# taz.de -- Was Wirecard uns lehren sollte: Her mit den Steuerfahndern
       
       > Der Skandal um Wirecard ist groß, das Versagen der Aufsicht nicht zu
       > übersehen. Weit größere Folgen aber haben Steuerflucht und
       > -hinterziehung.
       
 (IMG) Bild: Nicht Bilanzfälschung ist das große Problem, sondern Steuerbetrug
       
       Der [1][Bilanzbetrug bei Wirecard] beherrscht die Schlagzeilen, als würde
       es sich um einen nationalen Notfall handeln. Die Aufregung ist so groß,
       dass zwei Fakten untergehen. Erstens: Bilanzbetrug ist selten in
       Deutschland. Wirecard ist eine Ausnahme, nicht die Regel. Zweitens: Die
       eigentlichen Schäden entstehen woanders – etwa bei der Steuerflucht, die
       den deutschen Staat jährlich viele Milliarden Euro kostet. Doch seltsam:
       Niemand fordert vehement, die Zahl der Steuerfahnder deutlich zu erhöhen –
       stattdessen [2][wird nach einer personalstarken „Bilanzpolizei“ verlangt].
       
       Diese [3][Schräglage ist nicht zufällig], sondern spiegelt die Interessen
       der Wohlhabenden wider. Sie wollen ungestört ihre Steuerlast „gestalten“ –
       gleichzeitig aber maximale Sicherheit genießen, wenn sie auf den
       Kapitalmärkten investieren.
       
       Um Missverständnisse zu vermeiden: Firmen müssen kontrolliert werden, damit
       keine Fantasiezahlen in den Bilanzen landen. Aber diese Kontrolle gibt es
       schon – nicht nur durch die Wirtschaftsprüfer und die Finanzaufsicht
       Bafin, sondern auch durch das Strafrecht. Die Wirecard-Manager werden noch
       merken, dass es keine Freude ist, jahrelang ins Gefängnis zu wandern.
       
       Wie gut das deutsche System funktioniert, zeigt sich daran, dass Bilanzen
       nur selten gefälscht werden. Prominente Fälle in den vergangenen 25 Jahren
       waren FlowTex, P & R sowie die Beluga-Reederei in Bremen. Der Gesamtschaden
       lag bei etwa 5 Milliarden Euro. In 25 Jahren. Dafür braucht man keine
       riesige „Bilanzpolizei“.
       
       Stattdessen sollte man [4][aus dem Wirecard-Desaster] lernen, wie sich das
       jetzige System optimieren lässt, ohne viel zu kosten. Vorschläge gibt es
       reichlich: Unter anderem könnte man Whistleblower honorieren und die
       Kompetenzen der Bafin erweitern – sodass sie forensische Sonderprüfungen
       durchführen kann.
       
       Personal ist knapp und teuer. Daher sollte man die Fahnder dort einsetzen,
       wo sie am meisten bringen – also in den Finanzämtern. Nicht Bilanzfälschung
       ist das große Problem, sondern Steuerbetrug.
       
       29 Jul 2020
       
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 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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