# taz.de -- Neues Siegel für faire Textilien: Grüner Knopf kommt im September
       
       > Entwicklungsminister Müller startet das staatliche Siegel für faire und
       > ökologische Textilien. Die Kampagne für saubere Kleidung ist skeptisch.
       
 (IMG) Bild: Das neue Siegel „Grüner Knopf“ zeichnet faire und ökologische Produktion von Kleidern aus
       
       Berlin taz | Viele haben bezweifelt, dass Entwicklungsminister Gerd Müller
       es schafft. Nun kommt das staatliche Textilsiegel [1][Grüner Knopf]
       tatsächlich. Am 9. September will der CSU-Politiker das Zertifikat
       offiziell vorstellen. Es soll Verbraucherinnen und Verbraucher animieren,
       Kleidung zu kaufen, die nach höheren sozialen und ökologischen Standards
       gefertigt wurde. Der Grüne Knopf wird in den Geschäften an einzelnen
       Produkten zu finden sein. Die Kampagne für Saubere Kleidung bezweifelt
       dagegen weiterhin, dass das Siegel hält, was es verspricht.
       
       „Der Grüne Knopf startet ab sofort und kann von allen interessierten
       Unternehmen beantragt werden“, heißt es in einem Schreiben des
       Entwicklungsministeriums (BMZ) an Unternehmen, das dieser Zeitung vorliegt.
       „Mehrere Dutzend Firmen“ hätten das Zertifikat inzwischen angefordert.
       Darunter seien große und kleine Textilhändler. Wesentlich mehr, auch
       ausländische, sollen [2][Interesse haben]. In der Vergangenheit hat unter
       anderem Tchibo Sympathie für das Vorhaben bekundet.
       
       Das Ministerium hat den Grünen Knopf beim Deutschen Patent- und Markenamt
       in München samt Satzung und Kriterienraster eintragen lassen. Beides ist
       auf der dortigen Internetseite nachzulesen. Der Grüne Knopf ist nun ein
       „globales Siegel mit staatlicher Überwachung“. Prüfstellen wie der TÜV
       kontrollieren Firmen, die mitmachen. Nicht nur Kleidung wie Jeans, T-Shirts
       oder Sakkos können das Zeichen erhalten, sondern viele weitere
       Textilprodukte wie Teppiche, Gardinen, Campingmatratzen, Taschen, Decken
       oder Operationskittel.
       
       In der Einführungsphase, die bis Ende Juni 2021 reicht, müssen die
       Unternehmen erstmal nur höhere Standards für die beiden letzten
       Produktionsschritte nachweisen, das Nähen und Färben der Stoffe. Später
       will man die Anforderungen ausdehnen bis zum Anbau der Baumwolle. Um
       mitzumachen, sollen die Firmen jeweils 20 Kriterien erfüllen.
       
       Ein in Deutschland ansässiger Händler müsste beispielsweise einen
       Beschwerdemechanismus einrichten, damit auch die Arbeiterinnen und Arbeiter
       der Zulieferfabriken in Kambodscha ihre Sorgen so vorbringen können, dass
       die Zentrale sie wahrnimmt. Damit sollen international gültige
       Menschenrechte wie die Gewerkschaftsfreiheit vorangetrieben werden.
       
       ## Firmen weisen Standards mit Privatsiegeln nach
       
       Zusätzlich sind 26 Produktkriterien für das jeweilige Kleidungsstück zu
       erfüllen, das ausgezeichnet wird. In der asiatischen Zulieferfabrik müssen
       zum Beispiel ausreichend Feuerlöscher hängen, bestimmte
       gesundheitsschädliche Chemikalien sind verboten, Gewerkschaftsfreiheit,
       gesetzmäßige Arbeitszeiten und Mindestlohn zu gewährleisten. Diese
       Kriterien weisen die Firmen nach, indem sie bereits über private Sozial-
       und Öko-Siegel verfügen, etwa Gots, IVN Best, Blauer Engel, Oekotex,
       Fairtrade oder Fair Wear Foundation.
       
       Unter anderem an diesem Kriterienkatalog übt die [3][Kampagne für Saubere
       Kleidung] Kritik. Es sei falsch, wenn sich der Staat auf Bewertungsraster
       privater Organisationen stütze. So werde augenblicklich nur verlangt, dass
       Zulieferarbeiter die staatlich festlegten, aber oft zu niedrigen
       Mindestlöhne der Produktionsländer erhalten. Eine sozial nachhaltige
       Herstellung erfordere stattdessen existenzsichernde Löhne, die doppelt oder
       dreifach so hoch seien. Dazu sagte Müllers Sprecher Olaf Deutschbein, das
       Kriterium „Mindestlohn“ gelte nur für die Einführungsphase bis 2021. In der
       Satzung des Grünen Knopfes sind existenzsichernde Gehälter als Ziel
       genannt.
       
       Noch will die Kritikerkampagne das Siegel jedoch nicht abschließend
       bewerten. Ähnlich sieht es der Verband der Naturtextilfirmen (IVN). Der
       Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie lehnt das Vorhaben
       hingegen ab: „Das Konzept bleibt unausgegoren, steht auf wackligen Füßen
       und schafft jede Menge Bürokratie“, sagte Geschäftsführer Uwe Mazura. „Es
       macht den Eindruck, als solle der Grüne Knopf jetzt endlich irgendwie auf
       die Straße gebracht werden, das kann nur schief gehen.“
       
       2 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neues-Siegel-fuer-faire-Kleidung/!5587302
 (DIR) [2] /Sozial--und-umweltfreundliche-Kleidung/!5603748
 (DIR) [3] https://saubere-kleidung.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
 (DIR) nachhaltige Kleidung
 (DIR) Siegel
 (DIR) Nachhaltigkeit
 (DIR) nachhaltige Kleidung
 (DIR) Fair Cloth
 (DIR) Arbeitsbedingungen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Grüner-Knopf-Siegel für faire Bekleidung: Müllers Grüne-Socken-Kampagne
       
       Schwarze Schrift und anstelle des „o“ ein grüner Knopf: So sieht das neue
       Siegel für fair hergestellte Textilien vor. Aber was genau ist „fair“?
       
 (DIR) Sozial- und umweltfreundliche Kleidung: Großes Interesse am Grünen Knopf
       
       Entwicklungsminister Gerd Müller verschiebt den Start des neuen Siegels auf
       September – angeblich wegen zu großen Andrangs.
       
 (DIR) Neues Siegel für faire Kleidung: Grüner Knopf stößt auf Skepsis
       
       Unternehmen erwägen die Einführung des neuen staatlichen Siegels für
       nachhaltige Textilien. Doch hält es auch was es verspricht?
       
 (DIR) Tchibo-Managerin über Textilbündnis: „Freiwilligkeit Einzelner reicht nicht“
       
       Nanda Bergstein unterstützt den Gesetzentwurf für Sorgfaltspflichten von
       Firmen. Beim staatlichen Textilsiegel „Grüner Knopf“ hat sie Bedenken.