# taz.de -- Stopp von Hilfslieferungen nach Syrien: 2,8 Millionen vom Hunger bedroht
       
       > In der Frage der Hilfstransporte nach Syrien blockieren sich die
       > Mitglieder des UN-Sicherheitsrates erneut gegenseitig. Russlands Veto
       > stützt vor allem Assad.
       
 (IMG) Bild: Bald ohne UN-Hilfe? Kinder spielen in Jisr al-Shughur in Syrien vor einer zertrümmerten Schule
       
       Istanbul taz | Nach der Blockade im UN-Sicherheitsrat werden die
       Hilfslieferungen von der Türkei nach Syrien gestoppt. Auch nach einer Woche
       diplomatischen Fingerhakelns im Weltsicherheitsrat in New York, bekam kein
       Vorschlag zur Weiterführung der Hilfstransporte eine Mehrheit.
       
       Ein deutsch-belgischer Vorschlag [1][scheiterte zweimal am Veto von
       Russland und China], ein russischer Gegenvorschlag wurde ebenfalls zweimal
       von der großen Mehrheit der Sicherheitsratsmitglieder abgelehnt. Damit
       endete das Hilfsprogramm für die Menschen in Syrien, die durch den
       Bürgerkrieg zu Flüchtlingen im eigenen Land wurden, nach sechs Jahren in
       der Nacht vom Freitag, 10. Juli, auf den Samstag.
       
       Im Kern geht es bei der Auseinandersetzung darum, dass Russland seinem
       Protegé, dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, wieder mehr Zugriff
       auch auf die Teile des Landes verschaffen will, die er nach wie vor nicht
       kontrolliert. Das Assad-Regime, argumentiert Russland, ist die legitime
       Regierung. Folglich müsse die UN bei Hilfslieferungen mit Damaskus
       zusammenarbeiten.
       
       ## Schließen von Grenzen
       
       Ursprünglich galt das UN-Hilfsprogramm für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge
       in den nicht von [2][Assad kontrollierten Gebieten.] Über vier
       Grenzübergänge, zwei an der türkisch-syrischen Grenze, einer an der
       irakisch-syrischen Grenze und ein weiterer von Jordanien nach Syrien,
       wurden von der UN Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs zu
       den syrischen Binnenflüchtlingen geschafft.
       
       Im vergangenen Jahr wurden durch ein [3][Veto Russlands] bereits die beiden
       Grenzübergänge im Irak und Jordanien aus dem Programm genommen. Jetzt will
       Russland mit Unterstützung Chinas von den beiden Grenzübergängen an der
       türkisch-syrischen Grenze einen weiteren schließen. Nur noch der
       Grenzübergang Bab al-Hawa, im Westen der [4][Rebellenprovinz Idlib], soll
       noch für 12 Monate offen bleiben.
       
       Außer China lehnen alle anderen 13 Mitglieder des Weltsicherheitsrates das
       ab, weil die betroffenen 2,8 Millionen Hilfsbedürftigen über nur einen
       Grenzübergang nicht mehr versorgt werden können. Dadurch würde [5][das
       Überleben vieler Menschen unmittelbar bedroht], erklärte die
       Welthungerhilfe, die bislang an der Umsetzung des Programms beteiligt ist.
       Zuletzt hatten Belgien und Deutschland einen Resolutionsvorschlag
       präsentiert, der den Russen zeitlich entgegenkam und die Hilfslieferungen
       über zwei Übergänge zunächst auf sechs Monate beschränkt hätte. Moskau
       lehnte ab.
       
       ## Weiterer Resolutionsentwurf von Belgien und Deutschland
       
       Dahinter steckt die Strategie, das Baschar al-Assad die Menschen in der
       letzten Aufstandsprovinz in Idlib durch Hunger zum Aufgeben zwingen könnte,
       statt sie mit Flugzeugen und Panzer anzugreifen. Für die kurdischen Gebiete
       im Osten Syriens, die im vergangenen Jahr noch vom Irak aus versorgt
       wurden, scheint diese Strategie bereits aufzugehen. In Verhandlungen mit
       dem Assad-Regime sind die Kurden gezwungen, immer mehr Abstriche von ihren
       Autonomievorstellungen zu machen.
       
       Obwohl das Hilfsprogramm nun erst einmal beendet ist, wollen Deutschland
       und Belgien im Sicherheitsrat weiter verhandeln. Die Länder haben bereits
       gemeinsam einen neuen Resolutionsentwurf vorbereitet. Er sieht vor, dass
       zusätzlich zu dem von Russland akzeptierten Übergang Bab al-Hawa für 12
       Monate, der bisherige Übergang Bab-al-Salam wenigstens noch für 3 Monate
       offen bleiben soll. Danach könne man dann weitersehen. Noch steht nicht
       fest, ob es am Wochenende bis zum 12.Juli zu einer erneuten Abstimmung im
       UN-Sicherheitsrat über diesen Vorschlag kommt.
       
       11 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vetos-im-UN-Sicherheitsrat/!5698556
 (DIR) [2] /Wiederaufbau-in-Syrien/!5689553
 (DIR) [3] /UN-Hilfe-fuer-Syrien/!5655136
 (DIR) [4] /Idlib-Offensive-in-Syrien/!5665433
 (DIR) [5] /Veto-im-UN-Sicherheitsrat/!5694239
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Baschar al-Assad
 (DIR) Syrische Flüchtlinge
 (DIR) Syrischer Bürgerkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Hunger
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Srebrenica
 (DIR) Baschar al-Assad
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Syrien-Hilfe scheitert im Sicherheitsrat: Keine Lieferungen ohne Assad
       
       Russland hat per Veto im UN-Sicherheitsrat weitere Hilfslieferungen nach
       Syrien blockiert. Dabei hängen nicht nur Millionen Menschen davon ab.
       
 (DIR) Hunger in Syrien: Nur noch Brot und Tee
       
       Die Kämpfe in Syrien sind großteils beendet. Doch die Lage der Menschen im
       Land bleibt dramatisch. Das hängt auch mit der Libanonkrise zusammen.
       
 (DIR) UN-Prognose über Hungersnot: Corona verschärft die Hungerkrise
       
       In Regionen mit Nahrungsmittelknappheit leiden noch mehr Menschen. Die
       Vereinten Nationen befürchten, dass mehr Kinder verhungern.
       
 (DIR) UN-Sicherheitsrat und humanitäre Hilfe: Die Syrien-Falle
       
       In keinem anderen Land befindet der Weltsicherheitsrat über Details
       humanitärer Hilfe. In Syrien wollte er damit das Regime in die Schranken
       weisen.
       
 (DIR) Tauziehen um Syrien und Srebrenica: Kein bisschen menschlicher
       
       Beschämend: zum Srebrenica-Jahrestag lässt die Welt die Menschen in Syrien
       im Stich. Hilfe darf nicht vom guten Willen von Regierungen abhängig sein.
       
 (DIR) UN-Lieferungen nach Syrien: Hilfe nur mit Einschränkungen
       
       Das internationale Hilfsprogramm in Syrien läuft weiter. Doch die UN beugt
       sich Russland: Nur ein letzter Grenzübergang bleibt für Lieferungen offen.
       
 (DIR) Geberkonferenz für Hilfe: Ist Syrien schon zu helfen?
       
       Das Land ist zerstört und eine Wirtschaftskrise sorgt für Hunger. Eine
       Geberkonferenz soll Abhilfe schaffen.
       
 (DIR) Wiederaufbau in Syrien: Assad nicht belohnen!
       
       Eine Studie empfiehlt der Bundesregierung, sich am Wiederaufbau Syriens
       unter Diktator Assad zu beteiligen. Es wäre ein fatales Signal.
       
 (DIR) Russland und China blockieren UN-Hilfe: Keine Hilfslieferung für Syrien
       
       Beide Länder haben im UN-Sicherheitsrat ihr Veto gegen eine Resolution für
       weitere Hilfsleistungen eingelegt. Auch ein Gegenentwurf kam nicht durch.