# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Weihnachtsmann namens Boris
       
       > Was die Briten beim Brexit falsch machen können, machen sie falsch. Das
       > hat gravierende Auswirkungen bis hin zum Weihnachtsfest.
       
 (IMG) Bild: Brexit-Gegner demonstrieren vor dem House of Parliament
       
       Der britischen Regierung sind die schlimmsten Folgen eines harten Brexit
       offenbar gar nicht bewusst. Wenn die Insel Ende März die Europäische Union
       verlassen sollte, kann sie Weihnachten auf Mitte März verschieben. Bisher
       konnte Santa, wie britische Kinder den Weihnachtsmann nennen, ungehindert
       einreisen, denn er lebt in Lappland im Norden Finnlands, und das gehört zur
       EU.
       
       Nach dem Brexit muss er sich an die neuen Regeln halten. So darf er nicht
       mehr in den britischen Luftraum eindringen, sondern muss wie andere
       ausländische Lieferanten mit der Fähre über Dover einreisen. Den
       Kanaltunnel gibt es dann nicht mehr, denn der soll nach dem Brexit so
       schnell wie möglich gesprengt werden, so hat es die Regierung beschlossen.
       
       Vorsichtshalber muss der Weihnachtsmann seinen roten Anzug an der Grenze
       abgeben und in einen Union-Jack-Mantel schlüpfen, damit er nicht
       versehentlich für einen russischen Agenten gehalten und vergiftet wird. Die
       Einreise ist für ihn dennoch problematisch, denn seine Papiere sind dubios.
       Der alte Weißbart hat viele Pseudonyme, Santa und Claus sind nur zwei
       davon. Patrick Freyne von der Irish Times schlug vor, er solle sich doch
       lieber einen gängigen englischen Namen zulegen, zum Beispiel Boris.
       Britische Kinder müssten ihre Wunschzettel dann an „Dear Boris“ richten.
       
       Ihre Geschenke bekommen sie unverpackt, weil der Zoll die Päckchen geöffnet
       hat. Santa muss sie unter den Fernseher legen, denn Weihnachtsbäume sind
       verboten. Sie sind nämlich von Albert, dem Gemahl von Königin Viktoria,
       eingeführt worden. Und der war nicht nur Ausländer, sondern sogar
       Deutscher. Aber wenigstens bleibt den Briten der Mistelzweig erhalten. Man
       hängt ihn über die Tür. Darunter dürfte man theoretisch Fremde küssen,
       aber es gibt dann ja keine Fremden mehr, sondern nur noch Briten. Für die
       Truthähne wird Weihnachten deshalb ein rauschendes Fest: Bisher wurden sie
       von ausländischen Saisonarbeitern geschlachtet, doch die hat man alle nach
       Hause geschickt.
       
       Auch Rudolf, das Rentier, bekommt Probleme bei der Einreise. Er muss sich
       wegen seiner roten Nase einem Alkoholtest unterziehen. Die verlorene Zeit
       kann der Weihnachtsmann aber wieder aufholen, indem er die Rentiere mit
       Anabolika vollstopft, um sie zu Höchstleistungen anzutreiben. Die
       EU-Restriktionen für die Behandlung von Tieren gelten dann ja nicht mehr.
       Die Labour-Abgeordnete Julie Ward wandte jedoch ein, dass Rudolf und seine
       Artgenossen Tierpässe benötigen.
       
       Wenn alle Formalitäten erledigt sind, können die Engländer schließlich am
       17. März gemeinsam mit den Iren feiern – die einen zelebrieren Weihnachten,
       die anderen den St. Patrick’s Day. Aber gibt es den Weihnachtsmann
       überhaupt? Doch. Man muss nur ganz fest an ihn glauben. Das gilt auch für
       den problemlosen Brexit.
       
       28 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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