# taz.de -- Die Wahrheit: Englischer Kleinkohl
       
       > Es geht jetzt nicht mehr um die Wurst beim Brexit. Es geht mittlerweile
       > um den Schicksalsfaktor Cheddar, um Rosenkohl und Bram Stoker.
       
 (IMG) Bild: Was ist weiß und fliegt? Die Biene Majo
       
       Morgen kommt es für Theresa May drauf an – wenn die britische
       Premierministerin das Unterhausvotum über ihren Brexit-Deal mit der
       Europäischen Union nicht aus lauter Angst erneut verschiebt. Dabei könnten
       ihr andere Länder doch in letzter Minute zu Hilfe eilen. Deutschland zum
       Beispiel.
       
       Der irische Journalist Fintan O’Toole schlägt vor, die Elfmeterschießen
       gegen Deutschland bei der Weltmeisterschaft 1990 und der
       Europameisterschaft 1996 so lange wiederholen zu lassen, bis Chris Waddle,
       Stuart Pearce und Gareth Southgate endlich treffen und England gewinnt.
       
       Frankreich könnte das Remain-Lager stärken, indem es verspricht,
       tonnenweise Cheddar zu importieren, jenes englische Produkt, das in seiner
       Heimat als Käse durchgeht. Rosenkohl, der auf Englisch „Brussels Sprouts“
       heißt, wird in „englischer Kleinkohl“ umbenannt.
       
       Und Spanien stampft sämtliche Atlanten ein, auf denen noch Las Malvinas
       verzeichnet sind. Stattdessen erhalten die Inseln im Südatlantik in den
       Neuausgaben ihren korrekten Namen: Falkland Islands. Irland gesteht den
       Engländern zu, Schriftsteller wie George Bernard Shaw, Oscar Wilde,
       Jonathan Swift, Bram Stoker und andere nach Belieben für sich zu
       reklamieren. Das machen sie zwar ohnehin schon ständig, aber in Zukunft
       darf kein Ire darüber amüsiert den Kopf schütteln. Ohnehin soll sich
       künftig niemand mehr auf Kosten der Engländer amüsieren.
       
       So darf auch der gut 15 Millionen Euro teure Auftrag der englischen
       Regierung für die Bereitstellung zusätzlicher Schiffe nach dem Brexit an
       die Firma Seaborne Ferries nicht belächelt, sondern muss ganz im Gegenteil
       als kluge Investition gepriesen werden. Auch wenn das Unternehmen über gar
       keine Schiffe verfügt und seine Webseite von einem Pizza-Lieferdienst
       kopiert hat.
       
       Die Kunden sollen die Ware prüfen, heißt es in den Geschäftsbedingungen,
       bevor „sie für eine Mahlzeit/Bestellung zahlen“. Es falle in die
       „Verantwortung des Kunden, sicherzustellen, dass die Adressangaben korrekt
       und genau genug sind, damit der Zusteller die Adresse in angemessener Zeit“
       finde.
       
       Und schließlich darf sich Königin Elisabeth für den Rest ihrer Regentschaft
       wie schon einige ihrer Vorfahren als Königin von Frankreich bezeichnen und
       die Lilie, das Symbol der französischen Monarchie, in ihr Wappen aufnehmen.
       Die Boulevardblätter würden in patriotische Ekstase verfallen, und die
       Brexit-Anhänger hätten das Gesicht gewahrt. „Eine Nation, die noch immer
       den Rückzug aus Dünkirchen als unglaublich heroische Tat feiert, hätte für
       ein ganzes Jahrhundert Nahrung für Selbstliebe“, schreibt der Ire O’Toole.
       
       Und am Ende, so meint er, ginge es zu wie in Robert Southeys
       Antikriegsgedicht „Die Schlacht von Blenheim“ aus dem Jahr 1798: „Aber was
       kam am Ende Gutes dabei raus?“ / So sprach das kleine Peterlein / „Das weiß
       ich nicht“, sagt er / „Doch es war ein großer Sieg so fein.“
       
       14 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) England
 (DIR) Irland
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Fett
 (DIR) Alkohol
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Irland
 (DIR) Irland
 (DIR) Aer Lingus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Ein Weihnachtsmann namens Boris
       
       Was die Briten beim Brexit falsch machen können, machen sie falsch. Das hat
       gravierende Auswirkungen bis hin zum Weihnachtsfest.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Britannien stopft den Superpfropf
       
       Wie kommt bloß all das Fett in die Unterwelt der vom Brexit schon arg
       verfetteten Insel? Unser Undercoveragent klärt auf.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Moderate Trinker und Englischlehrer
       
       Das wichtigste Thema in Irland ist zur Zeit nicht der Brexit, sondern
       Alkohol im Straßenverkehr. Denn der Tag danach hat seine Tücken.
       
 (DIR) Wirtschaftliche Folgen eines harten Brexit: Nebel über dem Ärmelkanal
       
       Ein No-Deal würde für deutsche Firmen Milliardenzahlungen an Zöllen
       bedeuten. EU-Beschäftigte müssten um ihre Absicherung fürchten.
       
 (DIR) EU-Abgeordnete richten Appell an Briten: Bitte bleibt!
       
       Mehr als hundert EU-Parlamentarier bitten die Briten in einem Brief, in der
       Union zu bleiben. Brüssel bereitet sich offenbar auf eine Verschiebung des
       Austrittsdatums vor.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Würdevoll zum Schafott
       
       Niemand konnte irische Kommunisten und andere Originale der Insel so
       überzeugend verkörpern wie der verstorbene Schauspieler Jer O’Leary.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Dienstleistungshölle für Dummies
       
       Viele wehren sich dagegen, staatliche Dienstleister zu verscherbeln, doch
       die irischen Postdumpfbeutel liefern Privatisierern die besten Argumente.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Mit Aer Lingus auf den Mond
       
       Wer auf einer Insel lebt, aber schnell seekrank wird, ist leider auf
       Billigfluglinien angewiesen. Und da kommt die irische Aer Lingus ins Spiel.