# taz.de -- Italiens Innenminister in Erklärungsnot: Krach wegen Moskau-Affäre
       
       > Hat sich die Lega um russische Gelder bemüht? Die Fünf-Sterne-Bewegung
       > will dazu eine Stellungnahme. Doch Matteo Salvini lenkt von den Vorwürfen
       > ab.
       
 (IMG) Bild: Keine Lust auf Erklärungen: Italiens Innenminister Matteo Salvini
       
       Rom taz | Hat die Lega des italienischen Innenministers Matteo Salvini nun
       ein Russia-Gate an der Backe, oder ist alles nur „Geschwätz“, wie der
       Minister behauptet? Die Frage, ob die Lega sich im Vorfeld der Europawahlen
       im Mai [1][um russische Gelder in Millionenhöhe bemüht hat], bringt nicht
       nur die Opposition in Rom auf die Barrikaden. Sie sorgt auch in der
       Regierung für scharfe Konflikte zwischen der Lega auf der einen, dem
       Koalitionspartner von der Fünf-Sterne-Bewegung und Ministerpräsident
       Giuseppe Conte auf der anderen Seite. Denn Salvini hat keinerlei Lust, sich
       vor dem Parlament zu erklären, während seine Koalitionspartner an der Seite
       der oppositionellen Partito Democratico ebendies fordern.
       
       Letzte Woche [2][veröffentlichte die News-Website Buzzfeed ein
       Abhörprotokoll], aufgenommen am 18. Oktober 2018 im Moskauer Hotel
       Metropol. Dort verhandelten drei Italiener, vorneweg Salvinis Berater für
       russlandpolitische Fragen Gianluca Savoini, mit drei Russen über ein
       milliardenschweres Ölgeschäft, bei dem etwa 65 Millionen Dollar für die
       Lega abfallen sollen.
       
       Gegen Savoini ermittelt die Mailänder Staatsanwaltschaft deshalb jetzt
       wegen internationaler Korruption. Bei einem ersten Anhörungstermin am
       Montag machte der allerdings von seinem Recht auf Aussageverweigerung
       Gebrauch.
       
       Das gleiche Recht – oder auch das Recht, sich einfach dumm zu stellen –
       nimmt derweil auch Lega-Chef Salvini in Anspruch. Savoini? Der habe bloß
       für sich selbst, ganz gewiss nicht für die Lega gesprochen. Die Partei habe
       nie einen Rubel oder auch nur eine Flasche Wodka aus Russland erhalten. Und
       die Tatsache, dass Savoini im Oktober 2018 an der Seite Salvinis zu einer
       italienisch-russischen Veranstaltung gefahren war, habe nichts zu bedeuten
       – der Mann, der der „Vereinigung Lombardei-Russland“ vorsteht, habe
       jedenfalls nicht zur offiziellen Delegation gehört.
       
       ## Er habe nichts zu erklären
       
       Auch die Frage, was Savoini bei dem Dinner machte, das Italiens
       Ministerpräsident am 4. Juli 2019 in Rom für Wladimir Putin gab, wischt
       Salvini beiseite. Er jedenfalls habe den Russlandlobbyisten nicht
       eingeladen. Ministerpräsident Giuseppe Conte allerdings blamierte Salvini
       umgehend; er ließ eine Erklärung veröffentlichen, in der es heißt, Salvinis
       Berater für Internationales habe Savoinis Einladung verlangt.
       
       Deshalb sieht die Opposition Erklärungsbedarf. Die gemäßigt linke Partito
       Democratico (PD) verlangt, dass Salvini sich einer Aussprache in beiden
       Häusern des Parlaments stellt. Davon will der Innenminister jedoch nichts
       wissen. Er habe nichts zu erklären, gibt er zurück, zu „Klatsch“ und
       „Geschwätz“ werde er nicht Stellung nehmen.
       
       Daraufhin unterbrachen am Dienstagabend die PD-Abgeordneten die Sitzung des
       Ausschusses für Verfassungsfragen im Abgeordnetenhaus und besetzten den
       Saal. Ein PD-Parlamentarier hielt im Plenum seine Rede auf Russisch –
       „vielleicht versteht Salvini dann ja“.
       
       ## „Wir schulden den Bürgern Transparenz“
       
       Doch auch Ministerpräsident Conte macht jetzt Druck auf Salvini; mit den
       Worten „Wir schulden den Bürgern Transparenz“ macht er sich die Forderung
       zu eigen, der Minister solle dem Parlament berichten. Die gleiche Linie
       verfolgt die Fünf-Sterne-Bewegung. Einer ihrer prominentesten Frontleute,
       Alessandro Di Battista, bezeichnet Salvini rundheraus als „Lügner“ und
       teilt mit, seine „Verteidigung im Fall Russland“ sei einfach „lächerlich“.
       
       Statt sich zu dem Vorwurf zu äußern, er missachte das Parlament, zündete
       Salvini eine weitere Nebelkerze. Nachdem am Montag in Norditalien drei
       Männer verhaftet worden waren, die nicht nur Gewehre, sondern auch eine
       Luft-Luft-Rakete gehortet hatten, erklärte Salvini, mit der Rakete sei ein
       Anschlag „von Ausländern“ gegen ihn geplant gewesen, doch er mache „ohne
       Angst“ weiter.
       
       Die „Ausländer“ – ohne seine Lieblingsfeinde tut Salvini es nicht –
       allerdings sind drei Neonazis, zwei Italiener und ein Schweizer, und sie
       teilen mit Salvini wenigstens die Freundschaft zu Russland: Sie bewegten
       sich in Kreisen, die Söldner in den Donbass entsandten, um dort an der
       Seite der Russen gegen die Ukraine zu kämpfen. Die Polizei wiederum
       erklärte, sie habe keinerlei Beleg für ein geplantes Attentat auf den
       Innenminister, dessen Lega ihrerseits kaum Berührungsängste zu jenem
       rechtsextremen Milieu kennt, aus dem die vorgeblichen Attentäter stammen.
       
       17 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Salvinis-Lega-Partei-unter-Verdacht/!5611606
 (DIR) [2] https://www.buzzfeednews.com/article/buzzfeednews/transcript-lega-russia-oil-deal-meeting
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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