# taz.de -- HIV-Infektionen in Pakistan: Handel mit gebrauchten Spritzen
       
       > In Südpakistan zeigt ein Anstieg von HIV-Infektionen bei Kleinkindern
       > Probleme in der Gesundheitsversorgung. Frauen leiden unter der
       > Stigmatisierung.
       
 (IMG) Bild: Ein pakistanischer Arzt testet in der Südprovinz Sindh Dorfbewoherinnen auf HIV
       
       Mumbai taz | Bisher war die Region Larkana in der südpakistanischen Provinz
       Sindh wenig bekannt. Das änderte sich Ende April: Da wurde berichtet, dass
       sich dort immer mehr Kinder mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV)
       angesteckt hatten.
       
       Die Zahlen steigen weiter. Inzwischen sind dort mehr als 600 Kinder
       HIV-positiv getestet worden, die meisten zwischen zwei und fünf Jahre alt.
       Auch sind mehr als 130 Erwachsene betroffen.
       
       „Erste Untersuchungen zeigen, dass gebrauchte Spritzen umgepackt werden,
       was nicht nur die Zahl der HIV-Fälle, sondern auch die Verbreitung anderer
       Krankheiten erheblich steigern kann“, erklärte Gesundheitsminister Zafar
       Mirza in der Hauptstadt Islamabad.
       
       Der Mangel an staatlichen Krankenhäusern hatte auf dem Land zu einem Boom
       privater Praxen geführt. Doch seit den HIV-Vorfällen wurden im Sindh 300
       solcher Praxen geschlossen.
       
       ## Viele verstehen gar nicht, womit sie angesteckt wurden
       
       Gesundheitsexpert*innen vermuten, dass die Vorfälle in Larkana nur Symptom
       einer landesweiten Gesundheitskrise sind. Die Fälle seien alarmierend, sagt
       Maryam Yunus, die mit einem Expertenteam der Weltgesundheitsorganisation
       (WHO) nach Larkana reiste. Doch die wirkliche Katastrophe sei, dass viele
       gar nicht verstünden, womit sie angesteckt wurden.
       
       HIV ist in Pakistans ländlichen Gebieten ein Tabu. 26.000 Menschen seien
       bisher getestet worden, doch nicht alle ließen sich in Gesundheitszentren
       untersuchen, erklärt Yunus. „Auf 80 Frauen kommen etwa nur zwei bis drei
       Männer.“ Deshalb könnte die Zahl der Infizierten viel höher liegen.
       
       Die Behörden nahmen noch im April einen fahrlässigen Kinderarzt fest, der
       offenbar selbst HIV-positiv ist. Er soll Spritzen wiederverwendet und so
       Patienten angesteckt haben. Gegen ihn läuft ein Verfahren.
       
       ## Großes Unwissen bei der Hygiene
       
       Doch Yunus glaubt nicht, dass das Fehlverhalten einer Person allein der
       Grund für so viele Ansteckungen ist. Zu den Risikofaktoren gehörten auch
       ungetestete Blutkonserven, nicht steril arbeitende Zahnärzte, geteilte
       Rasierklingen und Unwissen über Hygiene wie über sexuell übertragbare
       Krankheiten.
       
       Unter der Stigmatisierung von HIV/Aids litten besonders Frauen, sagt Yunus.
       Kürzlich wurde eine HIV-positive Frau von ihrem Mann ermordet, der sie des
       Fremdgehens beschuldigte. Eine HIV-Infektion und der Ausbruch von Aids
       würden oft gleichgesetzt. Sie resultierten aus „unmoralischem Verhalten“,
       so der Aberglaube, wie von gleichgeschlechtlichem oder außerehelichem
       Geschlechtsverkehr.
       
       Gerade auf dem Land gebe es laut Yunus zweifelhafte Kliniken und Heiler,
       weil sich viele ärmere Patient*innen keine Behandlung in einem „richtigen“
       Krankenhaus leisten könnten. Doch gäbe es nicht selten Transfusionen mit
       verseuchtem Blut. Nun brauche es Aufklärung über die Übertragung und
       Behandlung, sagt Yunus.
       
       ## Nur wenige HIV-Positive sind registriert
       
       Die Regierung bemüht sich um Transparenz, auch weil sie auf internationale
       Gelder angewiesen ist, um HIV in Schach zu halten. Laut Regierung leben
       165.000 HIV-positive Menschen in Pakistan. Doch sind davon nur 24.000
       Menschen registriert. 17.000 Betroffene erhalten derzeit eine
       antiretrovirale Therapie (ART). Pakistan galt als Land mit niedriger
       HIV-Rate, doch die Neuinfektionen unter jungen Menschen hat seit 2010 um 29
       Prozent zugenommen.
       
       „Die Krise von Lakarna könnte sich in anderen Regionen wiederholen“,
       fürchtet Werner Buehler von der Organisation The Global Fund, die weltweit
       Maßnahmen gegen Aids, Tuberkulose und Malaria finanziert. Die steigenden
       HIV-Behandlungszahlen in Pakistan zeigten, dass die Infektionsrate höher
       sein müsse als bisher angenommen: „Wir sehen in diesem Ausbruch in Larkana
       die Spitze eines Eisbergs.“
       
       11 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Natalie Mayroth
       
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