# taz.de -- Türkische Militäroffensive in Syrien: Angriffe gehen weiter
       
       > Die Arabische Liga fordert ein sofortiges Ende der „Invasion“ des
       > türkischen Militärs in Syrien. Auch Frankreich und die USA verschärfen
       > den Ton.
       
 (IMG) Bild: Laut UN mussten bereits am Freitagabend 100.000 Menschen flüchten
       
       Washington reuters/afp/ap | Die Arabische Liga hat die türkische
       Militäroffensive im Nordosten Syriens scharf verurteilt. Die Angriffe seien
       eine „Invasion in das Land eines arabischen Staates und ein Angriff auf
       seine Souveränität“, sagte Generalsekretär Ahmed Abul Gheit am Samstag bei
       einem Krisentreffen, das Ägypten einberufen hatte. Der Einsatz bedrohe die
       Erfolge im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, so Gheit.
       
       Der irakische Außenminister Mohamed Ali Alhakim, der amtierende Präsident
       der Arabischen Liga, sagte, die Militäraktion werde die humanitäre Krise
       und das Leiden der syrischen Bevölkerung verschärfen. Laut den Vereinten
       Nationen flohen bisher 100.000 Menschen vor den Kämpfen. Viele von ihnen
       befinden sich zum zweiten Mal in nur wenigen Jahren auf der Flucht vor
       Gewalt.
       
       Alhakim forderte zusammen mit dem libanesischen Außenminister Gebran
       Bassil, Syrien wieder als Mitglied in die Arabische Liga aufzunehmen. Dies
       solle „die erste Antwort der Liga auf die türkische Aggression“ sein, sagte
       er. Das panarabische Staatenbündnis hatte Syrien 2011 nach dem
       militärischen Vorgehen der Regierung gegen Protestierende ausgeschlossen.
       
       ## USA drohen „weitreichende Sanktionen“ an
       
       Trotz der internationalen Kritik treibt die Türkei ihre Militäroffensive
       gegen die Kurden-Miliz YPG im Nordosten Syriens voran. Insbesondere die
       Grenzstadt Ras al Ain geriet am Samstag unter Beschuss. Die Syrische
       Beobachterstelle für Menschenrechte sprach von 74 Toten aufseiten des von
       der YPG angeführten Rebellenbündnisses SDF und von 49 Toten aufseiten der
       mit der Türkei verbündeten Rebellen.
       
       Seit Beginn der [1][türkischen Militäroffensive] erhöht die US-Regierung
       den Druck auf Ankara und drohte am Freitag dem Nato-Partner mit
       „weitreichende Sanktionen“. Für zusätzliche Spannungen sorgte der
       mutmaßliche Beschuss von US-Truppen durch türkische Artillerie. Der
       türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan machte derweil klar, dass er die
       Offensive nicht wegen der „Drohungen“ stoppen werde.
       
       US-Finanzminister Steven Mnuchin sagte am Freitag in Washington, auf Geheiß
       von Präsident Donald Trump seien „sehr weitreichende“ Sanktionen gegen die
       Türkei auf den Weg gebracht worden. Diese seien aber noch nicht „aktiviert“
       worden.
       
       Auch Frankreich drohte der Türkei mit Sanktionen. Beim EU-Gipfel kommende
       Woche solle über Strafmaßnahmen der Europäischen Union gegen Ankara beraten
       werden, sagte Europa-Staatssekretärin Amélie de Montchalin. Frankreichs
       Präsident Emmanuel Macron forderte in einem Telefonat mit Trump den
       sofortigen Stopp der türkischen Offensive.
       
       Die Türkei hatte am Mittwoch nach dem Abzug von US-Soldaten aus dem
       syrischen Grenzgebiet ihre lange angedrohte Militäroffensive gegen die
       Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien begonnen. Die USA und andere westliche
       Staaten kritisierten die Militäroperation Ankaras von Beginn an heftig, da
       sie in der YPG den wichtigsten Partner im Kampf gegen die
       Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sehen. Sie fürchten ein
       Wiedererstarken der IS-Miliz.
       
       ## Erdogan will keinen Rückzug
       
       US-Verteidigungsminister Mark Esper rief seinen türkischen Kollegen Hulusi
       Akar am Freitag in einem Telefonat dazu auf, die Militäroffensive in
       Nordsyrien abzubrechen. Er drohte Ankara mit „ernsthaften Konsequenzen“.
       Wenige Stunden später teilte das Pentagon mit, dass US-Truppen nahe der
       syrischen Grenzstadt Kobane von türkischer Artillerie beschossen worden
       seien. Es habe wenige hundert Meter entfernt von dem US-Militärposten eine
       Explosion gegeben, erklärte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums.
       
       Die Türkei wisse, dass sich in diesem Gebiet US-Soldaten aufhielten. Es
       habe keine Verletzten gegeben, die US-Truppen hätten sich nicht
       zurückgezogen, sagte der Pentagon-Sprecher. Er forderte die Türkei auf,
       alles zu vermeiden, was zu „sofortigen Verteidigungsaktionen“ führen könne.
       Das türkische Verteidigungsministerium erklärte, es habe alle Vorkehrungen
       getroffen, um sicherzustellen, dass kein US-Stützpunkt beschädigt würde.
       Die USA seien nicht das Ziel des Angriffs gewesen und die türkischen
       Soldaten hätten auf Beschuss durch kurdische Kämpfer reagiert, die sich
       etwa 800 Meter von dem US-Außenposten entfernt befunden hätten.
       
       Der türkische Präsident Erdogan will mit seinem Vorstoß eine
       „Sicherheitszone“ südlich der türkischen Grenze in Nordsyrien schaffen.
       Dies untermauerte er am Freitag in einer Rede in Istanbul. „Wir werden
       nicht den Rückzug antreten“, sagte Erdogan. „Wir werden diesen Kampf
       fortsetzen, bis sich alle Terroristen 32 Kilometer von unserer Grenze
       entfernen.“
       
       ## Heftige Kämpfe und Widerstand
       
       Die YPG und ihre arabischen Verbündeten leisteten derweil weiter
       [2][erbitterten Widerstand]. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle
       für Menschenrechte nutzten sie Tunnel, Gräben und Wälle, um den Vormarsch
       der türkischen Armee aufzuhalten.
       
       Es gebe heftige Kämpfe an mehreren Fronten, vor allem in den syrischen
       Grenzstädten Tal Abjad und Ras al-Ain, meldete die oppositionsnahe
       Beobachtungsstelle. Nach Angaben der Organisation mit Sitz in London wurden
       seit Mittwoch 74 kurdische Kämpfer und je 17 Zivilisten auf syrischer und
       türkischer Seite getötet.
       
       Vier türkische Soldaten wurden während der Kampfhandlungen getötet, wie das
       Verteidigungsministerium in Ankara und die staatliche türkische
       Nachrichtenagentur Anadolu meldeten. Die Vereinten Nationen warnen derweil
       vor den humanitären Folgen für die Menschen in der umkämpften Region. Mehr
       als 100.000 Menschen seien bereits aus dem Grenzgebiet geflohen.
       
       12 Oct 2019
       
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