# taz.de -- Trainerin im Männerfußball: Schnell mal in die Champions League
       
       > Chan Yuen-ting hat die Männer vom Hongkonger Eastern SC in das
       > internationale Geschäft geführt. Derzeit arbeitet sie wieder im
       > Frauenfußball.
       
 (IMG) Bild: Erste Reihe: Chan Yuen-ting bei einem Spiel der asiatischen Champions League, 2017
       
       Man stelle sich einen Moment vor, die Männer des FC Bayern hätten die
       Meisterschaft nicht unter Hansi Flick geholt, sondern unter [1][Inka
       Grings]. Oder, sagen wir, Imke Wübbenhorst. Arg futuristisch?
       
       Jedenfalls nicht für Chan Yuen-ting. Im zarten Alter von 27 Jahren coachte
       die Hongkongerin 2016 als erste Frau der Welt einen Männerfußballklub, den
       Hongkonger Eastern SC, zur nationalen Meisterschaft und führte ihn in die
       asiatische Champions League. So besonders fand sie all das gar nicht: „In
       Hongkong gibt es keine Diskriminierung zwischen Männern und Frauen“, ist
       zumindest Chans Lesart. „Ich bin jung, eine Frau, und der Verein hat mir
       eine Chance gegeben.“
       
       Eigentlich sollte sie ja Lehrerin werden. „Meine Eltern waren dagegen, dass
       ich in den professionellen Fußball gehe, weil es wenig Aussichten gab“,
       berichtete Chan der South China Morning Post. „Sie dachten, dass selbst
       eine Lehrerin eine bessere Zukunft hätte.“ Als Spielerin hatte sie keine
       Aussicht, vom Frauenfußball leben zu können, und studierte Geografie. Ihre
       wahre Leidenschaft lässt sich vielleicht daran ablesen, dass sie ihre
       Geografie-Abschlussarbeit über Fußball schrieb – den Zusammenhang muss man
       dem Prof erst mal verkaufen.
       
       Chans Karriere ließ sich auch noch nicht erahnen, als sie 2010 beim
       Männererstligisten Pegasus FC als Datenanalystin anfing. Dort stieg sie zur
       Assistenztrainerin auf, trainierte auch die Jugend; später wechselte sie
       zum Eastern SC. Und dann machte sich die Akribie von Chan Yuen-ting
       bezahlt: Als der Cheftrainer hinschmiss, war sie die Einzige aus dem
       TrainerInnenteam, die eine A-Lizenz vorweisen konnte. Und bekam den Posten.
       
       ## Nach einer Niederlage gab es Hohn
       
       „Ich dachte nicht, dass ich ausreichend qualifiziert wäre, um eines der
       Spitzenteams von Hongkong zu trainieren“, erzählt sie später. Doch immerhin
       hatte Chan Yuen-ting da schon drei Titel als Trainerin des U18-Männerteams
       von Pegasus auf dem Lebenslauf, und zwischenzeitlich noch das
       Frauennationalteam von Hongkong trainiert.
       
       Gleich in der ersten Saison holte sie den Meistertitel. Und war Ziel von
       Spott: Die Guangzhou Daily höhnte nach einer heftigen 0:6-Klatsche in der
       Champions League, der Verein sei „tief gefallen, sich von einer Frau mit
       null Champions-League-Erfahrung trainieren zu lassen“. Sie blieb. Zwei Mal
       hat sie den Eastern SC bislang gecoacht, zuletzt verließ sie ihn 2019 nach
       einer Niederlagenserie.
       
       Gerade in kleinen Ländern ist Chan Yuen-ting keine Einzelerscheinung
       geblieben. In Sierra Leone sorgte im Dezember Victoria Conteh für
       Schlagzeilen: Die Ex-Nationalspielerin und ehemalige U20-Trainerin der
       Frauen wurde Cheftcoach in der ersten Männerliga. Und die Äthiopierin
       [2][Meseret Manni] führte schon 2015 ihren Männerklub als Trainerin in die
       erste Liga.
       
       Das bedeutet zugleich: Ambitionierte Trainerinnen gehen dem Frauenfußball
       verloren. Meseret Manni ging in den Männerbereich, weil es bei den Frauen
       weder Geld noch Chancen gibt. Chan Yuen-ting dagegen, die stets betonte,
       sie würde genauso gern einen Job im Frauenfußball annehmen, trainiert
       derzeit die chinesischen U16-Mädchen. Die Eltern können stolz sein, die
       Tochter ist Fußballlehrerin.
       
       23 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Pionierin-im-Maennerfussball/!5404889&/
 (DIR) [2] https://www.bbc.co.uk/programmes/p07ywl3q
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Schwermer
       
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