# taz.de -- europawahl: Fidesz: Die Suspendierung, die keine ist
       
       > Ambivalente Reaktionen in Ungarn auf Ausschluss der Orbán-Partei aus der
       > EVP
       
       Aus Budapest Gergely Márton
       
       „Die ungarische Regierungspartei suspendiert sich selbst“ – so titelte nach
       Viktor Orbáns größter Schlappe auf europäischem Parkett einer der
       ungarischen Propagandablogs, [1][Vadhajtások, ] am Mittwochabend. In Ungarn
       ist seitdem ein perfider Wettbewerb im Gange, wer von den Regierungsmedien
       die jüngsten Ereignisse am lächerlichsten schönreden kann.
       
       Was ist passiert? Dreizehn Parteien der EVP hatten den Antrag gestellt,
       Orbáns Regierungspartei Fidesz aus der Fraktion zu suspendieren
       beziehungsweise gänzlich auszuschließen. Grund war die einheimische
       Kampagne gegen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Milliardär
       George Soros. Es hat außerdem nicht eben geholfen, dass Orbán sie
       „nützliche Idioten“ nannte.
       
       Über den Antrag der 13 musste am Mittwoch in Brüssel abgestimmt werden. Der
       ungarische Ministerpräsident war vor Ort, wahrscheinlich, weil seine
       Verhandlungen mit anderen populistischen Parteien nach und nach
       fehlschlugen. Am Ende hatte er keine andere Wahl, als einzulenken. Um das
       Gesicht zu wahren, hat er die Suspendierung seiner Partei mitgetragen.
       Belgische Politiker wunderten sich nicht schlecht: Orbán hat ja zu dem
       Verfahren gesagt.
       
       Und dann kam es zur großen Freakshow in den ungarischen Medien. „Totaler
       Sieg Orbáns, die Migratenliebhaber haben verloren“, urteilte das Portal
       [2][Origo]. Man argumentierte, dass die europäische Linke sich den
       Ausschluss von Fidesz gewünscht hätte, doch dazu sei es nicht gekommen. Im
       Staatsfunk sagte ein Experte, Mittwoch sei der Schicksalstag von Manfred
       Weber gewesen, und am Ende wurde alles gut für den Spitzenkandidaten der
       EVP. Und eine Suspendierung ist keine Suspendierung, weil Fidesz das alles
       ja selbst gewollt habe.
       
       Doch wie man es auch dreht und wendet: Orbán zeigte Schwächen. Der
       Ministerpräsident versucht oft, sich als Heilmittel für die ungarischen
       Minderwertigkeitsgefühle darzustellen. Uns könne niemand mehr
       herumschubsen, verspricht er. Und dann unterläuft ihm diese Suspendierung,
       die mit einer Mehrheit von 190 zu 3 Stimmen innerhalb der EVP-Fraktion
       zustande kam. Die Opposition in Budapest wittert nun ihre Chance. Sie zielt
       dabei weniger auf Orbán. Ihr Ziel ist es, die Gefahr, die von der
       Regierungspartei ausgeht, dem Wahlvolk zu verkaufen: die Gefahr, die
       EU-Mitgliedschaft zu verlieren.
       
       Die Ungarn sind mehrheitlich proeuropäisch, und drauf achtet auch Orbán
       bislang penibel. Er ätzt gegen die Brüsseler Bürokratie, aber nicht gegen
       die EU an sich. So hat es bislang auch niemand für möglich gehalten, dass
       mit der Fidesz-Regierung letztlich ein „Huxit“ drohe. Die Suspendierung der
       Fidesz wäre für Orbán nur dann richtig teuer, wenn sich im Unterbewusstsein
       der Ungarn die Sorge um die EU-Mitgliedschaft weiter verbreitet.
       
       22 Mar 2019
       
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