# taz.de -- Hertha und Union: Geisterfußball im TV: Sound of Silence
       
       > Unser Autor hat sich die Geisterspiele mit Berliner Beteiligung angetan.
       > Kein so dolles Erlebnis. Vor allem das Beschallungspublikum fehlt dann
       > doch.
       
 (IMG) Bild: Union Berlin gegen Bayern München: Grischa Prömel liegt verletzt am Boden
       
       Berlin taz | Irgendwie war ich doch gespannt, vor allem wegen der Musik.
       Mal hören, ob das Obskure der Fußballmusik in einem leeren Stadion
       eigentlich so richtig zur Geltung kommt. Wenn Vereinshymen und
       Torjubelmusik eingespielt werden, obwohl gar kein Beschallungspublikum da
       ist, das gefühls- oder biertrunken mitgrölt. Für mich gehört die
       Stadionmusik ja zum Sound of Fußball, dem ich sogar eine Ausstellung
       gewidmet habe, die eigentlich am Montag im Rathaus Köpenick mit einer
       bunten Veranstaltung für alle Freunde der Fußballbegleitmusik starten
       sollte.
       
       Ob die aus dem Rathaus schlauer raus- als reingekommen wären, weiß ich
       nicht. Klar ist nach diesem Wochenende jedoch, dass man als Fußballfan gar
       nicht ins Stadion rein musste, um schlauer wieder rauszukommen. Es reichte
       der Platz vor der Glotze. Der Pay-Sender Sky hatte die Konferenzübertragung
       der Erstligaspiele am Samstag freigeschaltet.
       
       Zurück von einem Ausflug ins Grüne saß ich als einer von sechs Millionen
       pünktlich halb vier vorm Fernseher, wo ich nach zehn Minuten wegdämmerte.
       Gelegentlich, wenn eine Reporterstimme zu einem „Tor in …“ anhob, habe ich
       aus einem Auge gelinst und gelauscht, ob eines dieser bescheuerten
       Torjubellieder erklingt. In Hoffenheim erklang keins, da Hertha
       überraschend alle drei Tore schoss.
       
       Außerdem in Erinnerung, dass Ibisevic mit seinem kontaktfreudigen Jubeln
       den Ruf der Hertha als Ligaverein mit der größten Corona-Coolness mehrte.
       „Dit is Berlin“ als neuer Hertha-Slogan, da hätte aktuell auch der östliche
       Stadtrivale wenig Gleichwertiges entgegenzusetzen.
       
       ## Das in der Luft liegende Nichts
       
       Die Lust darauf schien am Sonntag in Köpenick allerdings auch nahe null.
       Die Bayern kamen, doch rund um die Wuhlheide schien das kaum jemanden in
       Aufregung zu versetzen. Auf dem Weg zur privaten Fernsehguckrunde radelte
       ich an der Stadionkneipe Abseitsfalle vorbei, wo an normalen Spieltagen der
       Bär steppt. Diesmal standen vor ihr vier Pferde mit uniformierten Reitern
       gelangweilt auf der Stelle. Auch die Kollegen in den Mannschaftswagen
       schienen relaxt.
       
       Wenn neben den vielen Uniformen etwas auffiel, dann das in der Luft
       liegende Nichts: keine Geräuschkulisse, die aus dem Stadion drang. Auch
       nicht in die unweit entfernte Wohnung, wo wir via Bildschirm ins leere
       Stadion blickten. Kurz vor Anpfiff tatsächlich Musik. Nina Hagens „Eisern
       Union“ schallt so laut, dass sich der Reporter im Fernsehen jemanden an der
       Pausetaste wünschte, um endlich die eigene Lyrics zu versenden. Nina Hagens
       „Eisern Union“ schallt so laut, dass sich der TV-Reporter jemanden an der
       Pausetaste wünschte, um endlich die eigene Lyrics zu versenden. So, jetzt
       also „Sound of Silence“!
       
       Der bestand sodann aus Rufen, Klatschgeräuschen von Bällen, Schienbeinen,
       Trainerhänden und Schiri-Pfiffen. Zwei galten regulären Bayern-Toren,
       wodurch Union in der Tabelle auf Rang 12 hinter Hertha fiel. Musik, gar
       Sound of Fußball, war nicht weiter zu hören.
       
       18 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gunnar Leue
       
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