# taz.de -- Prozess wegen Kraftwerksblockade: Kein Hausfriedensbruch
       
       > Fünf Aktivist*innen werden wegen der Blockade eines RWE-Kraftwerks zu
       > Geldstrafen verurteilt. Der Vorwurf: Widerstand gegen
       > Vollstreckungsbeamte.
       
 (IMG) Bild: November 2017: Einsatzfahrzeuge der Polizei vor dem Gelände des Braunkohlekraftwerks Weisweiler
       
       ESCHWEILER taz | „What do we want?“ – „Freispruch!“ – „When do we want it?“
       – „Sofort!“ So klingt kein gewöhnlicher Mittwochnachmittag am Amtsgericht
       Eschweiler in Nordrhein-Westfalen. Ein Gerichtsdiener schließt die Fenster.
       Das dämpft die Sprechchöre, die von der Straße hochschallen. Ungestört soll
       es hier im Saal ablaufen, am 04. Dezember, dem dritten und letzten
       Verhandlungstag zur [1][Blockade eines Braunkohle-Kraftwerks von RWE].
       
       Ein Freispruch scheint unwahrscheinlich. Die fünf Angeklagten stehen offen
       zu ihrer Beteiligung. Sie waren auf dem RWE-Gelände und haben Teile der
       Anlage blockiert. Darum wirken Angeklagte und Verteidiger*innen überrascht,
       als der Vorsitzende Richter Sven Gißelbach das Urteil verkündet. Das
       Gericht verurteilt die Angeklagten lediglich wegen Widerstands gegen
       Vollstreckungsbeamt*innen zu je 50 Tagessätze a fünf Euro, der fünfte
       Angeklagte bekommt 60 Tagessätze a fünf Euro. Die Staatsanwältin hatte je
       ein Jahr Freiheitsstrafe gefordert, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung,
       plus 180 Arbeitsstunden.
       
       [2][Am 30. Oktober begann der Strafprozess]. Von ursprünglich 14
       Aktivist*innen, die sich an der sogenannten „WeShutDown“-Aktion beteiligt
       haben sollen, sind die fünf angeklagt, deren Identität festgestellt werden
       konnte. Mitte November 2017, parallel zur Weltklimakonferenz in Bonn,
       hatten die 22- bis 37-jährigen Angeklagten das RWE-Gelände betreten und
       Förderbänder blockiert, mit denen Braunkohle zum Kraftwerk Weisweiler
       transportiert wird. Zeitweise schaltete RWE Teile der Förderstruktur sowie
       Kraftwerksblöcke ab.
       
       Blockade war kein Hausfriedensbruch 
       
       Gegen die Vorwürfe des Hausfriedensbruchs und der Betriebsstörung spricht
       das Gericht die Aktivist*innen frei. In der Hauptverhandlung seien keine
       sicheren Erkenntnisse gewonnen worden, dass das Gelände zur Tatzeit
       ausreichend umfriedet gewesen sei. Zudem habe „offensichtlich keine
       Zerstörung, Beschädigung oder Unbrauchbarmachung“ der Betriebsanlage
       stattgefunden. Auch die Bedingung „Veränderung“ treffe nicht zu, da
       Angeklagte sich nicht nachweisbar an Teilen der Anlage festgekettet hätten,
       sondern aneinander sowie an einem selbst errichteten Tripod.
       
       Die Aktivistin Cornelia W. sagt, mit dem Strafmaß sei sie zufrieden, aber:
       „Mit dem Verfahren selber bin ich nicht zufrieden. Der Vorwurf des
       Widerstands ist an den Haaren herbeigezogen.“ Verteidigerin Sibylle Krenzel
       äußert sich ähnlich. „Da war ich enttäuscht über die Urteilsbegründung. Ein
       ‚Da wird schon was gewesen sein‘, trägt mit Sicherheit nicht.“
       
       Am Ende des Tages zeichnet sich ab, dass die Staatsanwaltschaft in Berufung
       gehen könnte. Auch die Verteidigung schließt das für sich nicht aus. Alles
       könnte also erneut verhandelt werden. Nochmal von vorn, dann vor dem
       Landgericht Aachen, mit ausgiebigerer Beweisaufnahme und offenem Ausgang.
       Und dann? Dann wartet noch eine Zivilklage auf die fünf Aktivist*innen:
       Wegen der Blockade versucht RWE, von ihnen sowie von einem Journalisten,
       der vor Ort berichtete, zwei Millionen Euro Schadensersatz einzuklagen. Der
       Ausgang des Strafverfahrens, so hieß es, werde Einfluss auf die Zivilklage
       haben.
       
       5 Dec 2019
       
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