutschen Presse-Agentur. Der Bundeselternrat
       rechnet wegen Corona mit erneuten Schulschließungen und geht davon aus,
       dass das Schuljahr „keineswegs planmäßig verläuft“, wie der Vorsitzende
       Stephan Wassmuth sagte. Kritisch äußerten sich auch Vertreter der
       Oppositionsparteien im Bundestag.
       
       Das Robert Koch-Institut forderte eine strikte Trennung von Gruppen in den
       Schulen. Unterstützung für die Bundesländer mit Blick auf deren Planungen
       für eine Rückkehr in den Regelbetrieb kam von der Bundesärztekammer. Ohne
       ausreichend Unterricht über einen längeren Zeitraum drohten Kindern „enorme
       Folgeprobleme, etwa in Bezug auf die körperliche und psychische
       Entwicklung“, sagte der Ärztekammerpräsident Klaus Reinhardt, der dpa. „Der
       Anspruch muss sein, einen weitestgehenden Regelbetrieb an den Schulen zu
       sichern – im Sinne der Kinder.“
       
       Baden-Württemberg geht an diesem Donnerstag als letztes Bundesland in die
       Sommerferien, während in Mecklenburg-Vorpommern am nächsten Montag bereits
       das neue Schuljahr beginnt. Mehrere andere Bundesländer starten kurze Zeit
       später. Die Kultusminister der Länder hatten vor dem Sommer vereinbart, den
       Regelbetrieb an den Schulen wiederaufzunehmen und dabei auch auf die
       Abstandsregel zu verzichten – mit der Einschränkung: „sofern es das
       Infektionsgeschehen zulässt“. Mitte Juli hatten sie dafür ein neues
       Hygiene-Rahmenkonzept vorgelegt.
       
       Hygieneregeln wenig praktikabel 
       
       Meidinger bemängelte, für einen Vollbetrieb ohne Abstandsregeln fehlten die
       Lehrkräfte. Bildungsgewerkschaften schätzen, dass bis zu 20 Prozent der
       Lehrer zur Risikogruppe gehören und für den Präsenzunterricht ausfallen
       könnten. Auch die Hygieneregeln der Kultusminister der Länder für die
       Schulen werden als wenig praktikabel kritisiert, beispielsweise die
       Vorgabe, regelmäßig „intensiv“ stoßzulüften.
       
       „An vielen Schulen lassen sich die Fenster in höher gelegenen Klassenräumen
       aus Sicherheitsgründen nicht oder nur einen Spalt öffnen“, sagte Meidinger.
       Zudem sei die Idee fester Lerngruppen vielleicht an Grundschulen umsetzbar,
       aber kaum an einer gymnasialen Oberstufe mit Kurssystem, wo die Schüler
       ständig mit anderen Mitschülern zusammen seien.
       
       Genau das müsste nach Ansicht des Präsidenten des Robert Koch-Instituts,
       Lothar Wieler, aber eine zentrale Maßnahme sein. Es sei wichtig, dass man
       Klassenverbünde zusammenhalte und die Klassen nicht mische, sagte Wieler am
       Dienstag in Berlin. Es müssten sogenannte „epidemiologische Einheiten“
       gebildet werden. Auch in der Freizeit sei es sinnvoll, wenn sich Schüler
       dann nur mit den Schülern treffen, mit denen sie schon in der Schule waren.
       
       Zu den Skeptikern mit Blick auf das neue Schuljahr zählt auch der
       Bundeselternrat, die Dachorganisation der Landeselternvertretungen in
       Deutschland. Zwar wünschten sich Eltern sicheren und flächendeckenden
       Präsenzunterricht, sagte der Vorsitzende Wassmuth. Er rechnet
       pandemiebedingt regional dennoch wieder mit Schulschließungen und fordert
       von den Ländern konkrete Planungen auch für ein „Szenario B“ mit einer
       Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht. „Wer das nicht vorbereitet hat,
       handelt höchst fahrlässig und gegen die Schülerinnen und Schüler.“
       
       Oppositionsparteien kritisieren Bundesregierung 
       
       Die dem Verband bekannten Planungen seien nicht abschließend zu Ende
       gedacht. Der Elternvertreter rechnet nicht damit, dass unter den gegebenen
       Bedingungen der Lehrplan zu schaffen ist, und fordert eine „Entrümpelung“.
       Auch Lehrerverbandspräsident Meidinger hält es für sinnvoll, wenn die
       Bundesländer sicherheitshalber Listen mit Stoffgebieten erstellen, „deren
       Vermittlung im nächsten Schuljahr verzichtbar ist“. „Man muss sich ehrlich
       machen. Ideale Unterrichtsbedingungen wird es noch lange nicht geben“,
       sagte er.
       
       Zur Vorbereitung auf weitere mögliche Schulschließungen müssten Meidingers
       Ansicht nach die für die Schuldigitalisierung vorgesehenen
       Milliarden-Fördergelder jetzt „mit Hochdruck in die Schulen gepumpt
       werden“. Bislang tröpfelten diese nur.
       
       Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping, sagte am Dienstag, es gebe ein
       „dramatisches Versagen der Bildungspolitik durch Untätigkeit“ und forderte
       Schul-Laptops für alle Schüler und die Einrichtung von Expertengruppen auf
       Bundes- und Länderebene, die sich um die Erstellung von Material für
       Online-Unterricht kümmern.
       
       Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding rief Schulträger
       und Länder dazu auf, die verbleibende Ferienzeit zu nutzen, um
       sicherzustellen, dass Präsenzunterricht nach den Ferien in größtmöglichem
       Umfang stattfinden könne. „Ein Unterrichtsdesaster wie zu Beginn der
       Corona-Krise darf es kein zweites Mal geben.“
       
       NRWs Kinder zurück in die Kita 
       
       Am Dienstag kündigte Nordrhein-Westfalen die Rückker der [2][Kitas in den
       Regelbetrieb] an. Ab dem 17. August können die Kinder zurück in ihre
       angestammten Gruppen mit den ursprünglich gebuchten Betreuungsstunden. Ab
       sofort gilt zudem eine alltagstauglichere Regelung für
       „Schnupfnasen-Kinder“. Dieser nächste Lockerungsschritt in der
       Corona-Strategie der Landesregierung sei nun verantwortbar, sagte
       NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Dienstag in Düsseldorf. Die
       Neuregelungen gelten auch für die Betreuung bei Tageseltern.
       
       Wenn sich die Infektionslage verschlechtere, könne es aber immer wieder zu
       Einschränkungen kommen, betonte der Minister. Im schlimmsten Fall sei auch
       die Schließung einer kompletten Kita nicht auszuschließen. Landesweite
       Kriterien für eine solche Entscheidung der örtlichen Gesundheitsämter gebe
       es nicht. „Das ist eine sehr individuelle Situation vor Ort.“ Mit
       „Mikro-Management aus Düsseldorf“ sei das nicht zu bewältigen.
       
       28 Jul 2020
       
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