# taz.de -- Massenproteste in Hongkong: Hongkongs Journalisten wehren sich
       
       > Seit Wochen wird in Hongkong gegen die Regierung demonstriert. Für die
       > Presse wird das immer gefährlicher – jetzt protestieren die Journalisten.
       
 (IMG) Bild: 1.500 Menschen forderten das Ende der Gewalt gegen Reporter
       
       In der autonomen südchinesischen Sonderzone Hongkong wird seit Wochen
       heftig gegen ein umstrittenes Auslieferungsgesetz und die pekinghörige
       lokale Regierung demonstriert. [1][Die Massenproteste in Hongkong] sind
       meist friedlich, doch kam es auch schon mehrfach zu Zusammenstößen mit der
       Polizei, wie am letzten Wochenende im Vorort Shatin. Die Beamten treten
       immer aggressiver auf. Der Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken hat
       zugenommen. Auch wurden schon Gummigeschosse eingesetzt, was früher in
       Hongkong undenkbar war.
       
       Stets berichten Hongkongs Journalisten von vorderster Front. Dabei tragen
       die Reporter und Pressefotografen inzwischen Helme, Schutzbrillen und
       neongelbe Warnwesten mit der Aufschrift „Presse“ in Englisch und in
       chinesischen Langzeichen. Trotz ihrer deutlichen Kennzeichnung werden
       Journalisten immer wieder zur Zielscheibe von Gewalt der Polizei und
       vereinzelt auch von Demonstranten. Bereits seit einigen Wochen wehren sie
       sich, darauf bestehend, dass die Pressefreiheit zu den Versprechen gehört,
       die mit der Rückgabe der früheren Kronkolonie [2][an China] 1997 nach der
       Formel „ein Land, zwei Systeme“ gegeben wurde. In Honkong sind die Medien
       weiterhin freier als die auf dem chinesischen Festland. Doch sehen alle
       Beobachter eine Verschlechterung.
       
       Aus Protest gegen die Polizeiübergriffe erschienen kürzlich die
       Berichterstatter auf einer Pressekonferenz im Polizeipräsidium mit
       aufgesetzten Helmen und in grellen Warnwesten. Hongkongs
       Journalistenverband HKJA beschwerte sich offiziell in 27 Fällen über
       Angriffe auf gekennzeichnete Journalisten. Zehn Fälle betrafen den
       gezielten Beschuss einzelner Journalisten mit Tränengas, drei Fälle
       Schlagstockeinsatz gegen Pressevertreter, ein Fall Beschuss mit
       Gummischrot und die restlichen Fälle das Stoßen, Schubsen und Wegdrängen
       mit Polizeischildern.
       
       ## In Trauerkleidung auf die Straße
       
       Weil Journalistenvertreter auch nach einem Gespräch mit der Polizeiführung
       nicht beruhigt waren, riefen sieben Medienorganisationen zu einem
       Schweigemarsch am letzten Sonntag auf. „Immer wieder müssen Journalisten um
       ihre eigene Sicherheit kämpfen“, heißt es im Aufruf. „Die Ironie ist, dass
       die Hauptquelle der Bedrohung von den Gesetzeshütern vor Ort ausgeht.“
       1.500 in schwarze Trauerkleidung gehüllte Journalisten zogen zum
       Polizeipräsidium und forderten das Ende der Gewalt gegen Reporter und eine
       Untersuchung bisheriger Fälle. „Journalisten mit Tränengas zu beschießen
       ist völlig inakzeptabel“, sagte der HKJA-Vorsitzende Chris Yeung.
       
       Parallel dazu startete HKJA eine Crowdsourcing-Plattform im Internet für
       einen Schutzfonds. Der soll Journalisten unterstützen, sich gerichtlich
       gegen Übergriffe und Schikanen zu wehren. Doch brachten Unbekannte laut
       HKJA sogleich eine gefälschte Plattform in Umlauf, offenbar um die Aktion
       zu torpedieren.
       
       HKJA protestierte aber auch gegen Einschüchterungen eines Kamerateams des
       Peking-freundlichen Hongkonger Senders TVB am letzten Wochenende in Shatin.
       In Anlehnung an Chinas Zentralfernsehen CCTV, ein Propagandaorgan der
       Kommunistischen Partei, wird TVB in Hongkong als CCTVB verspottet. Seit
       1997 hat China durch Kapitalbeteiligungen immer stärker Einfluss auf
       Hongkongs Medien gewonnen. So gehört die einflussreiche englischsprachige
       South China Morning Post seit 2016 dem IT-Konzern Ali Baba des chinesischen
       Tycoons Jack Ma. Schon vor dem Eigentümerwechsel hatten immer mehr
       Peking-kritische Journalisten das Blatt verlassen.
       
       Bedrohte ab 1997 vor allem Selbstzensur [3][Hongkongs Pressefreiheit], so
       löste inzwischen auch die Regierung wie etwa mit der faktische Ausweisung
       des Financial-Times-Journalisten Victor Mallet im Oktober 2018 Ängste aus.
       Er hatte als amtierender Vorsitzender des Clubs der Auslandskorrespondenten
       eine Diskussion mit dem Vertreter einer inzwischen verbotenen
       Splitterpartei geleitet, die Hongkongs Unabhängigkeit anstrebt. Im Ranking
       der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt Hongkong inzwischen auf
       Platz 70 von insgesamt 180 Staaten. Zehn Jahre zuvor war es noch Rang 48
       gewesen.
       
       17 Jul 2019
       
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 (DIR) Sven Hansen
       
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