# taz.de -- Rassismus in und wegen der Coronakrise: Beschimpft und benachteiligt
       
       > Rassismus gegen Menschen asiatischer Herkunft nimmt in Ostdeutschland zu
       > – wohl wegen Corona. Betroffene berichten von schockierenden Vorfällen.
       
 (IMG) Bild: Frühling am Dresdner Elbufer
       
       Dresden taz | In einem vietnamesischen Imbisslokal in Dresden winkt die
       Betreiberin ab und lacht auf, wenn sie nach Veränderungen im Verhalten
       ihrer Gäste gefragt wird. Seit 1992 lebe sie hier. Sie erzählt von Gästen,
       die schon vor der [1][Corona]-bedingten Schließung des Lokals immer
       seltener kamen – weil sie glaubten, sich dort mit dem Virus anzustecken.
       Die Frau schüttelt den Kopf.
       
       Unter dem Stichwort „Corona-Rassismus“ schildern im Internet Asiaten oder
       als solche gelesene Menschen [2][ihre Rassismuserfahrungen seit Ausbruch
       der Epidemie]. Die Sächsische Zeitung berichtet beispielsweise von einer
       28-jährigen Tochter vietnamesischer Eltern aus Bautzen, die seit dem
       Studium mit Mann und Kind in Dresden lebt. Sie werde auf einem Zettel als
       „Sozialgesindel“ beschimpft und draußen angepöbelt, so dass sie sich kaum
       noch aus dem Haus traue, heißt es in dem Text.
       
       Susi Möbbeck, Integrationsbeauftragte der Landesregierung von
       Sachsen-Anhalt, konstatiert, dass in ihrem Bundesland derzeit Asiatinnen
       und Asiaten wegen Corona von Rassismus betroffen seien. „Wenn reißerisch
       vor der Infektionsgefahr durch chinesische Gaststudenten gewarnt wird,
       werden Ängste bedient und Vorurteile geschürt“, sagt sie. Dabei werde unter
       anderem die größte Gruppe ausländischer Studierender im Land pauschal
       abgewertet.
       
       ## Angst schlägt um in Hass
       
       Mamad Mohamad, Geschäftsführer des Landesnetzwerks der
       Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt, sorgt sich, dass sich die Angst
       vor Jobverlust oder wirtschaftlichem Abstieg in dieser Phase wieder gegen
       vermeintliche ausländische Konkurrenz kehren könnte. Man tue alles, um eine
       solche „Welle der Empörung“ zu vermeiden.
       
       Dass eine solche Welle aber bereits im Rollen ist, dafür spricht einiges.
       Das MDR-Magazin „exakt“ berichtete etwa, dass bereits im Februar allen
       chinesischen Studienbewerbern an der Berliner Musikhochschule Hans Eisler
       die Teilnahme an der Aufnahmeprüfung verwehrt wurde. Rektorin Sarah
       Wedl-Wilson begründete dies mit mangelnden Einzelfall-Prüfungsmöglichkeiten
       an einer kleinen Hochschule. Studentinnen der Hochschule der Künste in
       Bremen berichten von Beschimpfungen aus vorbeifahrenden Autos und von ihrer
       Angst, asiatischen Gepflogenheiten entsprechend einen Mundschutz zu tragen.
       
       ## Schlaglicht auf Tendenzen
       
       Solche Vorfälle erfasst auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in
       Berlin. Nach Angaben eines Sprechers gingen im Februar und im März dieses
       Jahres 55 neue Beratungsanfragen ein, die sich auf rassistische
       Diskriminierungen gegenüber Menschen asiatischer Herkunft oder mit
       asiatischem Erscheinungsbild beziehen. Berichtet wird, dass sie bei
       Arztbesuchen oder als Wohnungsbewerber abgewiesen würden. Der Sprecher
       betont aber, dass solche Fallzahlen nur ein Schlaglicht auf Tendenzen
       werfen und nicht repräsentativ sein können. In Chemnitz kontrollierte die
       Polizei vietnamesisch-deutsche Staatsbürger, wohl weil sie aus Sicht der
       Beamten eine Infektionsgefahr darstellten.
       
       Noa Kerstin Ha vom Zentrum für Integrationsstudien der TU Dresden bestätigt
       einen „deutlichen Anstieg“ bei den rassistischen Vorfällen und belegt ihn
       auch mit eigenen Erfahrungen. Schon im Februar wurden ihre beiden 12 und 14
       Jahre alten Söhne in einer Berliner U-Bahn aufgefordert, zu verschwinden,
       weil sie angeblich das Virus mitbrächten.
       
       ## „Die Anderen“ sind schuld
       
       Die Migrationsforscherin verweist auf das in der Medizingeschichte bekannte
       Phänomen des „Otherings“. Seuchen und Gefahren werden in der Sicht von
       Teilen der Bevölkerung immer von „den Anderen“ eingeschleppt.
       
       Diese Tendenz, bei Gefahr andere verantwortlich zu machen, lässt sich teils
       sehr konkret beobachten. Krankheiten wie die „Spanische Grippe“, die
       „Französische Krankheit“ oder die „Hongkong-Grippe“ werden schon im Namen
       ganz offensichtlich bestimmten Nationen zugeschrieben. Auch bei Corona
       lässt sich der Versuch beobachten, die Krankheit mit einer bestimmten
       Nationalität zu verbinden. So sprach etwa der US-Präsident Donald Trump von
       Corona als „chinesischem Virus“. Die Weltgesundheitsorganisation WHO wendet
       sich gegen solche geografischen Bezüge.
       
       10 Apr 2020
       
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