# taz.de -- nord🐾thema: Was tun, wenn der Diesel stinkt?
       
       > 2019 wird das Jahr der Dieselfahrverbote. Die Deutsche Umwelthilfe hat
       > mehrere Klagen gewonnen, andere Entscheidungen stehen noch aus. In
       > Hamburg sind Fahrverbote schon in Kraft. Doch wie sieht es rechtlich
       > eigentlich aus? Und: Was kann ich tun, wenn ich einen Diesel fahre?
       
 (IMG) Bild: Ungesund: Diesel-Abgase
       
       Von Florian Maier
       
       Software-Manipulation, Abgasskandal, Euronormen, Wertverlust – wer zu den
       etwa 30 Prozent der Deutschen gehört, die Diesel fahren, hat sich in
       letzter Zeit mit Dingen beschäftigen müssen, die ihm vorher wohl nicht so
       dringend erschienen. Doch dann räumte Volkswagen im September 2015
       Manipulationen an Dieselmotoren ein, mittlerweile betrifft ein
       Pflichtrückruf rund 2,5 Millionen VW-Autos. Und dann die Fahrverbote: Für
       Dieselautos sind sie im Mai 2018 in Hamburg erstmals in Kraft getreten; 580
       Meter der Max-Brauer-Allee sowie 1,6 Kilometer Stresemannstraße dürfen nur
       Autos befahren, die der Abgasnorm Euro-6 entsprechen. Die
       Durchfahrtsbeschränkungen waren notwendig, weil Hamburg an diesen Orten
       regelmäßig den EU-Grenzwert für Stickoxide überschreitet. Inzwischen stehen
       auch in anderen Städten Fahrverbote an, zahlreiche Klagen sind anhängig.
       
       Was bedeutet das für die Verbraucher? Was droht mir mit meinem Diesel? Und:
       Können wir uns rechtlich wehren?
       
       Wie hoch ist der Grenzwert für Umweltbelastungen?
       
       Der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid beträgt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter
       im Jahresmittel. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem
       Grundsatzurteil vom 27. Februar 2018 das Jahr 2019 als letztmöglichen
       Zeitpunkt zur Einhaltung des Jahresmittelwerts festgelegt.
       
       Wie sieht es rechtlich auf kommunaler Ebene aus?
       
       Vor allem Städte versuchen durch Maßnahmen wie Luftreinhaltepläne, die
       Vorgaben einzuhalten. Nichtregierungsorganisationen wie der Deutschen
       Umwelthilfe (DUH) geht das nicht schnell genug. Die DUH klagt deshalb auf
       Fahrverbote – und führt nach eigenen Angaben Gerichtsverfahren in 34
       Städten. Ein „einklagbares Recht auf saubere Luft“ beteht laut DHU erst
       seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig
       vom 5. September 2013. Für zahlreiche Kommunen ordneten Gerichte bereits
       Fahrverbote an.
       
       Wen betreffen die Durchfahrverbote?
       
       In Hamburg zum Beispiel sind von dem Fahrverbot in der Max-Brauer-Allee
       rund 168.000 Hamburger Diesel-Pkw betroffen, die nicht die Euro-6-Norm
       einhalten. Für Anwohner*innen gilt die Norm nicht, Besucher*innen und
       andere Anlieger*innen sind ebenfalls nicht betroffen. Die
       Durchfahrtsbeschränkung auf der Stresemannstraße gilt weiterhin nur für
       LKW, die die Grenzwerte überschreiten. In Hannover könnte ab September 2019
       im gesamten Gebiet der Umweltzone ein Fahrverbot für Euro-4- und
       Euro-5-Diesel eingerichtet werden. In anderen Städten, wie jüngst etwa
       Darmstadt, wo ein Fahrverbot ab Juni 2019 gelten soll, treffen die
       Beschränkungen Dieselfahrzeuge bis zur Euronorm 5, aber auch alte Benziner
       bis zur Euronorm 2. Ausnahmen soll es auch dort geben: für mit
       Stickoxid-Katalysatoren nachgerüstete Fahrzeuge, Anwohner, Taxis sowie
       Fahrzeuge mit Sonderrechten, wie beispielsweise Rettungsdienste.
       
       Was sind mögliche Konsequenzen?
       
       Die Polizei in Hamburg führt in den Straßenabschnitten vermehrt Kontrollen
       durch. Eine Plakette oder ähnliche Fahrzeug-Kennzeichnungen gibt es bisher
       nicht. Bei Zuwiderhandlung winkt ein Bußgeld. Seit 21. Juni kostet ein
       Verstoß gegen das Durchfahrtsverbot etwa 20 Euro. Bei LKW liegt die Strafe
       etwa bei 60 Euro.
       
       Wehren sich Länder wegen der Abgasmanipulation?
       
       Ja. Das Land Baden-Württemberg will Volkswagen wegen des Dieselskandals auf
       Schadensersatz verklagen. Die grün-schwarze Landesregierung wirft dem
       Autohersteller eine „vorsätzlich sittenwidrige Schädigung“ vor. Unter
       anderem die Piratenpartei fordert das auch von der niedersächsischen
       Regierung.
       
       Wie kann ich mich als Dieselfahrer*in wehren?
       
       Die Verbraucherzentrale informiert, dass es sich laut Bundesgesetzbuch um
       einen Mangel handelt, sobald in das Dieselfahrzeug eine
       Manipulationssoftware eingebaut und aktiviert wurde. Dadurch sind
       rechtliche Schritte möglich. Denn nach geltendem EU-Recht ist diese
       Software unzulässig. Jede betroffene Person kann einzeln klagen oder sich
       einer sogenannten Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen anschließen.
       
       Was ist diese Muster-Klage?
       
       Die Musterfeststellungsklage wurde erst kürzlich eingeführt. Der
       Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) und der Automobilclub ADAC
       haben gemeinsam eine solche Klage gegen VW eingereicht – stellvertretend
       für vom Abgasskandal betroffenen Kunden. VW hat die Forderungen übrigens
       zurückgewiesen: Die Autos seien genehmigt, technisch sicher und fahrbereit.
       
       Gibt es Risiken, wenn ich mich an der Klage beteilige?
       
       Laut Verbraucherzentrale ist die Eintragung in das Klageregister kostenlos
       und frei von Prozesskostenrisiken. Bei der Musterfeststellungsklage
       übernehmen die Verbraucherschützer das Prozessrisiko. Der ADAC gibt aber
       den Hinweis: „In der Musterfeststellungsklage geht es nicht um Ansprüche
       Einzelner, sondern um deren grundlegende Voraussetzungen, also ob zum
       Beispiel VW unrechtmäßig gehandelt hat.“ Die Ansprüche einzelner
       Betroffener würden nach erfolgreichem Abschluss des Prozesses durch
       individuelle Klagen geltend gemacht werden können.
       
       Wie erfolgreich ist die Muster-Klage bislang?
       
       Die Klage war zulässig, sobald sich 50 betroffene Verbraucher*innen in das
       Register eingetragen hatten. Anfang Dezember informierte der VZBV, dass
       sich inzwischen mehr als 81.000 Autokäufer angeschlossen hätten. Ein paar
       Tage später berichtete der ADAC von bereits rund 155.000 betroffenen
       Dieselfahrern, die sich beim Bundesamt für Justiz (BfJ) für die Eintragung
       ins Klageregister angemeldet hätten. Die Juristen des ADAC würden seit
       Eröffnung des Klageregisters Ende November etwa 25.000 Anfragen pro Woche
       erhalten.
       
       Wer kann sich der Klage anschließen?
       
       Laut ADAC kann sich nur eintragen, wer ein vom Abgasskandal betroffenes
       Auto gekauft hat. Das sind Fahrzeuge der Marken VW, Audi, Seat und Skoda
       mit Dieselmotoren des Typs EA189 (Hubraum: 1,2, 1,6, 2,0 Liter), sofern in
       ihnen eine illegale Abschalteinrichtung verwendet worden sei. Betroffen
       sei, wer vom Kraftfahrtbundesamt oder dem Hersteller ein entsprechendes
       Rückrufschreiben erhalten und zum Update aufgefordert worden sei.
       
       Wie melde ich zur mich Musterfeststellungsklage an?
       
       Man kann sich sowohl per Post als auch elektronisch eintragen. Auf der
       Website des Bundesamts für Justiz gibt es eine Anmeldung zum Klageregister
       als Download. Auch stellt diese eine Ausfüllanleitung zur Verfügung, um den
       Anmeldeprozess zu vereinfachen. Weiterhin hat der VZBV eine eigene Website
       mit nützlichen Informationen speziell zur Musterfeststellungsklage
       eingerichtet. Der ADAC bietet sogar auf Youtube Tutorials zum richtigen
       Ausfüllen der Klage an.
       
       Bis wann kann ich mich für die Klage registrieren?
       
       Bis einen Tag vor Beginn des ersten Termins im Musterfeststellungsverfahren
       ist es möglich, sich in das Klageregister einzutragen. Das
       Bundesjustizministerium wird den Termin auf seiner Website veröffentlichen.
       Die Verbraucherschützer raten allerdings, sich noch in diesem Jahr in das
       Klageregister einzutragen, um einer möglichen Verjährungsfrist von zwei
       Jahren zu entgehen.
       
       An wen kann ich mich wenden?
       
       Die Verbraucherzentrale Hamburg rät ADAC-Mitgliedern, sich für juristischen
       Beistand an den Automobilclub zu wenden. Für alle anderen wurde eine
       Hotline eingerichtet, mit der man sich bei der Verbraucherzentrale über die
       Klage informieren kann. Diese ist allerdings laut Website „Aufgrund extrem
       hoher Anrufzahlen zur Zeit nur eingeschränkt erreichbar“.
       
       22 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Maier
       
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