# taz.de -- Commerzbank-Chef schmeißt hin: Zielkes Ära ohne Glanz
       
       > Die Chefs der einst mächtigen Commerzbank kündigen ihren Rücktritt an:
       > Vorstand und Aufsichtsrat geben dem Druck der Aktionäre nach.
       
 (IMG) Bild: Der zurückgetretene Commerzbank-Chef Martin Zielke hat in seiner Amtszeit wenig erreicht
       
       Berlin taz | Die Commerzbank verliert ihre Chefs. Am Freitagabend haben der
       [1][Vorstandsvorsitzende Martin Zielke und Aufsichtsratschef Stefan
       Schmittmann ihren Rückzug angekündigt]. Denn die Bank steckt in der Krise:
       Die Gewinne sind mager, der Konzernumbau kommt nicht voran, der Börsenkurs
       dümpelt, und die großen Aktionäre werden unruhig.
       
       „Ich möchte damit den Weg für einen Neuanfang freimachen“, erklärte Zielke.
       „Die Bank braucht eine tiefgreifende Transformation und dafür einen neuen
       CEO, der vom Kapitalmarkt auch die notwendige Zeit für die Umsetzung einer
       Strategie bekommt.“
       
       Vor allem der Hedgefonds Cerberus war unruhig geworden, der über fünf
       Prozent der Commerzbank-Aktien hält. Im Juni hatte der Fonds einen
       fünfseitigen Brandbrief an Vorstand und Aufsichtsrat geschickt und beklagt,
       dass die Commerzbank ihre Kosten viel zu langsam reduziert. Gleichzeitig
       forderte der Fonds zwei Sitze im Aufsichtsrat.
       
       Nicht nur die Aktionäre sind enttäuscht. Auch die Europäische Zentralbank
       hatte bereits im Februar kritisiert, dass die Gewinne der Commerzbank zu
       gering seien und die Umstrukturierung nicht vorankommt.
       
       ## Rücktritte waren „längst überfällig“
       
       Die Commerzbank hat für 2019 einen Gewinn von 644 Millionen Euro
       ausgewiesen, was nicht ausreicht, um die Kosten einer Umstrukturierung zu
       stemmen. Das Misstrauen der Aktionäre ist groß, wie der Börsenkurs zeigt:
       Am Freitag war die Aktie nur noch 4,13 Euro wert – vor der Finanzkrise ab
       2007 hatte der Kurs zeitweilig bei knapp 200 Euro gelegen.
       
       Der unabhängige Bankenanalyst Dieter Hein begrüßt die beiden Rücktritte:
       „Zielke und Schmittmann sind Teil des Old-Boys-Club bei der Commerzbank.“
       Es sei „längst überfällig, dieses alte Netzwerk zu zerschlagen“. Zielke
       amtiert seit 2016, Schmittmann seit 2018, aber beide haben auch vorher
       leitende Positionen in der Commerzbank bekleidet.
       
       ## Keine Visionen
       
       Hein kritisiert vor allem, dass Zielke und Schmittmann keinerlei Visionen
       hatten: „Die angebliche Restrukturierung war nur inszeniertes Theater.“
       Zielke hatte im Herbst 2019 eine „Wachstumsstrategie 5.0“ angekündigt.
       Wichtigster Punkt war dabei, dass bis Ende 2023 etwa 4.300 Stellen und 200
       Filialen geschlossen werden sollten.
       
       Das klang zwar beachtlich, doch tatsächlich wären netto nur 2.300 Jobs
       gestrichen worden, weil anderswo Neueinstellungen geplant waren. „Das war
       keine Strategie“, moniert Hein, „man hätte nur die natürliche Fluktuation
       bei den Angestellten ausgenutzt.“
       
       Derzeit hat die Commerzbank rund 1.000 Filialen und zählt etwa 40.000
       Vollzeitstellen. [2][Bankanalysten sind sich einig, dass die Commerzbank
       etwa die Hälfte ihrer Filialen schließen muss, um die nächsten Jahre zu
       überleben.]
       
       ## Geschäftsmodell ist eigentlich solide
       
       Auch Zielke wollte zuletzt deutlich mehr Stellen streichen: 7.000 Jobs
       sollten zusätzlich entfallen. Am 1. Juli war dazu eine außerordentliche
       Aufsichtsratssitzung geplant – die aber ausfiel und verschoben werden
       musste, weil die Gewerkschaftsvertreter sich nicht ausreichend informiert
       fühlten.
       
       Das Geschäftsmodell der Commerzbank ist eigentlich solide: Sie betreut
       bundesweit mehr als elf Millionen Privat- und Firmenkunden und wickelt etwa
       30 Prozent des deutschen Außenhandels ab.
       
       ## Strategische Fehlentscheidung
       
       Die Bank leidet jedoch bis heute an einer strategischen Fehlentscheidung:
       Mitten in der Finanzkrise übernahm sie 2008 die Dresdner Bank, die sich
       reichlich mit Schrottpapieren aus den USA eingedeckt hatte. Von diesen
       Verlusten hat sich die Commerzbank nie wieder erholt. Die Bundesregierung
       musste damals die Bank retten, und seither ist der Bund mit 15,6 Prozent
       der größte Einzelaktionär.
       
       Auch der Bund war unzufrieden mit dem Duo Zielke und Schmittmann. Im
       vergangenen Jahr wurde sogar eine Unternehmensberatung damit beauftragt,
       die Strategie der Commerzbank zu überprüfen. Jetzt hieß es aus dem
       Bundesfinanzministerium, man nehme die Rücktritte von Zielke und
       Schmittmann „mit Bedauern zur Kenntnis“.
       
       Über die Rücktritte wird der Aufsichtsrat am 8. Juli beraten. Schmittmann
       wird seinen Posten definitiv zum 3. August abgeben, während Zielke
       weitermacht, bis die Nachfolge geklärt ist. Auch der Bankenverband muss
       sich auf die Suche nach neuem Personal begeben: Erst vor wenigen Wochen
       wurde Zielke dort zum Präsidenten gewählt.
       
       5 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.commerzbank.com/de/hauptnavigation/presse/pressemitteilungen/archiv1/2020/quartal_20_03/presse_archiv_detail_20_03_89354.html
 (DIR) [2] /Stellenabbau-bei-der-Commerzbank/!5630005/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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