# taz.de -- Deutsche vor Handball-Weltmeisterschaft: Einmal Euphorie, bitte schön!
       
       > Am Donnerstag startet die Männerhandball-WM in Deutschland und Dänemark.
       > Trainer Christian Prokop steht durchaus unter Druck.
       
 (IMG) Bild: Was kann er erreichen? Bundestrainer Christian Prokop beim öffentlichen Training
       
       Berlin taz | Kann man ein Publikum trainieren? Beim öffentlichen Training
       der deutschen Mannschaft im Sportforum von Hohenschönhausen drängte sich am
       Dienstag der Eindruck auf, es solle vor allem das Publikum vor der WM noch
       einmal den letzten Schliff verpasst bekommen: „Wenn ich sage: ,Hier kommt
       die deutsche Handball-Nationalmannschaft', dann rastet ihr einmal komplett
       aus“, wies der Moderator die Besucher an, die sich in erstaunlich großer
       Zahl (etwa 1.800 Zuschauer) in der schmucklosen Sporthalle im Osten Berlins
       eingefunden hatten. Er umschmeichelte die Besucher („Wie geil ist das
       denn!“) und schwelgte von der Stimmung bei der WM 2007, [1][vom
       Wintermärchen]: „Im Jahr 2007 hatten wir schon mal so etwas Geiles.“
       
       Wenn es nach den Regiewünschen des Deutschen Handball-Bundes geht, soll ab
       dem Eröffnungsspiel am Donnerstag gegen [2][das vereinigte Team aus Korea]
       wieder nahtlos ans große Turnier der Emotionen von vor zwölf Jahren
       angeknüpft werden. Damals wusste man ja nicht so recht, wer wen mehr
       bewunderte: die Fans die Nationalspieler oder die Handballprofis ihren
       feierwütigen Anhang?
       
       Beim wieder angekurbelten Geschäft der Emotionen rückte in Hohenschönhausen
       die WM 2007 wieder ganz nahe, die verpatzte EM vor einem Jahr in Kroatien
       dagegen hat man offiziell längst hinter sich gelassen. Bundestrainer
       Christian Prokop kennt sich jedoch genau damit aus, wie wenig das Geschäft
       mit den Emotionen kontrollierbar ist. Bei der EM vor einem Jahr trug der
       40-Jährige erstmals die Verantwortung. Das Scheitern wurde größtenteils ihm
       und seiner fehlenden Verbindung zum Team angelastet, insbesondere zu den
       Spielern, die das Sagen haben.
       
       In Berlin bekundete er zwar brav seine Vorfreude aufs Turnier, sagte aber
       auch: „Wir wissen, dass wir große Verantwortung tragen.“ Prokop, der in
       Köthen geboren ist, weiß, wie schnell Emotionen auch negative Wirkung
       entfalten können. Zu viel möchte er sich mit dem Gefühligen nicht
       beschäftigen. Am Mittwoch bei der ersten WM-Pressekonferenz sagte er, den
       „klasse Empfang“ in Berlin beim öffentlichen Training habe man „als
       positive Erfahrung abgehakt“.
       
       Der Graben zwischen ihm und dem Team wurde angesichts der nahenden Heim-WM
       schnell zugeschüttet. Und Prokop hat dabei offenbar besonders viel
       geschippt. Der Routinier Steffen Weinhold sagte am Mittwoch, es sei vor
       allem „ein großer Verdienst von Christian Prokop“, dass Trainer und Team
       neu zusammengefunden hätten. In vielen Gesprächen habe man sich besser
       kennengelernt und Vertrauen zueinander gewonnen.
       
       Wie tragfähig der neue Konsens ist, wird man allerdings erst in
       Krisensituationen ermessen können. Dass auch in der öffentlichen Diskussion
       vornehmlich Prokop vor dieser WM in der Bringschuld gesehen wird, hat auch
       mit den fehlenden Stars im deutschen Kader zu tun. In vielen Interviews hat
       er bereits Buße getan. Zu verkopft, zu konzeptlastig sei er bei der
       Europameisterschaft in Kroatien an die Arbeit herangegangen.
       
       ## Halbfinale als Ziel
       
       Einen Tag vorm WM-Auftakt attestierte ihm Axel Kromer, Vorstand Sport beim
       DHB: „Er ist mental sehr gelockert.“ Mehr Entspannung, das scheint einer
       der größten Vorsätze von Prokop zu sein: „Vor dem Spiel gegen Korea liegt
       der Fokus aufs Loslassen“, sagte der Bundestrainer. Und natürlich müsse man
       im ersten Spiel mit Nervosität rechnen, das sei nur menschlich.
       
       Die Messlatte liegt hoch. Das Erreichen des Halbfinales hat man als Ziel
       auserkoren. Mit einem erneuten großen Erfolg soll möglichst wieder Euphorie
       für den Handball ausgelöst werden. Als bodenständige Alternative zum
       Fußball wolle man sich präsentieren, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning
       der dpa; der Wirbel um das goldene Steak von Fußball-Star Franck Ribéry war
       dabei für ihn ein gefundenes Fressen.
       
       Ganz schön viel Druck lastet also auf Christian Prokop. Wie sehr ihn das
       belaste, wurde er am Mittwoch gefragt. Er antwortete weise und gelassen wie
       ein Zen-Meister: „Wenn man zu weit vorausschaut, verliert man den Fokus für
       das Naheliegende.“
       
       10 Jan 2019
       
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