# taz.de -- Studie zum Dänemark-Tunnel: Totes Pferd im Belt
       
       > Ein Verkehrsgutachten verneint den Bedarf für den geplanten
       > Ostsee-Tunnel. Bundesregierung räumt erstmals Kostensteigerung ein.
       
 (IMG) Bild: Blaues Kreuz: Zeichen des Protests gegen die Fehmarnbelt-Querung.
       
       Für den geplanten Straßen- und Schienentunnel im Fehmarnbelt gibt es keinen
       verkehrlichen Bedarf. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Hamburger
       Verkehrsberatungsbüros Hanseatic Transport Consultancy (HTC) im Auftrag des
       Naturschutzbundes (Nabu), das am Donnerstag vorgestellt wurde. Das
       Gutachten ist Teil der Begründung der Klagen, die der Nabu gegen die
       Tunnelpläne vor dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht hat.
       
       Gleichzeitig räumt die Bundesregierung erstmals offiziell ein, dass der
       Ausbau von Straßen und Schienen zwischen Fehmarn und Lübeck, die sogenannte
       Hinterlandanbindung der Fehmarnbelt-Querung, deutlich teurer wird. In einem
       aktuellen Bericht des Bundesverkehrsministeriums, welcher der taz nord
       vorliegt, wird erstmals die Summe von 2,8 Milliarden Euro genannt. Bislang
       war von lediglich 850 Millionen Euro die Rede gewesen.
       
       Der Bundesrechnungshof hatte im vorigen Jahr die veralteten Zahlen
       kritisiert und eine realistische Neuberechnung gefordert. Die liegt nun vor
       – allerdings ohne eine neue Fehmarnsund-Brücke, die noch nicht kalkuliert
       ist. „Damit wird man bei 3,5 bis 4 Milliarden Euro landen“, kommentiert
       Schleswig-Holsteins grüner Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz: „Die
       Fehmarnbelt-Querung ist ein totes Pferd.“
       
       Die Fehmarnbelt-Querung besteht aus einem 18 Kilometer langen Straßen- und
       Schienentunnel zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn. Er soll in einem
       auszuhebenden Meeresgraben versenkt werden, der etwa 60 Meter breit und 20
       Meter tief werden muss. Die Kosten von aktuell 7,4 Milliarden Euro will
       Dänemark allein bezahlen und über etwa 36 Jahre aus Mauteinnahmen
       refinanzieren.
       
       ## Volkswirtschaftlich unsinnig
       
       Das kann das Königreich sich sparen, findet HTC-Gutachter Thomas Rössler.
       Er konnte in seiner 102-seitigen Expertise keinen Verkehrsbedarf für den
       Tunnel errechnen. „Aus volkswirtschaftlicher Sicht verbietet sich ein
       solches Projekt“, schreibt Rössler. Es seien „für die Landverkehrsträger
       keine Trends zu erkennen, die auf nennenswertes Wachstum bei
       internationalen Verkehren hinweisen, aus dem sich wiederum ein berechtigter
       Anspruch auf ‚mehr Infrastruktur‘ in Form der Querung ableiten ließe“.
       
       Der Grundfehler in den Planungen der staatlich-dänischen
       Realisierungsgesellschaft Femern A/S seien „überholte Zahlen und
       Argumente“. So habe der Güterverkehr zwischen Deutschland, Dänemark und
       Schweden seit der Weltwirtschaftskrise abgenommen. Außerdem würden große
       Containerfrachter aus Ostasien kommend inzwischen nach Göteborg, Kopenhagen
       und Stockholm fahren. Immer weniger Container würden in Rotterdam oder
       Hamburg auf LKWs und Güterzüge nach Nordeuropa umgeladen.
       
       Und schließlich würden Digitalisierung und 3-D-Druck spätesten in der
       2030er-Jahren, wenn der Tunnel frühestens in Betrieb gehen könnte, „die
       Güterströme und Produktionsstrukturen im westlichen Bereich der Ostsee
       massiv ändern“, warnt Rössler. „Die Tunnelpläne spiegeln altes Denken und
       alte Industrien.“
       
       „Das Urteil der Verkehrsexperten kommt einem Todesstoß für die feste
       Fehmarnbelt-Querung gleich. Das Vorhaben atmet den Geist des 20.
       Jahrhunderts und darf heute, wo Klimafragen und neue Mobilitätsformen immer
       wichtiger werden, auf keinen Fall gebaut werden“, sagt
       Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
       
       „Die Verkehrsprognose beruht auf nachhaltigen Annahmen und ist immer noch
       realistisch“, beharrt hingegen Inga Karten, die Pressesprecherin von Femern
       A/S in Deutschland. Anders sehen das die Beltretter, der Dachverband der
       Initiativen gegen den Ostsee-Tunnel. „Die Planungen“, sagt ihre Sprecherin
       Karin Neumann, „strotzen nur so vor Mängeln.“
       
       11 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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