# taz.de -- Kommentar Umziehen mit Hartz IV: Kafka im Jobcenter
       
       > Der Staat will, dass Vermieter die Mieten alle drei Jahre erhöhen können.
       > Dann muss er aber auch Jobcentern erlauben, die Erhöhung mitzutragen.
       
 (IMG) Bild: Die Mietobergrenzen für Hartz IV hinken der Mietpreisentwicklung um Jahre hinterher
       
       Der Staat hat es sich 200 Millionen Euro kosten lassen, die Ämter von der
       Unternehmensberatung McKinsey in optimierte Bürokratiehöllen zu verwandeln,
       die schon bei ein paar Euro Überzahlung gegen Erwerbslose vor Gericht
       ziehen. Die Jobcenter, die jede Kleinigkeit in Akten vermerken, agieren im
       Verborgenen: Wie oft Menschen ihre Wohnung verlieren, [1][weil das Amt auf
       Senkung der Kosten pocht], wird nicht flächendeckend erfasst. Kafka im
       Jobcenter.
       
       Eine hohe Zahl an Bescheiden ist fehlerhaft, doch nur wenige Betroffene
       ziehen vor Gericht. Dort verlieren die Jobcenter zwar fast 40 Prozent ihrer
       Prozesse. Allerdings stellen sie manchmal gar nicht erst Bescheide aus. Man
       kann sie dann – kein Scherz – beantragen. Und nach der Räumung anfechten.
       
       Die Mietobergrenzen für Hartz IV hinken [2][der Mietpreisentwicklung] um
       Jahre hinterher. Kommunen erhöhen die Grenzen oft nur nach jahrelangem
       Streit, und dann auf Beträge, mit denen niemand mehr eine Wohnung findet.
       Doch selbst wenn: Die Prüfung der potenziellen Wohnung kann Wochen dauern,
       und von den wenigen Vermietern, die überhaupt Wohnungen an Hartz
       IV-EmpfängerInnen vermieten, verlieren viele die Geduld.
       
       Die Begründung von Städten wie Leipzig, die Mietobergrenzen für Erwerbslose
       aus Sorge vor Preissteigerung nicht mehr weiter zu erhöhen, ist wohlfeil.
       Wenn der Staat will, dass Vermieter die Bestandsmieten alle drei Jahre um
       bis zu 20 Prozent erhöhen können, muss er auch Jobcentern erlauben, die
       Erhöhung mitzutragen.
       
       Der Satz „In Deutschland muss niemand auf der Straße leben“ war schon immer
       falsch. In Zeiten explodierender Mieten bei [3][streng gedeckelten
       Obergrenzen für Hartz IV] ist er ein Skandal. Wenn Kommunen nicht noch mehr
       Obdachlose produzieren wollen, müssen sie reagieren und die
       Hartz-IV-Mietgrenzen jährlich pauschal und zusätzlich im Einzelfall
       anpassen. Bis endlich [4][eine wirksame Mietpreisbremse] verhindert, dass
       Menschen aus ihrem Zuhause verdrängt werden.
       
       28 Mar 2019
       
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