# taz.de -- Chinas neuer Airport: So geht Hauptstadtflughafen
       
       > In Peking-Daxing stampften sie den „Seestern“ genannten Airport in fünf
       > Jahren aus dem Boden. Die Zahl der chinesischen Touristen steigt und
       > steigt.
       
 (IMG) Bild: Der „Seestern“: das Terminalgebäude des neu gebauten Daxing International Airport in Peking
       
       Peking taz | Bauarbeiter mit gelben Helmen kratzen noch die letzten Reste
       der Schutzfolie des neuen Gepäckbands ab. Ein paar Meter weiter poliert
       eine Putzkolonne die Scheiben der Rolltreppen. Aus einem Sicherheitskasten
       hängen zwar noch ein paar Kabel heraus. Aber das ist nichts im Vergleich zu
       dem Kabelgewirr, das bis vor Kurzem beim nach wie vor [1][nicht eröffneten
       Hauptstadtflughafen BER] in Berlin zu finden war.
       
       Und während der für 2020 vorgesehene BER-Eröffnungstermin wieder auf der
       Kippe steht, ist an der Eröffnung des neuen Pekinger Flughafens Daxin nicht
       mehr zu rütteln. Der Probebetrieb läuft – und zwar so gut, dass die
       chinesische Fluggesellschaft China United Airlines bereits den Flugbetrieb
       vor der offiziellen Eröffnung aufnehmen darf. „Wir stehen unmittelbar vor
       dem Umzug zum internationalen Flughafen Peking Daxing“, gab Liu Beige,
       Vizechef von China United Airlines, Anfang Juli bekannt. „Alles steht
       bereit.“
       
       Pekings neuer Flughafen liegt im Stadtbezirk Daxing, 67 Kilometer südlich
       des Stadtzentrums. Bei der Eröffnung ist er mit den vier fertiggestellten
       Start- und Landebahnen zunächst für bis zu 45 Millionen Passagiere
       ausgelegt. In einer zweiten Ausbaustufe bis 2025 soll er Kapazitäten für 72
       Millionen bieten. Bis die dritte Ausbaustufe 2040 mit dann acht Start- und
       Landebahnen fertig ist, wird er 130 Millionen Fluggäste im Jahr abfertigen
       können.
       
       Im Dezember 2014 war Spatenstich – keine fünf Jahre später ist der
       „Seestern“, wie er im Volksmund wegen seiner sechs charakteristischen
       Seitenarme heißt, vollendet. Der besondere Clou an dieser Architektur: Mit
       den fünf fast gleich langen Seitenarmen ist der Laufweg zu jedem Flugsteig
       nie länger als 600 Meter. Die Gestaltung des neuen Flughafenterminals
       erfolgte durch das Büro der 2016 verstorbenen britischen Stararchitektin
       Zaha Hadid. 200.000 Kubikmeter Stahl und 100.000 Kubikmeter Beton wurden
       für das Bauwerk verbaut.
       
       Umgerechnet rund 12 Milliarden Euro hat das Bauprojekt gekostet. Auch das
       liegt im Plan. Der offizielle Eröffnungstag ist nur deswegen erst Ende
       September, weil die kommunistische Regierung am 1. Oktober den 70.
       Jahrestag der von ihr ausgerufenen Volksrepublik begeht. Die Eröffnung des
       neuen Flughafens ist Teil der Feierlichkeiten.
       
       Dabei hat Peking im Nordosten der Stadt bereits einen Großflughafen. 2008
       hatte die chinesische Führung pünktlich zu den Olympischen Spielen mit dem
       dritten Terminal bereits eins der größten Flughafengebäude der Welt
       errichtet. Damals hatten ausländische Journalisten gelästert: „Viel zu
       groß, viel zu überdimensioniert.“
       
       Pekings Passagieraufkommen hat sich seitdem fast verdoppelt. Und längst
       platzt der bestehende Flughafen aus allen Nähten. Angefragte Flugrouten
       müssen abgelehnt werden, weil dort mit 100 Millionen Passagieren im
       vergangenen Jahr schon mehr Fluggäste starteten und landeten, als
       zugelassen sind. Pekings alter Flughafen soll denn auch keineswegs
       aufgegeben werden, sondern parallel zum neuen Flughafen in vollem Ausmaß
       weiter in Betrieb bleiben.
       
       So gigantisch das Vorhaben klingt – der Bedarf wird weiter ansteigen. An
       Urlaubsorten weltweit stöhnen die Menschen bereits über den Ansturm
       chinesischer Touristen. Doch das war erst der Anfang. Seit 2014 stellt die
       chinesische Führung überhaupt erst Reisepässe in größerer Zahl aus. 130
       Millionen Chinesen reisten im vergangenen Jahr als Touristen ins Ausland.
       Das sind nicht einmal 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. Aus Gründen einer
       unzureichenden Infrastruktur hat die Regierung nicht auf einen Schlag allen
       ihren Bürgern Pässe ausstellt.
       
       Warum aber sind die Chinesen imstande, Großprojekte wie Flughäfen sehr viel
       zügiger zu errichten als die meisten westlichen Demokratien? Sheng
       Guangyao, Stadtforscher der Akademie der Sozialwissenschaft in Schanghai,
       erklärt das mit unterschiedlichen Entwicklungsstufen. „Europa ist
       entwickelt und hat es vielleicht nicht mehr so eilig“, vermutet er.
       
       Dass in China vieles an Baumaßnahmen schneller geht, dürfte aber noch einen
       anderen Grund haben: Flughäfen haben häufig höchste Priorität.
       Bürokratische Hürden räumt die autoritäre Führung rigoros aus dem Weg. Beim
       Bau des neuen Pekinger Flughafens rückten die Planierraupen bereits an, als
       die breite Öffentlichkeit noch gar nicht darüber informiert war. Für den
       neuen Internationalen Flughafen in Peking-Daxing wurden Dutzende Dörfer dem
       Erdboden gleichgemacht. Die Anwohner wurden zwar entschädigt. Eine Wahl
       hatten sie aber nicht.
       
       7 Aug 2019
       
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