# taz.de -- Kommentar Proteste in Frankreich: Macron, hör die Signale!
       
       > Die Franzosen erhofften sich viel von Macron und wurden enttäuscht. Der
       > Präsident nahm die gewaltsame Eskalation mutwillig in Kauf.
       
 (IMG) Bild: Wie sollen die Proteste enden? Mit einer wirklichen Revolution und der symbolischen „Guillotine“ einer Kapitulation?
       
       Nichts kann die [1][mutwillige Gewalt und schweren Verwüstungen] im Namen
       einer Volksbewegung, die nach ihren gelben Westen benannt ist,
       rechtfertigen. Dennoch ist die Wut der Menschen in ganz Frankreich ebenso
       legitim wie verständlich. Im Grunde ist es erstaunlich, dass sie so lange
       stillgehalten haben, denn schon lange fühlen sich viele von der
       snobistischen Elite in ihrem Pariser Elfenbeinturm schlicht nicht gehört
       und nicht gesehen.
       
       Seit Jahren war bekannt, dass erhebliche Teile der Bevölkerung nicht mehr
       teilhaben an Wohlstand und Globalisierung; die Opfer des unaufhaltsamen
       Niedergangs der französischen Industrie, die Bewohner in den
       Außenquartieren der Banlieue, die Jungen, die trotz Diplomen kein
       berufliches Auskommen finden, und dann vor allem jene in den ländlichen
       Regionen.
       
       Sie machen in der Summe die Mehrheit der französischen Bevölkerung aus.
       Manche von ihnen hatten sich von Macron enorm viel erhofft und sind nun
       erst recht wütend – auch über sich, weil sie ihm geglaubt und ihn gewählt
       hatten.
       
       Diese seit Langem angestaute Wut einfach zu ignorieren, wie dies die
       Staatsspitze tut, zeugt entweder von Dilettantismus oder aber gefährlicher
       Arroganz. Macron hat sich jedenfalls geirrt, wenn er dachte, er könne die
       Klagen der Zukurzgekommenen aussitzen wie einen Bahnstreik.
       
       ## Macron liebt eigentlich die verbale Konfrontation
       
       Er hat damit die [2][jetzige Eskalation] mutwillig in Kauf genommen und
       sich und seine Machtposition aufs Spiel gesetzt. Macron hat bei seiner Wahl
       davon profitiert, dass die traditionellen Parteien jede Glaubwürdigkeit
       verloren hatten. Er hat selber mit seiner personalisierten Machtausübung
       dazu beigetragen, dass die repräsentativen Organisationen und Institutionen
       weiter an Einfluss eingebüßt haben.
       
       Macron, so heißt es, liebt die Politik „mano a mano“ – die verbale
       Konfrontation mit Kritikern. Jetzt steht er aber seinem Volk gegenüber –
       den „widerspenstigen Galliern“, wie er unlängst spottete.
       
       Das hat den Konflikt in eine vorrevolutionäre Krise verwandelt. In den
       Reihen der Demonstranten, aber auch unter den über das Chaos in Paris
       entsetzten Bourgeois stellt man schon Vergleiche mit dem Sturm der Bastille
       1789 oder dem Mai ’68 an.
       
       Wie soll das enden? Mit einer wirklichen Revolution und der symbolischen
       „Guillotine“ einer Kapitulation oder eines Rücktritts des Präsidenten?
       Grund zu langer Schadenfreude hätten die wenigsten. Dass sich ausgerechnet
       der einzige Staatschef, der sich voller Zuversicht für die politische
       Zukunft Europas engagieren wollte, in der Innenpolitik in dieser Art
       diskreditiert, ist kaum Grund zu viel Optimismus.
       
       3 Dec 2018
       
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