# taz.de -- Berlin im Zeichen von Corona: Berlin noch kein Katastrophenfall
       
       > Bund und Länder beschließen weitere Schließungen. In Berlin
       > funktionierten die Strukturen zur Bewältigung der Krise, sagt der
       > Innensenator.
       
 (IMG) Bild: Abstand halten, auch auf dem Alexanderplatz
       
       Alle anderen Ausschusssitzungen waren gestrichen, nur der Innenausschuss
       tagte am Montag im Abgeordnetenhaus. Das einzige Thema auf der
       Tagesordnung: Corona. „Wir befinden uns in einer nie da gewesenen
       Situation“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD). Nach der Devise
       „Abstand halten“ war jeder zweite Stuhl im Ausschuss nicht besetzt. Die
       Innenpolitiker hatten pro Fraktion nur einen Vertreter geschickt. Auch der
       Innensenator und sein Staatssekretär achten darauf, sich nicht zu nahe zu
       kommen.
       
       Es gab viel zu besprechen. „Die Gesundheitslage ist auch eine
       Sicherheitslage“, brachte es Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) auf
       den Punkt. Die am Samstag [1][vom Senat erlassene Verordnung] hat in Berlin
       zu drastischen Einschränkungen des öffentlichen Lebens geführt. Kernaufgabe
       der Polizei ist es nun, dafür zu sorgen, dass die auf das
       Infektionschutzgesetz gestützte Verordnung eingehalten wird.
       
       Veranstaltungen von mehr als 50 Teilnehmern sind untersagt, Theater, Kinos,
       Clubs, Kneipen, Schwimmbäder geschlossen. Ab Dienstag sind sämtliche
       Schulen und Kitas dicht. Nur für die Kindern von Eltern, die in
       [2][systemrelevanten Berufen] arbeiten (wie Medizin, Polizei, Feuerwehr)
       gibt es einen Kita-Notbetrieb. 30.000 Betreuungsplätze sollen dafür
       bereitgestellt werden.
       
       Montagnachmittag wurde bekannt, dass nun auch alle Restaurants in
       Deutschland spätestens um 18 Uhr schließen und frühestens um 6 Uhr
       aufmachen dürfen. Auch die Mehrzahl der Geschäfte in Deutschland muss
       schließen, selbst Spielplätze sollen nicht mehr benutzt werden dürfen.
       Darauf haben sich Vertreter der Bundesregierung und die Ministerpräsidenten
       der Länder bei einer Telefonschaltkonferenz verständigt.
       
       In Regierungskreisen wird aber betont, dass dies [3][kein „Shutdown“] sei.
       Ausdrücklich ausgenommen werden neben Lebensmittelgeschäften auch
       Wochenmärkte, Lieferdienste, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien,
       Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Frisöre, Reinigungen,
       Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte
       und der Großhandel.
       
       Geisel hatte bei der Innenausschusssitzung bereits auf die
       Telefonschaltkonferenz hingewiesen, das Ergebnis stand da aber noch aus.
       Die Berliner Verordnung gilt zunächst bis zum 19. April. Die Maßnahmen
       seien erforderlich, um die Verbreitung der Corona-Infekte einzudämmen und
       die Krankenhäuser vor einem Kollaps zu bewahren, sagte Geisel. Die Zahl der
       bestätigten Coronafälle bezifferte er auf 283 (Stand Montagmorgen). 16
       Erkrankte befänden sich im Krankenhäusern, zwei davon auf
       Intensivstationen. In Berlin gebe es circa 2.000 Betten in den
       Intensivstationen. „Wir bemühen uns, die Zahl der Beatmungsgeräte zu
       erhöhen“.
       
       Laut Akmann ist die Zahl der Infizierten in Charlottenburg-Wilmersdorf (54
       Fälle) zurzeit am höchsten, gefolgt von Mitte (48) Steglitz-Zehlendorf (34)
       und Friedrichshain-Kreuzberg (30). Am wenigsten Fälle wurden bisher in
       Marzahn-Hellersdorf (10), Spandau (9) und Treptow-Köpenick (8) registriert.
       Am stärksten betroffen sei die Altersgruppe der 30 bis 39-Jährigen mit 13,6
       Prozent.
       
       Denkbar sei, dass in naher Zukunft noch weitere Maßnahmen beschlossen
       würden, sagte Innensenator Geisel. „Wir fahren auf Sicht.“ Die Lage sei
       ernst und könne sich jeden Tag ändern. Für die Ausrufung eines
       Katastrophenfalls durch den Senat gebe es zurzeit aber keine Notwendigkeit.
       
       Katastrophenfall bedeutet, dass der Senat alle bezirklichen Kompetenzen an
       sich ziehen, Gebäude beschlagnahmen oder Zugriff auf Transportunternehmen
       nehmen kann. „In Berlin funktionieren die Strukturen zur Bewältigung der
       Krise“, sagte Geisel. Auch die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln
       stehe nicht infrage.
       
       Ein Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Berlin zur Bewältigung der Krise sei
       nicht geplant, sagte der Innensenator. Die Stadt versuche aber Flächen der
       Bundeswehr für die Lagerung von medizinischer Schutzausrüstung zu nutzen.
       
       Geisel zufolge sind die Bezirke nach wie vor handlungsfähig. Die
       Bürgerämter seien in Notbetrieb offen, „Termine finden statt“. Selbiges
       gelte für Standesämter, Soziale Dienste, Sozialämter und das Landesamt für
       Einwanderung.
       
       Die Polizei hat bereits 21 Strafverfahren wegen geöffneter Kneipen
       eingeleitet und 132 Objekte geschlossen. Verstöße gegen die Verordnung
       könnten mit Freiheitsstrafen von zwei bis fünf Jahren geahndet werden,
       sagte Geisel. Die angespannte Arbeitslage bei der Polizei heiße aber nicht,
       dass in Berlin ansonsten ein rechtsfreier Raum herrsche. „Knöllchen“ würden
       selbstverständlich weiter geschrieben und auch Verkehrskontrollen
       durchgeführt.
       
       16 Mar 2020
       
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 (DIR) [3] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/vereinbarung-zwischen-der-bundesregierung-und-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-bundeslaender-angesichts-der-corona-epidemie-in-deutschland-1730934
       
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