# taz.de -- So viel Kritik muss sein Florian Maier über „Hullu Apina“ in der Schwankhalle: Vier Performer tanzen zwischen High und Down
       
       Ganz allein bewegt sich die Tänzerin Elina Lindfors durch den komplett
       schwarzen Raum. Sie schreibt, wie eine Lehrerin, mit weißer Kreide auf den
       schwarzen Boden das Rezept für eine Vergewaltigungsdroge. Das Publikum ist
       ihre Klasse. Leichtfüßig erklärt sie im Dialog mit den Zuschauer*innen die
       Zusammensetzung und die Herstellung der Droge GHB. Mit einem „Class
       dismissed“ entlässt sie die Zuschauer*innen in die Ambivalenz des
       Drogenkomsums.
       
       Der Choreograf Tim Gerhards hat in einer Residenz an der Schwankhalle eine
       Performance entwickelt: „Hullu Apina“ heißt sie, das bedeutet auf Finnisch
       „verrückter Affe“ und bezeichnet im Netz ein legal erwerbbares
       Rauschmittel. Der Abend ist eine tänzerische Auseinandersetzung mit Drogen
       und deren Einfluss auf die Gesellschaft. In diversen Bildern werden die
       unterschiedlichsten Formen des Konsums und dessen Auswirkungen gezeigt.
       Dabei verzichtet die Performance komplett auf den erhobenen Zeigefinger.
       Stattdessen werden möglichst viele Facetten des Themas abgebildet – mal
       laut und verstörend, doch gelingt es der Inszenierung immer wieder, auch
       ruhige Bilder zu entwickeln: Verzweiflung und das Suchen nach Nähe reihen
       sich nahtlos an Freiheitsgefühl und Rausch. So weiß man oft nicht sofort,
       in welchem Stadium sich die Darstellenden gerade befinden. Viele Bilder
       werden erst im Übergang zum nächsten klar.
       
       Die vier Performer lassen sich von Rolle zu Rolle in verschiedenste
       Zustände gleiten: Man glaubt ihnen nicht nur den verträumten Rausch oder
       die zuckende Überdosis. Auch Kämpfe mit sich selbst und den Wirkstoffen
       werden tänzerisch ausgefochten. Besonders hervorzuheben ist dabei Elina
       Lindfors’tänzerische Leistung. Die ganze Zeit über ist sie präsent und in
       Bewegung.
       
       Trotz seines minimalistischen Charakters – eigentlich besteht es nur aus
       einem schwarzen Raum – zeigt die Gestaltung der Bühne große Wirkung. Durch
       geschickten Einsatz von Nebel und der Beleuchtung entsteht eine treibende
       Klubatmosphäre, die kurz darauf auch wieder in sich zusammenbricht und
       zuckende, kränkliche Überbleibsel der letzten Nacht zurücklässt.
       
       Die Leere des Raums ist so Freiraum und Verlorensein zugleich. Dabei hilft
       der geschickte Einsatz von Nebel, der den leeren Raum auch schnell befüllen
       kann. In einem anderen Bild fungiert der Nebel dann als Weihrauch,
       untermalt von sakralem, finnischem Gesang, um die Anbetung von Drogen in
       bestimmten Szenen und der Popkultur darzustellen.
       
       Diese Stimmungsbilder verdanken viel der Musik von Florian Sommer:
       Düster-bedrohlichen Klängen folgt tanzbarer Techno, um dann schließlich in
       den harten Beat von Marilyn Mansons Glamrock-Song „I Don’t Like the Drugs
       (But the Drugs Like)“ zu enden: Auf jedes High folgt immer auch ein Down.
       Tim Gerhards Abend sucht auf allen Ebenen die Zweideutigkeit von Narkotika:
       Als gegen Ende der Performance das Publikum gefragt wird, wie es zur
       Legalisierung von Cannabis steht, votiert gerade mal ein Drittel eindeutig
       dafür. Die Ambivalenz gewinnt.
       
       1 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Maier
       
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