# taz.de -- Zum Tod von Pianist Keith Tippett: Katzenfutter auf den Tasten
       
       > Er war kein Star, aber einer der größten britischen Jazz-Musiker. Jetzt
       > ist der Pianist Keith Tippett, der Stilgrenzen stets ignorierte,
       > gestorben.
       
 (IMG) Bild: Flirtete mit der Popwelt, entging dem Star-Rummel: Pianist Keith Tippett 2015 beim Jazzfest Berlin
       
       Keith Tippett war ein Perfektionist. Ob er nun seinem 50-köpfigen
       Hybridjazz-Ensemble Centipede vorstand, Progrock-Bands an den Tasten
       unterstützte oder offene Formen der „spontanen Komposition“ erkundete: Der
       britische Pianist stand im Ruf, lieber noch ein bisschen mehr zu üben als
       notwendig.
       
       Dass der 1947 in Bristol geborene Tippett, der in seiner Laufbahn
       musikalische Grenzen wenig respektierte und lieber die Möglichkeiten der
       Freiheit von Stil- und Genrebeschränkungen erkundete, der Sohn eines von
       Berufs wegen für Recht und Ordnung sorgenden Polizisten war, ist eine
       kleine Ironie seines Lebens. Musik, genauer Jazz, wurde darin schon früh
       bedeutend. Als Jugendlicher spielte er in Bands traditionellen Jazz, mit 20
       zog er nach London, um sich als Pianist zu verdingen.
       
       Eine wichtige Wendung brachte 1970 die Zusammenarbeit mit den
       [1][Prog-Rockern von King Crimson], auf deren Album „In the Wake of
       Poseidon“ er mitwirkte. Die Single „Cat Food“, in der Tippett wilde
       Cluster-Ausbrüche beisteuert, führte er mit der Band sogar bei der BBC-Show
       „Top of the Pops“ im Fernsehen auf. Im Jahr darauf war Tippett ebenfalls
       auf dem King Crimson-Album „Islands“ zu hören, diesmal mit
       impressionistischeren Klängen.
       
       ## Von Tippetts zu Tippett
       
       Tippett arbeitete häufig mit seiner Frau, der Sängerin Julie Tippetts,
       zusammen. Deren Geburtsname war Driscoll, das s am Ende ihres späteren
       Namens hingegen kurioserweise die richtige Schreibweise ihres Mannes. Der
       hatte seit der Gründung des Keith Tippett Sextet auf den letzten Buchstaben
       bei sich verzichtet. Der scharfe Endlaut war wohl dem Fluss des Bandnamens
       im Weg gewesen.
       
       Vor fünf Jahren [2][hatte Keith Tippett noch das Jazzfest Berlin mit seinem
       Oktett beehrt]. Junge Musiker spielten damals an der Seite des schon
       älteren Bandleaders, der neben seinen zahlreichen Projekten auch an der
       Universität seiner Geburtsstadt Bristol unterrichtet hat.
       
       Trotz seines Flirts mit der Popwelt zu Beginn seiner Karriere ist er dem
       Star-Rummel aus dem Weg gegangen. Der Entdeckergeist war bei ihm
       anscheinend größer als das Bedürfnis, eine berechenbare Erfolgsformel zu
       wiederholen. Geblieben sind Klassiker wie sein Centipede-Album „Septober
       Energy“ von 1971, an dem Jazz-, Rock-, Soul- und klassisch ausgebildete
       Musiker beteiligt waren, dazu Werke in unterschiedlichster Besetzung,
       Solowerke eingeschlossen. Am Sonntag ist Keith Tippett im Alter von 72
       Jahren gestorben.
       
       18 Jun 2020
       
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