# taz.de -- Roman „Sweetest Fruits“: An der Seite eines Sonderlings
       
       > Der Reiseschriftsteller Lafcadio Hearn prägte das westliche Bild Japans.
       > In ihrem neuen Roman verarbeitet US-Autorin Monique Truong seine
       > Biografie.
       
 (IMG) Bild: Gibt den Frauen im Leben von Lafcadio Hearn eine eigene Stimme: Autorin Monique Truong
       
       Obwohl hierzulande kaum bekannt, prägte Lafcadio Hearn mit seinen ab 1890
       verfassten Erzählungen und Berichten aus dem Land der aufgehenden Sonne
       nachhaltig das westliche Bild Japans. Für den 1850 auf der ionischen Insel
       Lefkas geborenen griechisch-irischen Schriftsteller wurde der Aufenthalt in
       Japan zum finalen Bestimmungsort nach einem wechselhaften, von
       Schicksalsschlägen gezeichneten Leben. Unter dem Namen Koizumi Yakumo starb
       Hearn 1904 in Tokio.
       
       Vor dem Hintergrund seiner Biografie entwickelt „Sweetest Fruits“, der
       jüngste Roman von [1][Monique Truong], anhand historischer Quellen die
       literarische Erzählung über drei außergewöhnliche Frauen. Rosa Antonia
       Cassimati, Alethea Foley und Koizumi Setsu begleiteten Hearn in
       unterschiedlichen Lebensabschnitten auf verschiedenen Kontinenten.
       
       Seine griechische Mutter Rosa musste nach der Annullierung der Ehe das Kind
       bei den irischen Verwandten ihres Gatten zurücklassen. Als junger
       Auswanderer heiratet Hearn die ehemalige Sklavin Alethea in Cincinnati,
       Ohio. Ihre Verbindung wurde gesellschaftlich nicht geduldet und war nur von
       kurzer Dauer.
       
       Nach Stationen in New Orleans, New York und den französischen Antillen
       reiste Hearn 1890 im Auftrag der Zeitschrift Harper’s New Monthly nach
       Japan. Dort arbeitete er schon bald als Lehrer für englische Literatur und
       gründete eine Familie mit Koizumi Setsu, der Tochter eines ehemaligen
       Samurai.
       
       ## Als Journalist nach Japan
       
       Bereits in ihrem Roman „Das Buch vom Salz“ (2004) über den vietnamesischen
       Koch Binh im Hause Gertrude Steins in Paris bearbeitete die 1968 in Saigon
       geborene US-amerikanische Autorin eine historische Episode literarisch aus
       der Perspektive einer Randfigur.
       
       Durch die Herausgeberschaft einer Sammlung von Hearns Reportagen „Vom
       Lasterleben am Kai“ (2017) mit seinem Werk bestens vertraut, gelingt
       Truong mit „Sweetest Fruits“ nun eine hintergründige Auseinandersetzung
       sowohl mit dem wandlungsfähigen Autor als auch mit den außergewöhnlichen
       Frauen an seiner Seite.
       
       Die Ehe mit dem halbseitig erblindeten Außenseiter bedeutete für Alethea
       Foley genauso wie für Koizumi Setsu einen Bruch mit gesellschaftlichen
       Konventionen. Obwohl den beiden Frauen der Alltag mit dem Schriftsteller
       Freiheiten eröffnete, gestaltete sich der Umgang mit ihm nicht wirklich auf
       Augenhöhe.
       
       ## Die Partnerinnen blieben namenlos
       
       Hearn, der in seinen Reportagen oftmals von den Rändern der Gesellschaft
       berichtete und fasziniert war von den mündlichen Überlieferungen fremder
       Kulturen, ließ das kulturelle Wissen der Ehefrauen dankbar in seine
       lebendig verfassten Veröffentlichungen einfließen. Doch als Partnerinnen
       blieben sie darin namenlos. Im Roman begegnet der junge Hearn besonders der
       Afroamerikanerin Alethea mit einer diffusen Mischung aus Überlegenheit und
       exotischen Projektionen.
       
       In drei abgeschlossenen Erzählungen gibt Truong den Frauen im Leben Hearns
       eine eigene Stimme. Sie zeigt sowohl deren zaghaftes Streben nach
       Selbstbestimmung wie auch die Zerrissenheit des virtuosen Schriftstellers
       auf. Durch Auszüge aus Elizabeth Bislands 1906 veröffentlichten
       Erinnerungen „The Life and Letters of Lafcadio Hearn“ kontrastiert und
       ergänzt der Roman diese andere Perspektiven wirkungsvoll mit der
       überlieferten, offiziellen Version.
       
       Die Journalistin und Weltreisende hatte den eigentümlichen Schriftsteller
       1880 in New Orleans kennengelernt. Über alle Distanzen hinweg unterhielt
       sie zu Hearn bis zu seinem Tod eine freundschaftliche Korrespondenz.
       
       4 May 2020
       
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