# taz.de -- tazđŸthema: Mister Bien
> Der 20. Mai ist Weltbienentag: Immen sind von Menschen bedroht. Imker
> wiederum sichern das Leben von Honigbienen. Ăber eine Lebensform als
> Staat und ihre interessanten Gender-Facetten
(IMG) Bild: Indem Bienen Nektar und Pollen sammeln, sorgen sie auch fĂŒr uns
Von Carola Rönneburg
Eigentlich ist der heutige Weltbienentag der Weltimkertag. Erfunden hat ihn
der slowenische Imkerverband und mithilfe seines Landwirtschaftsministers
erreicht, dass die Vereinten Nationen ihn auf den Geburtstag des
slowenischen Imkerpioniers Anton Janscha (1734â1773) legten. Seitdem aber
das Bienensterben groĂe BĂŒrgerbewegungen in Gang gesetzt hat, können auch
andere Lebewesen von der Aufmerksamkeit fĂŒr die Honigbiene profitieren: Der
Weltbienentag ist eine gute Sache.
Anders als einige ihrer wilden Verwandten ist die Westliche Honigbiene
nicht wĂ€hlerisch bei der Nahrungsaufnahme. Sie interessiert sich fĂŒr Nektar
und Pollen von vielen Pflanzen und sorgt so auch fĂŒr uns: Bienen bestĂ€uben
unter anderem die BlĂŒten von Apfel-, Kirsch- und PfirsichbĂ€umen, von
Spargel, Karotten und Weintrauben. Selbst vor Broccoli machen sie nicht
halt. Der âInsekten-Atlasâ der Heinrich Böll Stiftung rechnet vor, dass 76
Prozent der Lebensmittelerzeugung in der EU von Bienen abhÀngt.
Auch deshalb kommt Sorge auf, wenn vom Bienensterben die Rede ist. Die
Biene in der Krise? Ja, sagte etwa die bayerische Initiative âVolksbegehren
fĂŒr Artenschutz und Naturvielfaltâ, die mit dem Slogan âRettet die Bienenâ
antrat. Nein, sagen selbstverstÀndlich die Hersteller von Pestiziden. Aber
auch Forscher sehen die Biene nicht grundsÀtzlich in Gefahr, jedenfalls
nicht die Honigbiene. Solange es Imker gebe, sei ihre Existenz gesichert.
TatsÀchlich stehen vor allem Wildbienen auf der Liste der gefÀhrdeten
Arten.
Trotzdem hat es auch die Honigbiene nicht leicht. In den USA zum Beispiel
betreiben Imker Massentierhaltung: Um ihre weitlÀufigen Mandelmonokulturen
zu bestĂ€uben, mieten kalifornische Farmer zur BlĂŒtezeit Milliarden von
Bienen. 1,5 Millionen Völker in ihren Stöcken karren Imker dann in
Lastwagen heran. Nach 14 Tagen geht es zurĂŒck, erneut verladen werden die
Bienen, wenn andere Farmer in anderen Staaten sie zur ObstbaumblĂŒte
benötigen. Diese sogenannte Wanderimkerei gibt es auch hierzulande.
Allerdings lassen Imker ihre Völker nicht mehrmals umziehen, sondern
stellen sie an ausgesuchte Orte, um möglichst sortenreinen Honig zu
erhalten.
Es gab und gibt Ăberlegungen, wonach ein Bienenvolk nicht als Ansammlung
von einzelnen Lebewesen gesehen werden sollte, sondern als ein einziges
Lebewesen. Die Grundlagen hierfĂŒr sind, grob gesagt: Mit der Königin und
den Drohnen verfĂŒgt der Superorganismus ĂŒber weibliche und mĂ€nnliche
Geschlechtsorgane und kann sich quasi selbst herstellen. Er hÀlt sich am
Leben, indem er ĂŒber die Arbeitsteilung der einzelnen Bienen Organe bildet.
Danach gÀbe es gar keine Bienen, sondern, wie der Imker Johannes Mehring
schon im 19. Jahrhundert erklĂ€rte, nur âden Bienâ.
Der Bien mit seiner Königin, seinen Drohnen und Arbeiterinnen, erhÀlt sich
selbst ĂŒber eine Arbeitsteilung, die bis ins Kleinste festgelegt ist. Die
Königin, die auf ihrem Paarungsflug so viel Sperma aufgenommen hat, dass
sie auf Jahre befruchtete Eier legen kann, sorgt fĂŒr den Nachwuchs. Die
Drohnen hÀlt der Bien in Reserve, fegt sie aber auch hinaus, wenn sie
ĂŒberflĂŒssig sind. Und den Arbeiterinnen vermitteln Pheromone der Königin,
dass sie keinen Grund haben, sich fortzupflanzen. Eine funktionierende
Königin ĂŒbermittelt der Gesamtheit auĂerdem ĂŒber jene Botenstoffe, dass
alles lÀuft und kein Grund zur Panik besteht.
ZurĂŒck zu den Problemen des Biens: Ăber die Zeit hat er bewundernswerte
Taktiken entwickelt, sich gegen Feinde zu wehren, zum Beispiel bei
Wespenangriffen. Die RĂ€uberinnen schicken meistens nur wenige Tiere in den
Bienenstock vor â die WĂ€chterinnen verströmen daraufhin sofort Pheromene,
die den Stock in den Alarmzustand versetzen. Bienen besitzen keine Waffen
gegen die mordsmĂ€Ăig gut ausgestatteten Eindringlinge, aber eine Methode:
Sie backen sie. Zu mehreren klemmen sie sich an die Wespe, bis deren
Körpertemperatur zum Hitzetod fĂŒhrt.
Keine Chance dagegen hat das Kollektiv gegen gefÀhrliche Pestizide. Das
Herbizid Glyphosat stört die Darmflora von Honigbienen, schwÀcht so ihr
Immunsystem der Tiere und macht sie anfĂ€lliger fĂŒr Krankheitserreger. Es
fĂŒhrt auĂerdem zu Orientierungsstörungen. Wirkstoffe wie Neonicotinoide
wiederum schĂ€digen ihr GedĂ€chtnis und fĂŒhren zu Verhaltensstörungen.
Mittlerweile dĂŒrfen in der EU vier von fĂŒnf Neonicotinoiden nicht mehr im
Freiland angewendet werden. Ăbrig geblieben ist Acetamiprid, das in
Frankreich schon 2018 verboten wurde. In Deutschland ist der Stoff, der
unter anderem gegen einen RapsschÀdling eingesetzt wird, jedoch weiterhin
zugelassen. Es befindet sich auch in Produkten fĂŒr KleingĂ€rtner. âNicht
bienengefĂ€hrlichâ, heiĂt es da zum Beispiel auf einer Schachtel
âCombi-Rosen Spritzmittelâ der Marke Celaflor. In der Produktbeschreibung
steht aber auch: âDas Mittel ist giftig fĂŒr Fische und FischnĂ€hrtiere.â
Corinna Hölzel vom BUND nennt das Freilandverbot fĂŒr Neonicotinoide âeinen
wichtigen Schrittâ, es gebe aber weiterhin bienengefĂ€hrliche Stoffe. âDas
Zulassungsverfahren sollte reformiert werdenâ, sagt sie. Langzeitwirkungen
mĂŒssten genauer untersucht werden, auĂerdem sei es nötig, die
Kombinationseffekte von Insektiziden und Fungiziden zu untersuchen. Auch
die Auswirkungen auf Amphibien sollten untersucht werden â wasserlösliche
Pestizide gefĂ€hrden auch Arten in GewĂ€ssern und im Boden. Vor allem dĂŒrften
die Hersteller nicht lĂ€nger mit eigenen Studien arbeiten: âSie sollten in
einen Fonds einzahlen, aus dem dann unabhĂ€ngige Studien finanziert werden.â
Es wird daher auch Zeit fĂŒr einen Weltregenwurmtag. Den könnten die Angler
ĂŒbernehmen.
Weitere Infos ĂŒber den 20. Mai auf weltbienentag.de
20 May 2020
## AUTOREN
(DIR) Carola Rönneburg
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