# taz.de -- Die Wahrheit: Die Unterwelt der Unterhosen
       
       > Mitglieder Kilt tragender Klans unterwandern mit brutaler
       > verbrecherischer Energie die anständige deutsche Gesellschaft.
       
 (IMG) Bild: Klanmitglieder haben jede Menge unterm Kilt zu verbergen
       
       Am Berliner Hermannplatz winkt die Polizei Autos an den Straßenrand,
       Verkehrskontrolle. Die aber scheint nach einem Muster zu verlaufen: Häufig
       werden Fahrzeuge der Marke Land Rover mit britischem Nummernschild
       angehalten. Die Fahrer entsprechen nicht selten einem rotblonden Typus,
       sommersprossig, sehr blass oder auffällig rotgesichtig. Meist tragen sie
       Kilts in den Farben ihres jeweiligen Klans. Man kann hier durchaus von
       Racial Profiling sprechen.
       
       Hauptkommissar Rüdiger Pudlich gibt sich noch nicht mal die Mühe, den
       Vorwurf zu widerlegen. „Was sollen wir machen? Die Klankriminalität
       untergräbt das Sicherheitsempfinden des Bürgers in einem nicht mehr
       tragbaren Maß. Der deutsche Michel droht hier in einem Loch Ness des
       Verbrechens zu versinken.“ Der Leiter der Sonderermittlungsgruppe
       „MacMeth“, der den Einsatz verantwortet, kennt sich aus. Auch privat
       engagiert er sich im Sicherheitsausschuss des örtlichen AfD-Kreisverbandes.
       
       Die Verdächtigen werden von den Beamten aufgefordert, den Kofferraum zu
       öffnen. Dudelsäcke werden an Ort und Stelle nach Drogen durchsucht. Die
       meisten Klans kommen direkt aus den schottischen Highlands und sind
       entsprechend versiert im Marihuana-Anbau. Chrystal Meth spielt ebenfalls
       eine große Rolle, und was manche immer noch nicht wissen: Man kann auch
       getrocknetes Heidekraut rauchen. Das hierzulande unter dem Namen „Scottish
       Summer“ bekannte Produkt führt beim User zu fantastischen Streifzügen durch
       die verschiedenen Phasen eines nie für möglich gehaltenen physischen,
       psychischen und psychedelischen Brechdurchfalls.
       
       ## Blutrache durch Baumstammwürfe
       
       Die miteinander konkurrierenden Klans der MacRemmos, MacDuffs, MacDonalds –
       und wie sie alle heißen – ringen vor allem in Berlin und im Ruhrgebiet um
       die Vorherrschaft im Rot-, Grün- und Blaulichtmilieu. „Es kann nur einen
       geben“, lautet der jahrhundertealte Leitsatz. Blutrache und Morde durch
       Baumstammwürfe sind keine Seltenheit. Als härtestes Druckmittel gilt jedoch
       das sogenannte Upskirting, bei dem die Mitglieder eines Klans versuchen,
       Angehörige des verfeindeten Stamms unter den Kilt zu fotografieren, um sie
       damit zu erpressen, respektive ihnen „die Ehre“ zu nehmen und sie so von
       allen anderen Klans zu isolieren. Als Volltreffer gilt hierbei eine
       Aufnahme, die unter dem Kilt eine Unterhose zeigt – ein absolutes No-Go für
       die abergläubischen Kelten, das großes Unglück nach sich zieht.
       
       Doch nach außen hin schottet man sich hervorragend ab. Sobald es gegen den
       Polizeiapparat geht, ruht jeglicher interner Zwist. Tradition und besagte
       „Ehre“ sind alles. Die archaischen Klanstrukturen erweisen sich als
       undurchdringlich. Angesichts dieser Omertà sieht sich die deutsche Polizei
       vor die größte Herausforderung seit der Gott sei Dank perfekt moderierten
       Straßenquerung einer neunköpfigen Entenfamilie am Berliner Mehringdamm im
       Jahre 1964 gestellt.
       
       „Für unsere Rechtsordnung haben die Klans nur Spott und Verachtung übrig“,
       weiß Pudlich. „Im Grunde sind sie nie richtig in der deutschen Gesellschaft
       angekommen. Das zeigt sich auch an ihren Essgewohnheiten: Noch immer ziehen
       sie frittierte Marsriegel und in Hammelmägen eingenähte Gerstengrütze
       ortsüblichen Leckereien wie Eisbein oder Currywurst vor.“
       
       ## Tropfen auf den heißen Dudelsack
       
       Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Zwar werden bei der Durchsuchung von
       Wohn- und Geschäftsräumen gefälschte Webmuster, sogenannte Tartans, aber
       auch Bargeld, verstimmte Dudelsäcke und unverzollter Whisky beschlagnahmt,
       doch in der Bekämpfung der Klankriminalität sind das nur Tropfen auf den
       heißen Stein. So ist auch der neueste Fahndungserfolg gegen jüngere
       Mitglieder verschiedener Klans zu bewerten. Nach dem Raub eines vier
       Zentner schweren Riesengroschens (Messingpreis 3.000 Euro bei einem
       Nennwert von zehn Pfennig) aus dem Berliner Bode-Museum, wurde den Bengels
       ihr Geiz zum Verhängnis.
       
       Zunächst wurden Eoghan MacRemmo, Fionnlagh MacAbou-Chaker und Seaghdh
       MacAl-Zein, die sich den Sprit für den Transporter sparen wollten, dabei
       beobachtet, wie sie ihre Beute mit einer Schubkarre zum S-Bahnhof
       Hackescher Markt schoben, um von dort eine Kurzstrecke zu lösen. Endgültig
       flogen sie auf, als ein misstrauischer Tischler die Bestellung eines
       Sparschweins in der Größe des Trojanischen Pferds an die Behörden meldete.
       
       Nun schmoren die Lausbuben in der Untersuchungshaft. Doch schlägt man der
       MacHydra einen Sturschädel ab, so wachsen ihr an derselben Stelle zwei
       neue. Die verantwortungslose Schlepperbande MacRyanair bringt über die
       Hautrouten Glasgow und Edinburgh jede Woche neue Gefährder aus der
       Krisenregion (Brexit, Corona, schlechtes Wetter) ins Land.
       
       Das wissen natürlich auch die rothaarigen Männer am Hermannplatz. Rotzfrech
       grinsen sie die deutschen Polizisten an. Denn sie wissen: Der Klan ist
       größer als der Einzelne, und das Böse siegt immer.
       
       21 Aug 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uli Hannemann
       
       ## TAGS
       
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