# taz.de -- Neue Verbündete im Libyen-Konflikt: Schillernde Rebellenallianz
       
       > In Libyen stellt sich eine Konfliktpartei auf einen langen Krieg ein.
       > Wegen der Ursache ist die UN uneinig. Es geht auch um wirtschaftliche
       > Interessen.
       
 (IMG) Bild: Festgesetzte Haftar-Rebellen in der libyschen Stadt Sawija
       
       Tunis taz | Die Kämpfe im Süden der libyschen Hauptstadt Tripolis gehen mit
       unverminderter Härte weiter. Über 220 Tote und mehr als 1.000 Verletzte
       zählt mittlerweile die Weltgesundheitsorganisation WHO. Milizen auf der
       Seite des international anerkannten Premiers Fayez Serraj vermelden, die
       mehrheitlich aus Ostlibyen stammende Libysche Nationalarmee (LNA) von
       Feldmarschall [1][Chalifa Haftar aus Ain Zara und anderen Stadtteilen
       zurückgedrängt zu haben.]
       
       Im ostlibyschen Hauptquartier der LNA gibt man sich ebenfalls siegessicher,
       stellt die Familien der Soldaten jedoch auf einen langen Krieg ähnlich wie
       vor Jahren in der ostlibyschen Metropole Bengasi ein. Und ebenso wie einst
       in Bengasi rechtfertigt LNA-Sprecher Ahmed al-Mesmari auf seinen
       Pressekonferenzen auch den Angriff aus Tripolis mit der Anwesenheit
       terroristischer Gruppen. Der 72-jährige Haftar versucht, seinen vor fünf
       Jahren verkündeten Sturz der Islamisten, die nach der Revolution von 2011
       in staatlichen Institutionen Fuß fassen konnten, militärisch zu vollenden.
       
       Mit dieser Darstellung hofft das Haftar-Lager, Unterstützung zu gewinnen.
       Am Freitag bestätigte ein Sprecher des Weißen Hauses, dass der US-Präsident
       Haftars „Krieg gegen den Terror“ gutheiße. In einem Telefonat mit Haftar
       habe Donald Trump über die „gemeinsamen Visionen vom Übergang Libyens zu
       einem stabilen demokratischen politischen System“ gesprochen, hieß es.
       
       Mit der Parteinahme für die LNA schließt sich Washington der französischen
       und ägyptischen Anti-Islamisten-Strategie an. Spezialeinheiten beider
       Länder kooperieren seit 2014 mit der LNA, die vor zwei Jahren zusammen mit
       Bürgerwehren islamistische Gruppen aus Bengasi verjagt hatte und dabei
       Kriegsverbrechen beging.
       
       Von dem neuen Kurs in Washington, das bisher öffentlich immer den libyschen
       Premier Serraj unterstützte, war wohl auch das britische Außenministerium
       überrascht. In einer von Deutschland initiierten Libyen-Sondersitzung des
       [2][UN-Sicherheitsrats am Freitag scheiterte der britische Antrag], der
       ausschließlich Haftar für die Eskalation verantwortlich macht, am Veto
       Russlands und der USA.
       
       Während Großbritannien wohl wegen des in London angelegten libyschen
       Staatsfonds und jahrelanger guter Beziehungen zur Opposition gegen Gaddafi
       auf die Tripolis-Regierung setzt, hält auch Italien zur Regierung und
       verbündeten Milizen in Westlibyen – wegen der Interessen des staatlichen
       italienischen Ölkonzerns ENI. Die ENI-Ölinfrastruktur befindet sich
       westlich und südlich von Tripolis, Soldaten der ehemaligen Kolonialmacht
       Italien sind in der Hafenstadt Misrata stationiert. „Man hat uns aus Rom
       versichert, dass Misratas Flughafen von Haftars Luftwaffe nicht bombardiert
       wird“, sagt ein in der Präsidialgarde dienender Kommandeur aus Misrata.
       
       Wie sein Gegenspieler Serraj muss sich auch Haftar auf eine bunte Allianz
       von Mitstreitern verlassen. In seiner LNA kämpfen ostlibysche Gruppen, von
       Saudi-Arabien unterstützte Madkhali-Salafisten und Söldner aus dem Sudan.
       Bei der Offensive in Südlibyen vor drei Wochen begleiteten französische
       Militärberater LNA-Einheiten. Teilnehmer eines Treffens auf dem Flughafen
       Temenhint berichteten der taz von einem Treffen der zivil gekleideten
       Franzosen mit lokalen Toubou-Gruppen.
       
       ## Unklarheit über möglichen Waffenschmuggel
       
       In Tripolis kursierende Gerüchte von ägyptischen Soldaten auf der Seite der
       Haftar-Angreifer sind hingegen ebenso unbestätigt wie der Einsatz von
       Kampfflugzeugen und Drohnen der emiratischen Luftwaffe über Tripolis. Nach
       Berichten einer für den UN-Sicherheitsrat arbeitenden Expertengruppe
       unterstützen emiratische Experten die LNA-Luftwaffe auf dem Flughafen
       Al-Khadim bei Bengasi.
       
       Mindestens ein im syrischen Latakia gestartetes Transportflugzeug ist auf
       Bengasis internationalem Flughafen Benina gelandet, und im tunesischen
       Djerba, rund 100 Kilometer von der libyschen Grenze entfernt, wurde am
       vergangenen Mittwoch eine Militärmaschine aus Katar entladen. Ein Sprecher
       der tunesischen Regierung sprach von einem technischen Stopp, Angestellte
       des Flughafens bestätigten hingegen das Entladen und den Abtransport von
       Militärgerät.
       
       Der auf Waffenschmuggel an der libysch-tunesischen Grenze spezialisierte
       UN-Experte Moncef Kartas sitzt wegen Spionagevorwürfen seit drei Wochen in
       Haft. Die Recherche des Deutsch-Tunesiers und seiner Kollegen hatte im
       letzten Jahr den Bruch des UN-Waffenembargos gegen Libyens
       Bürgerkriegsparteien durch Ägypten und die Türkei offengelegt.
       
       23 Apr 2019
       
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