# taz.de -- Rainer Schäfer Radikale Weine: Es muss nicht immer lecker schmecken
       
       Mehr als 50 verschiedene Weine wurden an dieser Stelle vorgestellt. Dies
       ist nach über fünf Jahren nun die letzte Folge der Kolumne, sie widmet sich
       zwei Winzern, für die das Leitmotiv „Radikale Weine“ wie gemacht ist: Uwe
       Lange und Marco Pfliehinger erzeugen kompromisslose, äußerst eigenständige
       Spätburgunder.
       
       Das eigenwillige Duo betreibt sein Weingut Forgeurac im badischen St.
       Leon-Rot erst seit 2015. Ihr Keller ist in der alten Dorfschmiede
       untergebracht, davon leitet sich der Name ab: Schmiede heißt im
       Französischen forge. Der frankophile Name ist auch eine Referenz an das
       Burgund und seine berühmten Pinot Noirs. Die sind ein Ideal, nach dem sich
       viele deutsche Winzer strecken. In den meisten Fällen vergebens.
       
       Lange, Jahrgang 1973, kam über Umwege zum Wein, er arbeitete jahrelang als
       Musikdozent und Bassist. Mit 30 begann er eine Lehre zum Winzer und
       studierte in Geisenheim Weinbau, dort traf er auf Marco Pfliehinger,
       Jahrgang 1972, Doktorand an der Hochschule und Boden-Experte. Gemeinsam
       wuchs die Idee, „deutsche Terroirweine zu erzeugen“: Die sollten auf
       Kalkböden mit hohem Eisenanteil wachsen – wie an der Côte d’Or im Burgund.
       
       Inzwischen bewirtschaftet Forgeurac 2,5 Hektar Weinberge an drei Standorten
       – im Kraichgau, im Bühlertal und im Markgräflerland – nach biodynamischen
       Methoden. Manchmal treffen sich die Winzer schon morgens um vier, um
       Präparate wie Hornkiesel – ein zu Pulver zermahlener Bergkristall, der in
       ein Kuhhorn gefüllt wird – anzurühren und zu dynamisieren. „Ich mag das
       Erwachen der Welt“, sagt Uwe Lange, „wenn es langsam hell wird.“ Bewusst
       verzichten die Winzer auf Maschinen im Weinberg und im Keller, die Trauben
       werden auf einer alten Korbkelter gepresst, spontan vergoren, in
       gebrauchten Fässern ausgebaut und unfiltriert mit minimalem Schwefelzusatz
       gefüllt.
       
       Eine auf das Allernötigste reduzierte, nahezu archaische Art der
       Weinwerdung, die den Charakter der Lagen unverfälscht zeigen soll. Es gehe
       nicht darum, dass ihre Weine „lecker schmecken müssen“, sagt Lange. Sie
       sind puristisch kodiert und ein wenig geheimnisvoll.
       
       Der Spätburgunder Walis Jahrgang 2017 von Trauben aus dem Markgräflerland
       riecht verhalten nach roten Beeren, Leder und Boden. Im Mund zeigt er eine
       leichte Herbe von feinen Gerbstoffen, ausgewogene Säure, innere Spannung
       und eine unaufgeregte Kalk-Mineralik. Die Weine von Forgeurac sind auch bei
       Winzern im Burgund gefragt, die gerne ihre Pinot Noirs gegen diese
       Spätburgunder tauschen. Und das ist ziemlich ungewöhnlich.
       
       16 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rainer Schäfer
       
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