# taz.de -- Eisschnelllauf als Ein-Mann-Unternehmen: Große Show
       
       > Matthias Große ist nur kommissarischer Präsident der Eisschnellläufer.
       > Aber der Partner von Claudia Pechstein entlässt gleich den Bundestrainer.
       
 (IMG) Bild: Matthias Große will künftig den Verband alleine nach außen vertreten
       
       Matthias Große hat in sein Wohnzimmer eingeladen. „Heute sitzen wir am
       höchsten, besten Punkt, den Köpenick überhaupt hat“, sagt der neue
       kommissarische Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG).
       Der Berliner Immobilienunternehmer hat die Medienvertreter in sein
       Ausflugslokal am Müggelturm gebeten, um zu erklären, wie er den finanziell
       in Schieflage geratenen Verband [1][wieder zu Erfolgen führen will].
       Faltblätter zu seinem Prestigeobjekt liegen auf den Presseplätzen aus. An
       Großes Tisch ist die weiße Tischdecke mit dem schwarz-rot-goldenen Emblem
       der DESG beklebt worden.
       
       „Heute ist ein großer Tag für die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft“,
       wird Große später sagen. In dem Eiskübel vor ihm sind jedoch keine
       Champagnerflaschen sondern lediglich zwei Flaschen Wasser gelagert.
       Nüchtern betrachtet ist Große ja noch auf Bewerbungstour. Am 19. September
       muss er sich auf der Mitgliederversammlung der DESG zur Wahl stellen. Mitte
       Juni wurde der 52-jährige Lebensgefährte der Eisschnelllauflegende Claudia
       Pechstein vom zweiköpfigen Rumpfvorstand der DESG lediglich kommissarisch
       zum Präsidenten ernannt. Druck vom Innenministerium, das die Fördergelder
       zahlt, habe es wegen der vakanten Stelle gegeben, hieß es.
       
       Bis zum 19. September, verkündet Große, gelte es „auch Fakten zu schaffen“,
       was die finanzielle Lage angeht. Seinen Trumpf spielt er gleich zu Beginn
       aus. Sollte er gewählt werden, stünde der DESG ab September ein starker
       Partner zur Seite: ein mittelständisches Unternehmen aus dem bayerischen
       Bad Aibling mit knapp einer halben Milliarde Jahresumsatz. Kurz darauf
       fahren drei Mitarbeiter von Große drei große Werbeplakate des
       Dienstleisters in der Wohnungswirtschaft hinter dem neuen Präsidenten aus.
       
       Große erklärt feierlich: „Bis zu den Olympischen Spielen 2022 wird die DESG
       keinerlei finanzielle Sorgen haben, das kann ich Ihnen versprechen.“
       Vorausgesetzt natürlich, er wird gewählt. Wie hoch die Sponsorenzuwendungen
       ausfallen sollen, verriet er an diesem Tag allerdings nicht. Ganz ohne
       Bedingungen hat er der Geschäftsstelle aus eigener Tasche eine neue
       Computeranlage spendiert, wie er mitteilte. Und seine Unternehmensgruppe
       würde den Olympiastützpunkten vier Busse zur Verfügung stellen. Schnell
       wird deutlich: Große will sich unverzichtbar machen.
       
       ## „Wir brauchen Ruhe“
       
       Die DESG wird zur Ein-Mann-Show. Außer ihm, versicherte Große, werde sich
       bis zum September niemand anderes zu den Belangen des Verbandes öffentlich
       äußern. „Wir brauchen Ruhe.“ Intern beschwört Große gebetsmühlenhaft das
       Miteinander statt Gegeneinanderreden – auf Augenhöhe.
       
       Dass der an der Militärakademie Minsk ausgebildete Große, der in der
       Vergangenheit im Einsatz für die unter Dopingverdacht stehende Claudia
       Pechstein Pressevertreter und Bundestagsmitarbeiter massiv eingeschüchtert
       hat, nun zum [2][Freund von Gesprächskreisen wird, ist eher
       unwahrscheinlich]. Im Umgang mit Kritiker:innen verfolgt er nach wie vor
       eine klare Linie.
       
       Bundestrainer Erik Bouwman, der seine Kandidatur „als größten Witz“ im
       Spitzensport bezeichnet hatte, habe er die Kündigung zukommen lassen,
       erklärte Große. Und Sportdirektor Matthias Kulik, der sich moderater, aber
       auch kritisch zu Große geäußert hatte, wird wohl ebenfalls verabschiedet.
       Es sei bis heute nicht möglich gewesen, mit ihm zu reden. „Machen Sie sich
       selbst ein Bild, wie das ausgeht.“
       
       Auch die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dagmar Freitag
       (SPD), die jüngst noch einmal die Bedrohungen von Große gegen Mitarbeiter
       des Bundestages bestätigte und deshalb eine Einladung des DESG-Präsidenten
       in das Gremium des Bundestages in Zweifel zog, nahm er ins Visier. Er werde
       eine solche Einladung bekommen, versicherte er. „Und dann werde ich sie
       fragen: Warum haben Sie sich nicht wie der DOSB bei Frau Pechstein
       entschuldigt?“ Der neue kommissarische Präsident der DESG Matthias Große
       hat offenbar noch einige persönliche Rechnungen zu begleichen.
       
       2 Jul 2020
       
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