# taz.de -- Unglaublich seltsames Bayern: Barocker Hall ist am schönsten
       
       > Liberalitas Bavariae: Neue Alben der jungen Indierocker von Die Sauna und
       > vom Soundtüftlertrio H. belegen die Vielfalt des Münchner Undergrounds.
       
 (IMG) Bild: Keine Posterboys, dafür barocker Hall: H
       
       Anfang 2019 gab das Majorlabel Sony bekannt, dass es seinen Firmenhauptsitz
       im kommenden Jahr von München nach Berlin verlegen wird. Als Abgesang auf
       die vielfältige Münchner Musikszene taugt diese Nachricht jedoch
       keineswegs. Das zeigen Debütalben zweier Musikprojekte aus der bayerischen
       Landeshauptstadt, die bei kleinen Labels veröffentlicht werden. Zum einen
       das Debütalbum der Indierocker Die Sauna. Ursprünglich aus dem Oberland,
       vom Schliersee stammend, begannen die sechs Musiker 2016 in München, im
       Jahr darauf folgte eine EP namens „Elektra“ und sie tourten im Vorprogramm
       von Tocotronic und Wanda, was ihnen erhöhte Aufmerksamkeit bescherte.
       
       Kürzlich veröffentlichte Die Sauna dann das Debütalbum „So schön wie jetzt
       war es noch nie“. Und das überrascht. Denn die sechs Künstler, die sich
       durchaus als Posterboys fürs Jugendzimmer eignen, haben kein Interesse an
       Instant-Pophits, sondern sie zeigen sich auf ihrem Debüt spielfreudig und
       ignorieren Konventionen. Mit den Singles „Das geometrische System“ und dem
       [1][Titeltrack] des Albums „So schön wie jetzt war es noch nie“ beweisen
       sie eine Affinität zum eingängigen Popsong. Dann klingen sie wie die
       US-Gitarrenband The Strokes – nur fetter produziert.
       
       Am besten wirkt Die Sauna aber, wenn sie ihren Sound nicht in ein
       klassisches Songschema mit Strophe und Refrain packen muss, sondern sich in
       [2][freieren Formen] übt. Wie beim Auftaktsong, „Tu das nicht“, der sich
       ausgiebig Zeit nimmt, um sich musikalisch zu entfalten und sich später in
       einem zünftigen Soundgewitter entlädt. Hier liegt aber auch die Schwäche
       der Band.
       
       Die fett produzierte Wall of Sound kombiniert mit den repetitiven
       Songstrukturen leidet auf Dauer etwas unter der Eintönigkeit. Mehr
       Variation, zum Beispiel beim Gesang von Matthias Berg, täte Not. Beim Song
       „Blutige Lippen“ beweist er, dass er über eine gute Stimme verfügt.
       Insgesamt ist noch Luft nach oben. Ihr Label Buback will der Sauna den Raum
       für eine künstlerische Entwicklung auch künftig geben.
       
       In derselben Stadt, aber in einer ganz anderen Sphäre unterwegs ist indes
       das Elektronikprojekt H. Das Trio besteht aus Leo Hopfinger und Tom
       Simonetti, – beide sind seit Längerem auch als Rhythm Police mit einem
       eigenwilligen Sound zwischen Funk und Disco Sound unterwegs.
       
       Für H haben sie sich mit Albert Pöschl zusammengetan. Der Produzent ist
       eine der prägenden Figuren der Münchner Undergroundszene. Seit 1999
       betreibt er das Label [3][Echokammer], um das sich mittlerweile ein
       Netzwerk aus MusikerInnen gebildet hat. Zum Label gehört auch ein Studio,
       das in einem umgebauten Gartenschuppen residiert. Für die meisten Projekte
       des Labels ist Pöschl auch als Arrangeur oder Produzent tätig, etwa für The
       Grexits, [4][Das weiße Pferd] und Dis*ka. Als H haben Hopfinger, Simonetti
       und Pöschl im Echokammer Studio wild herumexperimentiert. Dabei ist nun das
       gleichnamige Album entstanden mit neun Tracks, die sich eher als Skizzen
       denn Songs entpuppen.
       
       Simonetti und Hopfinger steuern Drums und Bass bei, während Pöschl am
       Synthesizer schraubt und alles durch Sequenzer und Effekte jagt. Auch der
       Gesang ist so verfremdet, dass er mehr als weiteres Instrument dient, denn
       als Stimme, die Botschaften überbringt. Dazu tauchen Fieldrecordings auf,
       Vogelgezwitscher und das Läuten einer Kirchenglocke. Permanent knackst und
       knistert, fiept und blubbert diese Klangsuppe. Durch Pöschls Eingriffe am
       Mischpult und einen barocken Gebrauch von Hall, ließe sich „H“ noch am
       ehesten als experimentelles [5][Dub-Album] bezeichnen. Manche Melodien
       verfangen dabei beim Hören.
       
       Wenn Die Sauna also Songs für ewige Indie-Stenze komponiert, dann
       produziert H eher Tracks für die Zauseln. Beide Jackengruppen sind wichtige
       Bestandteile der lokalen Münchner Musikszene.
       
       19 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=tOmEnU0r4Es
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=JPAy-Lnyzkc
 (DIR) [3] http://www.echokammer.de/
 (DIR) [4] https://www.youtube.com/watch?v=orFvb_h0N_E
 (DIR) [5] http://www.echokammer.de/mp3/Im_Keller.mp3
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Niklas Münch
       
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