# taz.de -- Bondage in viralen Zeiten: Ein Spielpartner, dem ich vertraue
       
       > Ich bin für unbestimmte Zeit eine monogame Partnerschaft mit einem kinky
       > Spielpartner eingegangen. Von ihm lasse ich mich fesseln.
       
 (IMG) Bild: „Es sind die kleinen Dinge, die der Andere richtig macht und die mir helfen, mich fallen zu lassen“
       
       Alles ist in Bewegung, Stillstand ist ein Hirngespinst. Das mag einem
       dieser Tage anders erscheinen, aber Tatsache ist: Selbst wenn ich
       mucksmäuschenstill dastehe, bin ich in Bewegung. Auf einer
       Kontinentalplatte, die vor ihrer Schwester im Westen flieht. Auf einem
       Planeten, der um sich selbst und seine Sonne kreist in einem Universum, das
       sich ausdehnt. Oder, etwas weniger gewaltig: in einem Gefüge aus Menschen,
       die in der Lage sind, mich zu bewegen – auch dann, wenn ich selber
       mucksmäuschenstill dastehe.
       
       Und auch dann, wenn jemand mich fest mit kuschelweichen Baumwollseilen
       einschnürt. Selbst dann bin ich nicht bewegungslos. Bondage ist die
       Erfahrung, dass die Welt nicht aus Bewegung und Stillstand besteht, sondern
       aus Bewegen und Bewegtsein.
       
       Ich bin nämlich tatsächlich auf unbestimmte Zeit eine [1][monogame
       Partnerschaft mit einem kinky Spielpartner eingegangen]. Das hat noch
       rechtzeitig geklappt. Wir können so die Zahl unserer persönlichen Kontakte
       niedrig halten und trotzdem spielen – und ich kann diese Kolumne mit mehr
       als grauer Theorie füllen.
       
       Dieser Andere hat mich also gefesselt, und das ist für mich keine
       Selbstverständlichkeit. Eines meiner ersten Erlebnisse mit Bondage
       [2][gipfelte in einer Panikattacke], und wer so etwas schon mal hatte,
       weiß: Obwohl sie ungefährlich ist, wird man danach dummerweise immer die
       Sache vermeiden, die sie ausgelöst hat.
       
       ## Ich vertraue meinem Spielpartner
       
       Ich habe in der Hinsicht zum Glück ein paar Vorteile: Erstens, die Person,
       bei der ich damals in Panik geriet, verhielt sich korrekt – fürsorglich,
       beruhigend, deeskalierend, verständnisvoll. Deswegen habe ich diese
       Erfahrung unterm Strich als eine positive abgespeichert. Zweitens habe ich
       mittlerweile einfach nicht mehr so große Angst vor Panik. Und drittens, und
       hier wird’s entscheidend, [3][habe ich einen Spielpartner, dem ich
       vertraue.]
       
       Es sind die kleinen Dinge, die der Andere richtig macht und die mir helfen,
       mich fallen zu lassen. Da ist zunächst, dass er um meine Vorbehalte weiß
       und sich nach meinem Tempo richtet. Ganz egal wie hot jemand ist – wer bei
       meinem Tempo ungeduldig wird und anfängt zu drängeln, fliegt sofort raus.
       Zweitens, aktives Zuhören kann der Andere auch gut, und zwar vor dem Spiel
       und immer wieder zwischendurch. Nonverbale Skills sind hier wichtig. Der
       Sub mag vielleicht sagen, dass noch alles okay ist, aber schon anders
       wirken. Angespannt vielleicht, bisschen panisch, unsicher. Es ist die
       Verantwortung des Dom, dann abzubrechen oder einen Gang runterzuschalten.
       Lieber einmal zu früh als einmal zu spät. Meiner hat das drauf, deswegen
       mache ich mir keine Sorgen.
       
       Der letzte Teil ist dann aber etwas, das wiederum nur man selbst kann: sich
       fallen lassen. Das kann einem niemand abnehmen, auch nicht im kinky Spiel.
       Das ist eine aktive Entscheidung der*des Sub. Vom Sichbewegen zu wechseln
       ins Bewegtsein. Und dann: spürt man sogar das Universum sich ausdehnen.
       
       2 Apr 2020
       
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