# taz.de -- Die Wahrheit: Ikebana Happa Happa
       
       > Wenn man die hehre Kunst des Blumenarrangierens mit ganz alltäglichen
       > Bedürfnissen verbindet, kann das erstaunliche Synergieeffekte zeitigen.
       
 (IMG) Bild: Christian Kōun Alborz Oldham: „Penny Waking Up from a Dream“, 2025, Detailansicht aus Kunstverein München
       
       Als Wachstumskritikerin bin ich immer offen für Dinge, mit denen ich mir
       ohne Konsum oder Arbeit die Zeit vertreiben kann. Als ich neulich in einer
       Kiste mit der Aufschrift „Bitte mitnehmen“ das Buch „Die magische Welt des
       Ikebana“ entdeckte, schien es, als ließe sich hier ein Fliegenschwarm mit
       einer Klappe schlagen: Keine Penunze wechselt den Besitzer, ich beseitige
       Müll und darf endlich die magische Welt des Ikebana kennenlernen, anstatt
       zum Beispiel die Steuer zu machen.
       
       Ikebana, die japanische Kunst des Blumenarrangierens, soll die Natur in das
       Leben der Menschen integrieren und dabei die kosmische Ordnung darstellen.
       Sie basiert auf den drei Linien Himmel, Erde und Menschheit. Es gibt
       verschiedene Formen der Gestecke, manche müssen bestimmte Winkel
       berücksichtigen, manche sollen farblich an den Kimono (es geht sicher auch
       das Etuikleid) der Arrangeurin angepasst werden, damit man später neben dem
       Gesteck nicht unpassend aussieht.
       
       Ich startete mit ein paar Blättern aus dem Küchenbasilikum. Lange
       beschäftigte ich mich mit dem passenden Gefäß, in dem ich das Ikebana
       arrangieren wollte. Zunächst dachte ich an einen Schwamm, aber das Grün
       biss sich mit dem Topfreiniger-Gelb. Auch meine Vase stellte sich als
       unpraktisch heraus, weil die Basilikumblätter darin nicht zu sehen waren.
       Ich entschied mich für einen flachen, weißen Teller, auf dem sie sicher
       lagen und farblich viel kosmische Ordnung ausstrahlten.
       
       Ich arrangierte sie in einem Kreis, hatte aber das Gefühl, dass noch etwas
       fehlte. Das Tatehana-Ikebana, las ich, wird traditionell von starken
       Farbkombinationen bestimmt. Ich entschied mich für Rot, um dem Grün einen
       komplementären Gegensatz zu geben, und schmückte das Basilikum mit einer
       Tomate, ebenfalls in Kreisform. Das sah schon viel besser aus, Tomate
       (Erde) und Basilikum (Himmel). Aber was sollte die Menschheit
       symbolisieren?
       
       Ratlos fiel mein Auge auf den Kühlschrank. Wurden die Dinge im Kühlschrank
       nicht vom Menschen gemacht? Und sind nicht alle Wesen auf der Erde gleich
       viel Wert? Ginge also, dachte ich mit höchster asiatisch-philosophischer
       Anstrengung, vielleicht nicht auch etwas, das von einem Menschen in
       Zusammenarbeit mit einem Wasserbüffel hergestellt wurde?!
       
       Ich arrangierte eine Mozzarellakugel nach Art des Rikka-Ikebanas, die aus
       dem buddhistischen Blumenopfer stammt, in fernöstlichen Scheiben unter den
       Rest des Gestecks, und goss ein paar Erde, Himmel und Mensch
       symbolisierende Olivenöllinien darüber. Da ich das fertige Ikebana nach Art
       des Morimono als Tisch-Arrangement nutzen wollte, stellte ich es direkt
       neben die kleine Gabel, die auf dem Küchentisch lag, und dekorierte es nach
       Art des Rikka Shimputai noch ein wenig mit Salz und Pfeffer.
       
       Es passte hervorragend zu meinem rotgrünen Kleid. Allerdings hielt es
       weniger lange, als ich erwartet hatte. Morgen versuche ich eines aus
       Sauerkraut und Bratwurst.
       
       7 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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