# taz.de -- Proteste gegen Russlands Coronapolitik: Putin allein zu Haus
       
       > In Russland formiert sich Online Widerstand gegen die Einschränkungen der
       > Grundrechte. Putins Umfragewerte sind indes so niedrig wie lange nicht
       > mehr.
       
 (IMG) Bild: Warum hat er eigentlich kein Hintergrundbild von sich selbst auf dem Rechner?
       
       Traurig, aber wahr: So mancher Regierung kommt das Corona-Virus durchaus
       gelegen. Strenge Ausgangsbeschränkungen, Sperrstunden [1][und
       Demonstrationsverbote]: Welche Maßnahmen wären besser geeignet, um
       unbequeme KritikerInnen – zumindest temporär – kalt zu stellen. Sollte auch
       Wladimir Putin auf dieses Szenario gesetzt haben, so ist seit dieser Woche
       jedoch klar: Russlands Präsident, der auch in „normalen Zeiten“ jegliche
       Unmutsbekundung im Keim ersticken lässt, [2][hat sich verzockt].
       
       Denn im Land, genauer gesagt in russischen Wohnzimmern, formiert sich
       Widerstand, der sich via Internet Gehör zu verschaffen versucht. Dabei
       zeigen die Bandbreite der Forderungen sowie der Umstand, dass diese erste
       konzertierte Online-Aktion nicht auf Moskau und St. Petersburg beschränkt
       ist, ganz deutlich: Auslöser der Proteste sind nicht nur die massiven
       Einschränkungen von Grundrechten, für die jetzt der Kampf gegen die
       Pandemie als Rechtfertigung herhalten muss. Mindestens genauso schwer wiegt
       die Furcht vieler Menschen vor wachsenden sozialen [3][Verwerfungen wegen
       der Corona-Krise]. Die Ängste sind berechtigt. Die Infektionszahlen steigen
       exorbitant und der Höhepunkt dürfte noch bevorstehen.
       
       Doch das ist noch nicht alles. Auch die geplanten [4][Verfassungsänderungen
       zwecks Weiterbeschäftigung] von Wladimir Putin, die die Bevölkerung bei
       einer Pseudo-Abtsimmung noch abnicken darf, stoßen auf Ablehnung.
       
       SkeptikerInnen mögen entgegen, es seien ja wieder nur die üblichen
       Verdächtigen wie oppositionelle PolitikerInnen, unbequeme KünstlerInnen und
       WissenschaftlerInnen, die diese Aktion initiiert haben. Doch dieser Einwand
       verkennt ein entscheidendes Moment: Der überwiegenden Mehrheit der
       RussInnen mag es egal sein, wenn Oppositionelle bei Demonstrationen gegen
       gefälschte Wahlen zusammengeschlagen werden und auf Jahre in Gefängnissen
       verschwinden.
       
       Aber jetzt geht es um die nackte Existenz – von Millionen. Und da hört der
       Spaß bekanntlich auf. Man denke nur an die Rentenreform vor zwei Jahren,
       die die Regierung nach Protesten in Teilen zurücknehmen musste. Vielleicht
       sollte sich auch Putin daran erinnern. Seine Zustimmunsgswerte sind so
       niedrig wie seit langem nicht mehr. Und sie fallen weiter.
       
       30 Apr 2020
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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