# taz.de -- Duell der Besten im American Football: Trauma-Treff in Miami
       
       > Im Superbowl-Finale treffen mit den Kansas City Chiefs und den San
       > Francisco 49ers junge Teams aufeinander. Und es geht um alte Wunden.
       
 (IMG) Bild: Immer gut informiert: Andy Reid coacht sein Team gegen die Tennessee Titans
       
       Berlin taz | Es war eine Wachablösung. Nach den beiden sonntäglichen
       Halbfinalspielen steht fest, dass die Kansas City Chiefs und die San
       Francisco 49ers in zwei Wochen in Miami um die NFL-Meisterschaft spielen
       werden. Zwei Klubs mit sehr langer Tradition, aber auch zwei Klubs, die
       lange schon keinen Superbowl mehr gewonnen haben, nun aber junge
       Mannschaften haben, die die NFL in den kommenden Jahren dominieren könnten.
       
       Fehlen werden in Miami stattdessen traditionelle Aushängeschilder der Liga
       wie Tom Brady (42) oder Aaron Rodgers (36). Der sechsmalige
       Super-Bowl-Gewinner Brady war mit seinen New England Patriots bereits in
       der ersten Playoff-Runde gescheitert. Rodgers, für viele der talentierteste
       Spielmacher seiner Generation, hatte am Sonntag beim 20:37 keine Chance in
       San Francisco.
       
       Die Verteidigung der 49ers um Nick Bosa, 22 Jahre alt, frisch aus dem
       College und demnächst wahrscheinlich als Neu-Profi des Jahres
       ausgezeichnet, hetzte Rodgers dermaßen leidenschaftlich übers Feld, dass
       der kaum mal einen seiner gefürchteten Pässe anbringen konnte und das Spiel
       schnell entschieden war. Zur Halbzeit stand es schon 27:0, und diese
       Mannschaft scheint das Potenzial zu haben, die ruhmreiche Vergangenheit aus
       den 80er und frühen 90er Jahren mit Namen wie Joe Montana, Jerry Rice oder
       Steve Young wiederaufleben zu lassen.
       
       Etwas spannender machte es [1][Kansas City]. Die ließen die Tennessee
       Titans erst einmal auf 0:10 davonziehen, um dann doch noch relativ locker
       35:24 zu gewinnen und zum ersten Mal seit 50 Jahren wieder ein Endspiel zu
       erreichen.
       
       ## Der fehlende große Titel
       
       Dabei präsentierte Chiefs-Spielmacher Patrick Mahomes mal wieder seine für
       einen 24-Jährigen unglaubliche Gelassenheit und Übersicht, die ihn neben
       seinen exorbitanten athletischen Fähigkeiten zum aktuell wohl besten
       Footballspieler der Welt macht. Mahomes ist jetzt schon das Gesicht der
       NFL, am Sonntag warf und erlief er vier Touchdowns, er könnte noch viele
       Superbowls gewinnen.
       
       Ein einziger Titel würde Andy Reid schon genügen. Dann wäre die Karriere
       des Cheftrainers der Chiefs vollendet. Endlich. Denn der 61-Jährige mit der
       gewaltigen Leibesfülle und dem Walross-Schnurrbart gilt zwar seit Langem
       schon als Offensiv-Genie und ist einer der beliebtesten Trainer der NFL.
       Auch als Mentor wird er hoch geschätzt, unzählige seiner ehemaligen
       Assistenten sind mittlerweile selbst erfolgreiche Cheftrainer, zwei haben
       schon Superbowl-Siege auf dem Konto. Doch genau das fehlt Reid noch in
       seiner Schmetterlingssammlung: ein Superbowl-Erfolg.
       
       Nur sechs Trainer haben mehr Spiele in der NFL gewonnen als Reid. Diese
       sechs aber haben zusammen sage und schreibe 29 NFL-Titel gesammelt. Nur ein
       einziges Mal war Reid nah dran, das war vor 14 Jahren: Aber in Superbowl
       Nummer 39 wurde Reid Opfer der New England Patriots um [2][Tom Brady] und
       vor allem eigener, zweifelhafter Entscheidungen an der Seitenlinie. Kein
       Wunder, dass sich der Trainer am Sonntag freute wie ein kleines Kind: „Ich
       bin total aufgedreht, dass wir nach Miami fahren. Ich muss schnell auf Diät
       gehen, damit ich in zwei Wochen in meinen guten Anzug passe.“
       
       ## Reid: „Bis heute verfolgt mich die Niederlage“
       
       Noch heute, hat Reid einmal gesagt, verfolge ihn diese Niederlage gegen die
       Patriots und Tom Brady. Genau das sagt auch Kyle Shanahan: Reids
       Gegenspieler in zwei Wochen ist mit 40 Jahren zwar eine andere
       Trainergeneration, aber auch er hat schon ein Superbowl-Trauma zu
       verarbeiten, für das Brady verantwortlich ist.
       
       Beim historischen, von Brady angeführten Comeback 2017, der größten
       Aufholjagd in der Superbowl-Geschichte, stand der jetzige Chefcoach der
       49ers auf der anderen Seite. Als damaliger Offensiv-Koordinator der Atlanta
       Falcons war er mitverantwortlich, dass seine Mannschaft eine 28:3-Führung
       noch aus der Hand gab, und wurde anschließend von den eigenen Spielern
       kritisiert. „Ich kann mich noch an jeden einzelnen Spielzug erinnern“, sagt
       Shanahan, „und das wird für den Rest meines Lebens so bleiben.“
       
       Für einen dieser beiden Männer, für Andy Reid oder Kyle Shanahan, wartet in
       zwei Wochen in Miami die Wiedergutmachung. Die Buchmacher setzen dabei eher
       auf Reid: Die ersten Wettquoten weisen die Kansas City Chefs als leichte
       Favoriten für den Superbowl aus.
       
       21 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Playoff-Ueberraschung-in-der-NFL/!5652367
 (DIR) [2] /Kolumne-American-Pie/!5008349
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Super Bowl
 (DIR) American Football
 (DIR) Miami
 (DIR) US-Sport
 (DIR) San Francisco
 (DIR) Schwerpunkt Sport trotz Corona
 (DIR) Super Bowl
 (DIR) American Pie
 (DIR) American Football
 (DIR) Cheerleader
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) American Football als Weltereignis: Comebacker mit Magie
       
       Die Kansas City Chiefs gewinnen den Superbowl gegen die San Francisco
       49ers. Und verschaffen der NFL mit Patrick Mahomes einen neuen Superstar.
       
 (DIR) Vorschau auf Super Bowl: Duell der Alphatiere
       
       Beim Super Bowl spielen nicht nur die San Francisco 49ers gegen die Kansas
       City Chiefs. Es treten auch an: Donald Trump gegen Michael Bloomberg.
       
 (DIR) Größtes Event im American Football: Finaler Vorgeschmack
       
       Der 54. Super Bowl dürfte eine neue Ära einläuten. Die Kansas City Chiefs
       und San Francisco 49ers haben das Potenzial, dominant zu werden.
       
 (DIR) Kopfverletzungen im American Football: Helm an Helm
       
       Carson Wentz, Quarterback der Philadelphia Eagles, erleidet eine
       Gehirnerschütterung. Nun wird über den Schutz der Spielmacher diskutiert.
       
 (DIR) Cheerleading im American Football: Zwölf Seiten Vorschriften
       
       Cheerleading ist in den USA nicht als Sportart anerkannt. Die Frauen haben
       kaum Rechte, erhalten kaum Geld und werden mit Verboten gegängelt.
       
 (DIR) Kolumne American Pie: Moralische Fallhöhe
       
       Robert Kraft, Eigner der New England Patriots, ist in einen
       Prostitutionsskandal verwickelt. Das ist auch für die NFL verheerend.