# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Belagerung mit blinkenden Bohnen
       
       > Die Gruppe Tools for Action baut Barrikaden aus aufblasbaren Modulen und
       > belagerte damit kürzlich Originalschauplätze der Novemberrevolution.
       
 (IMG) Bild: Tools for Action mit der Performance „Signals, Resonating Revolutions“ am Bebelplatz, 11. November 2018
       
       Hatte Spartakisten-Führer Karl Liebknecht am 9. November 1918 tatsächlich
       hoch vom Eosanderportal des Berliner Schlosses die sozialistische Republik
       ausgerufen oder vielmehr vom Dach eines Automobils? Und der SPD-Vorsitzende
       Philipp Scheidemann, war er wirklich in dem Versuch, Liebknecht
       zuvorzukommen, so wagemutig an den Fenstersims der Reichskanzlei getreten?
       Das berühmte Bild zumindest ist eine Fotokollage. 
       
       – Fake News und Medienmanipulationen haben die politischen Lager offenbar
       schon vor 100 Jahren erfolgreich eingesetzt. Noch heute ist die Wahrnehmung
       der Novemberrevolution von 1918 ideologisch zersplittert. Mit insgesamt
       [1][250 Veranstaltungen schaffen die Kulturprojekte Berlin] ein vielleicht
       präziseres Bild dieser chaotischen Monate.
       
       Das Museum für Fotografie holt Aufnahmen von Kämpfen auf der Straße und
       Vergnügung hinter der Front aus den Archiven hervor. Die Berlinische
       Galerie widmet sich den künstlerischen Neuerfindungen, die das Chaos, in
       dem sich Spartakisten und SPD noch blutig bekämpften, hervorbrachte.
       Heutige Interpretationen bringen Plastique Fantastique, Chiaro Shiato oder:
       Tools for Action 
       
       Die Künstler*innengruppe suchte mit ihren aufblasbaren Barrikadenmodulen
       diejenigen Schauplätze der Arbeiteraufstände auf, die in den letzten
       hundert Jahren Geschichtsschreibung so verklärt wurden. Revolutionsrot
       blinkend, belagerten ihre übergroßen, amüsant gekrümmten Jellybones das
       nunmehr rekonstruierte Schloss und den touristenschicken Bebelplatz, nicht
       ohne Humor aber auch zur Probe für die Gegenwart. 
       
       Einblick (748): Tools for Action, Künstler*innengruppe
       
       taz: Welche Ausstellung in Berlin hat euch zuletzt an- oder auch aufgeregt?
       Und warum? 
       
       Tools for Action: Die Austellung Glowing Core in der St.-Hedwigs-Kathedrale
       von Rebecca Horn war ein echter Ort für Einkehr und Reflexion. Rebecca war
       Artúrs Professorin an der UdK. Die Ausstellung war nur nach Sonnenuntergang
       zu besuchen und endete am 11. November, dem Tag, an dem wir mit Signals,
       Resonating Revolutions und unseren glühenden Objekten an der Kathedrale
       vorbeigezogen sind.
       
       Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin könnt ihr empfehlen? 
       
       Wir empfehlen Lecken Dildøteknotønicš, eine offene, freudige queere
       sex-positive Tanzparty. Sie findet am 7. Dezember im Untergrund am
       Mehringdamm statt, organisiert von unserer Freundin Heather. Welche
       Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet euch zurzeit durch
       den Alltag?
       
       Tomás ließt Krankheit als Metapher – Aids und seine Metaphern von Susan
       Sonntag. Artúr ließt gerade noch Rückkehr nach Reims von Didier Eribon zu
       Ende.
       
       Was ist euer nächstes Projekt? 
       
       Unsere Performance Signals, Resonating Revolutions zur Auftaktveranstaltung
       von 100 Jahre Revolution Berlin 1918/19 war ein Experiment. Ein erster
       Schritt, um mit diesen tragbaren Leuchtskulpturen kollektive Kommunikation
       zu erproben. Was folgt, ist erst einmal ein Film über das Projekt, der die
       vorausgehenden Schulworkshops, den historischen Kontext der
       Novemberrevolution und die zwiespältige Geschichtsschreibung 100 Jahre
       später umfasst. Des Weiteren träumen wir davon, nächstes Jahr wieder nach
       Kolumbien zu fahren, um mit unseren Freunden und Freundinnen in Bogotá den
       4. Trans March in Kolumbien mitzugestalten.
       
       Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht euch am meisten
       Freude? 
       
       Nach der heißen Phase dieses Projektes freuen wir uns sehr auf eine
       Badewanne zu zweit und darauf, unsere Freund*innen und Geliebten zu sehen.
       
       Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
       immer donnerstags in der Printausgabe der taz.
       
       21 Nov 2018
       
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 (DIR) Sophie Jung
       
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