# taz.de -- Bundeswehreinsatz in Syrien: Karlsruhe will nicht prüfen
       
       > Bundesverfassungsgericht hält die Organklage der Links-Fraktion gegen den
       > Anti-IS-Einsatz der Bundeswehr für unzulässig.
       
 (IMG) Bild: Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Klage der Linken gegen den Tornado-Einsatz ab
       
       Karlsruhe taz | Die Linke im Bundestag ist mit einer Organklage gegen den
       Tornado-Einsatz der Bundeswehr in Syrien gescheitert. Das
       Bundesverfassungsgericht lehnte die Klage als unzulässig ab. Es gebe keine
       passende Klageart für solche Anliegen. Deshalb könne das Gericht die Klage
       inhaltlich gar nicht prüfen.
       
       Auslöser des Einsatzes waren die Pariser IS-Anschläge im November 2015.
       Anschließend fand sich eine „Internationale Allianz“ zusammen, um den IS in
       seinen damaligen Herrschaftsgebieten in Syrien und im Irak zu bekämpfen.
       Die Bundeswehr beteiligt sich daran hauptsächlich mit Tornado-Flugzeugen
       und AWACS-Einheiten zur Luftraumüberwachung.
       
       Rechtlich zulässig sind Bundeswehr-Einsätze im Ausland nur, wenn sie der
       Verteidigung dienen oder in einem System gegenseitiger kollektiver
       Sicherheit stattfinden. Das hat das Bundesverfassungsgericht 1994
       entschieden und zusätzlich die Zustimmung des Bundestags verlangt. Die
       Bundesregierung argumentierte, man unterstütze Frankreich und Syrien bei
       ihrer Selbstverteidigung gegen den IS. Außerdem sei die Anti-IS-Allianz ein
       System gegenseitiger kollektiver Sicherheit.
       
       Die Links-Fraktion im Bundestag hielt diese Begründungen für abwegig. Die
       lockere Anti-IS-Allianz könne nicht mit einer festen Gemeinschaft wie der
       UNO oder der Nato gleichgesetzt werden. 2016 erhob die Linksfraktion
       deshalb Organklage gegen die Bundesregierung und den Bundestag. Der
       Bundestag hatte dem Einsatz zwar im Dezember 2015 mit 445 zu 145 Stimmen
       zugestimmt. Diese Zustimmung sei jedoch, so die Linke, verfassungswidrig,
       weil die grundgesetzlichen Anforderungen an einen Auslandseinsatz der
       Bundeswehr nicht erfüllt seien.
       
       ## Genügt die Bitte Frankreichs um Hilfe?
       
       [1][Mehr als drei Jahre später] erklärte das Bundesverfassungsgericht nun
       die Klage der Linken für unzulässig. Mit einer Organklage könnte die Linke
       nur Rechte ihrer Fraktion oder Rechte des Bundestags geltend machen. Das
       passe hier aber nicht. Der Bundestag war von der Regierung ja gefragt
       worden und hatte zugestimmt. Dass die Linke den Einsatz und damit die
       Zustimmung des Parlaments für verfassungswidrig hält, sei eine ganz andere
       Kritik, für die es keine passende Klageart gebe. Die Organklage ermögliche
       „keine allgemeine Verfassungsaufsicht“, so die Verfassungsrichter.
       
       Mit diesem Argument hat das Bundesverfassungsgericht nicht zum ersten Mal
       eine Klage der Linken gegen Bundeswehreinsätze im Ausland für unzulässig
       erklärt. Die Linke hatte die Richter deshalb ausdrücklich zu einer
       großzügigen Auslegung der Organklage aufgefordert und allerlei trickreiche
       Hilfsargumente geliefert. Es könne nicht sein, dass Regierung und
       Parlamentsmehrheit mit der Bundeswehr machen könnten, was sie wollen. Doch
       die Verfassungsrichter blieben bei ihrer Linie. Nur wenn im Grundgesetz
       eine passende Klageart eingeführt wird, sind sie bereit, Auslandseinsätze
       der Bundeswehr auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen.
       
       Damit bleiben viele rechtliche Zweifelsfragen ungeklärt: Kann die
       Anti-IS-Koalition als System gegenseitiger kollektiver Sicherheit
       eingestuft werden? Ist der Militäreinsatz gegen den IS vielleicht durch
       eine Resolution des UN-Sicherheitsrats gedeckt? Genügt die Bitte
       Frankreichs oder des Irak um Hilfe, um den Einsatz als „Verteidigung“
       verfassungsrechtlich zu legitimieren? Sind Terrormilizen wie der IS
       überhaupt taugliche Angreifer im Sinne des Völkerrechts?
       
       Nur an einem Punkt gab das Bundesverfassungsgericht einen inhaltlichen
       Fingerzeig. Anders als noch 2007 ist man nun bereit, auch die Europäische
       Union (EU) als System kollektiver Sicherheit zu akzeptieren. Dies sei
       zumindest „vertretbar“, so die Richter. Damit wäre aber wohl auch der
       Anti-IS-Einsatz grundgesetzkonform. Denn Frankreich hatte sich auch auf
       einen „Beistandsfall“ nach Artikel 42 EU-Vertrag berufen und alle
       EU-Staaten hatten Frankreich Unterstützung zugesagt.
       
       (Az.: 2 BvE 2/16)
       
       10 Oct 2019
       
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