# taz.de -- Streit um Katalonien: Sánchez bietet Dialog an
       
       > Spaniens Regierungschef muss Kataloniens Führung entgegenkommen. Doch die
       > Opposition in Madrid warnt weiter vor der „Zerstörung Spaniens“.
       
 (IMG) Bild: Spaniens Premierminister Sanchez und Kataloniens Regionalpräsident Torra verhandeln in Barcelona
       
       Madrid taz | Ehrenspalier der katalanischen Polizei in historischen
       Uniformen, spanische und katalanische Fahnen – das Eintreffen des
       spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez am Amtssitz seines
       katalanischen Kollegen Quim Torra in Barcelona glich einem Staatsbesuch.
       Das Treffen unter vier Augen dauerte ein anderthalb Stunden und war das
       erste seit Dezember 2018. Die beiden einigten sich auf den Beginn eines
       Dialogprozesses noch in diesem Monat, um eine politische Lösung für den
       Konflikt um die Unabhängigkeit Kataloniens zu finden.
       
       „Es gibt keine Lösung ohne Dialog innerhalb des gesetzlichen Rahmens“,
       erklärte Sánchez nach dem Treffen und versprach „einen Neuanfang“ und einen
       „sofortigen Kurswechsel“. „Wir sind schon lange zu einem Dialog bereit“,
       sagte Torra. Dass es bisher nicht dazu gekommen sei, habe an Madrid
       gelegen, erklärte der Katalane. Torra versprach einen „aufrichtigen
       Dialog“.
       
       Doch die beiden sind weit voneinander entfernt. Torra verlangte erneut die
       Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes. Sánchez sprach sich einmal mehr
       gegen ein Unabhängigkeitsreferendum aus und verteidigte stattdessen den
       Autonomiestatus der Region.
       
       Außerdem lehnte er den Wunsch Torras nach einer [1][Amnestie für die
       Unabhängigkeitspolitiker] und -aktivisten ab, die nach der Abhaltung einer
       von Madrid untersagten Volksabstimmung im Oktober 2017 zu hohen Haftstrafen
       verurteilt wurden. Stattdessen legte er einen „Fahrplan zur
       Wiederbegegnung“ vor. Darin ist vor allem von Finanzausgleich, neuen
       Infrastrukturprojekten und sozialen Hilfen die Rede.
       
       ## Spanische Justiz sieht „Ungehorsam“
       
       Sánchez, der im Wahlkampf immer wieder harte Absagen an die Forderungen der
       Katalanen erteilte, sah sich zum Dialog gezwungen. Denn die Republikanische
       Linke Kataloniens (ERC), der kleinere der beiden Koalitionspartner in Quim
       Torras Regierung, hatte die Verhandlungen zwischen den Regierungen in
       Madrid und Barcelona zur Bedingung gemacht, um [2][Sánchez im Januar an die
       Regierung zu verhelfen].
       
       Für Torra ist das Treffen ein Erfolg. Denn es bestätigt ihn im Amt. Die
       spanische Wahlbehörde und der Oberste Gerichtshof hatten ihm vor wenigen
       Wochen den Abgeordnetenstatus entzogen. Er hatte sich im Wahlkampf lange
       geweigert, ein Transparent an seinem Amtssitz abzuhängen, das sich eben mit
       den mittlerweile Verurteilten solidarisierte. „Ungehorsam“ sieht die
       spanische Justiz darin.
       
       Die Opposition in Madrid will von einer politischen Lösung des
       Katalonienkonflikt nichts wissen. Die konservative Partido Popular (PP)
       hatte bereits am Vortag des Treffens eine Klage gegen Torra wegen
       „Amtsanmaßung“ eingereicht. Denn ohne Sitz im katalanischen Parlament könne
       er nicht weiter Ministerpräsident bleiben.
       
       Die rechtsradikale VOX – drittstärkste Partei in Spanien – bezeichnet das
       Gespräch als Treffen eines „illegitimen spanischen Ministerpräsidenten mit
       einem illegalen katalanischen Ministerpräsidenten“. PP und VOX werfen
       Sánchez vor, den Separatisten bei der Zerstörung Spaniens zu helfen.
       
       ## Innerkatalanischer Zwist
       
       Torra pokert. Denn die Regierungskoalition aus seiner Liste „Gemeinsam für
       Katalonien“ (JxCat) und ERC steckt in einer tiefen Krise, seit ERC Sánchez
       unterstützt. Torra will nach den Haushaltsverhandlungen, die bereits im
       März zu Ende gehen könnten, Neuwahlen anzusetzen. Noch liegt ERC in den
       Umfragen leicht vor JxCat. Torra hofft, dass die Gespräche und Sanchez'
       ablehnende Haltung gegenüber den Hauptforderungen der
       Unabhängigkeitsbewegung ERC schwächen könnte und somit JxCat erneut
       stärkste Kraft im Unabhängigkeitslager wird.
       
       In Barcelona bliebe somit alles wie gehabt. Nicht so in Madrid: Dort wäre
       Sánchez dann auf eine ERC angewiesen, der ihre Kompromissbereitschaft zu
       Hause an den Urnen nichts eingebracht hat.
       
       6 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Katalane-Junqueras-bleibt-in-Haft/!5651388
 (DIR) [2] /Neue-Regierung-in-Spanien/!5650480
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spanien
 (DIR) Katalonien
 (DIR) Quim Torra
 (DIR) Pedro Sánchez
 (DIR) Separatismus
 (DIR) Unabhängigkeit
 (DIR) politische Gefangene
 (DIR) VOX 
 (DIR) Katalonien
 (DIR) Katalonien
 (DIR) Spanien
 (DIR) Spanien
 (DIR) Spanien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Proteste in Spanien: Rhetorik wie bei Franco
       
       Ein rechtes Bündnis macht in Spanien Stimmung gegen die Regierung von Pedro
       Sánchez. Das hat nichts mehr mit demokratischer Opposition zu tun.
       
 (DIR) Handys katalanischer Politiker gehackt: Einfach mal zuhören
       
       Politiker aus Katalonien sind ausspioniert worden – mit einem Programm, das
       nur Staaten besitzen. Spaniens Innenministerium will von nichts wissen.
       
 (DIR) Katalanen demonstrieren in Frankreich: Jenseits der Grenze
       
       Der ehemalige katalanische Regierungschef Puigdemont spricht vor
       Zehntausenden Anhängern. Er hält am Ziel der Unabhängigkeit von Spanien
       fest.
       
 (DIR) Konflikt um Katalonien: Abgeordnetenstatus weg
       
       Spaniens Oberster Gerichtshof bestätigt das Urteil gegen den katalanischen
       Regierungschef Quim Torra. Der aber weigert sich zu gehen.
       
 (DIR) Spaniens politische Zukunft: Sánchez muss jetzt liefern
       
       Sollte Spaniens Ministerpräsident scheitern, drohen Neuwahlen und ein
       Wahlsieg der Rechten. Der Weg des Landes wird sich mit ihm entscheiden.
       
 (DIR) EuGH-Urteil zu Katalonien: Allerhöchste Zeit für Politik
       
       Der Europäische Gerichtshof verpasst der Regierung in Madrid eine
       schallende Ohrfeige: Auch gewählte Separatisten genießen Immunität.