# taz.de -- Sportdiplomatie in der Krise: Via Peking zum Korea-Derby
       
       > Südkorea tritt in einem historischen Duell der WM-Quali in Nordkorea an.
       > Fans aus dem Süden sind nicht zugelassen – und es gibt noch mehr Unbill.
       
 (IMG) Bild: Mitglieder der südkoreanischen Nationalmannschaft warten in Peking auf den Flug nach Pjöngjang
       
       Wenn Südkorea am Dienstag gegen seinen nördlichen Nachbarn im
       Kim-Il-Sung-Stadion in Pjöngjang aufläuft, geht es nicht nur um die
       Qualifikation für die [1][Fußball-WM 2022 in Katar]. Das Sportliche ist
       dann, verglichen mit der historischen Dimension des koreanischen Derbys,
       Nebensache: Abseits eines Freundschaftsspiels 1990 sind die Männerteams
       noch nie auf nordkoreanischen Rasen gegeneinander angetreten. Seit fast 70
       Jahren sind die zwei Staaten durch einen kilometerbreiten Minenstreifen
       getrennt, bis heute haben sie noch immer keinen Friedensvertrag
       unterzeichnet.
       
       Dementsprechend pathetisch gab die Fifa in einer Stellungnahme bekannt,
       dass Fußball eine einzigartige Macht habe, Völker zusammenzubringen: „Wir
       hoffen aufrichtig, dass dies auch am 15. Oktober in Pjöngjang der Fall sein
       wird.“ Dabei sprechen sämtliche Vorzeichen eine geradezu entgegengesetzte
       Sprache.
       
       Allen voran die strapaziöse Anreise der Südkoreaner: Würde Pjöngjang die
       Landesgrenze für den Mannschaftsbus öffnen, dauerte die 230 Kilometer lange
       Fahrtstrecke zwischen den zwei Hauptstädten nur gut drei Stunden.
       Stattdessen jedoch müssen die Fußballer zunächst 1.000 Kilometer Richtung
       Westen nach Peking fliegen, um sich dort ihre Visa abzuholen – und dann
       eine fast ebenso lange Strecke nach Pjöngjang zurückfliegen.
       
       Laut Angaben des koreanischen Rundfunks KBS haben die Athleten und
       Sportfunktionäre ihre Handys und Laptops in der Botschaft in Peking abgeben
       müssen. Aufgrund der strengen Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea soll
       die südkoreanische Regierung gar beim Alliierten in Washington um Erlaubnis
       angefragt haben, die benötigte Sportausrüstung mit nach Pjöngjang nehmen zu
       dürfen. Dabei sei es den Athleten untersagt, Fußballschuhe und -trikots im
       Land zu lassen, weil dies als Bruch der Sanktionen ausgelegt werden könnte.
       
       ## Updates per Fax
       
       Sportjournalisten südkoreanischer Tageszeitungen sind frustriert: Niemand
       weiß, ob die Nachrichtenagenturen Live-Updates aus dem Stadion vermelden
       werden. Möglicherweise haben einige südkoreanische Sportdelegierte ja ihr
       Smartphone durch den Zoll schleusen und sich eines der teuren, Ausländern
       vorbehaltenen mobilen Datenpacks sichern können. Zur Not, so sagt ein
       Reporter der Chosun Ilbo, setze man auf Informationen via Fax.
       
       Dabei wäre gerade jetzt ein günstiger Zeitpunkt für [2][impulsgebende
       Sportdiplomatie]: Die Abrüstungsgespräche zwischen Nordkorea und den USA
       sind nach Arbeitsgesprächen in Stockholm Anfang des Monats ergebnislos
       abgebrochen. Südkoreas Präsident Moon Jae In hatte im Februar 2018 gekonnt
       den Sport benutzt, um Vertrauen zwischen den zwei Staaten herzustellen: Der
       linksgerichtete Staatschef proklamierte Winterolympia in Pyeongchang als
       symbolische „Friedensspiele“. Nordkoreanische Eishockeyspielerinnen
       bildeten mit südkoreanischen Athletinnen ein Team. Dabei öffneten sich
       Gesprächskanäle, die schließlich in Gipfeltreffen mündeten.
       
       Dementsprechend euphorisch hatte Präsident Moon seinen Plan verkündet, die
       olympischen Sommerspiele 2032 gemeinsam mit Nordkorea auszurichten. Das
       Großprojekt hat bislang vor allem für Kopfschütteln gesorgt, schließlich
       können sich ausländische Touristen in Nordkorea ohne mehrere „Aufpasser“
       kein Stück weit frei bewegen.
       
       ## Keine Live-Übertragung in Südkorea
       
       Die Behörden haben seit Monaten sämtliche Kommunikationsversuche des Südens
       schlichtweg ignoriert. Stattdessen kanzelte das Kim-Regime über die
       staatlichen Medien den Süden regelmäßig ab: Fortschritte im
       innerkoreanischen Dialog hat Pjöngjang eine Absage erteilt und
       Versöhnungsangebote des Südens als „töricht“ bezeichnet.
       
       Auch im Vorfeld des Fußballderbys am Dienstag hat Nordkorea kurzfristig
       sämtliche Kommunikationsversuche des Südens zur Organisation des Spiels
       ignoriert. Vergeblich versuchten Südkoreas Fernsehstationen, eine
       Live-Übertragung zu sichern. Auch das Vereinigungsministerium in Seoul
       fragte über die verschiedensten Kanäle an, südkoreanische Fans zum Spiel
       nach Pjöngjang schicken zu dürfen. „Es gab bislang keine Antwort“, lautete
       die enttäuschende Standardantwort des Pressesprechers.
       
       Der Austragungsort des Matches ist das 1926 unter japanischer
       Kolonialherrschaft errichtete Kim-Il-Sung-Stadion. Benannt nach dem
       nordkoreanischen Staatsgründer, fasst die Sportstätte rund 50.000 Plätze.
       Laut Korea Times kosten Tickets auf dem Schwarzmarkt rund 50.000 Won – dem
       Äquivalent von 10 Kilo Reis.
       
       Wie das Spiel gegen Südkorea ausgehen wird, ist selbst für einige der
       Athleten zweitrangig. „Ich habe ein wenig Angst, nach Pjöngjang zu gehen“,
       sagte Verteidiger Lee Jae Ik vor der Abreise zur Presse: „Ich hoffe, ich
       kann lebendig zurückkommen“.
       
       14 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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