# taz.de -- Technologietransfer in die Praxis: Mobilitätsforschung in Reallaboren
       
       > Damit Forschungsergebnisse über Verkehr und Mobilität schneller in die
       > Anwendung kommen, fordern die Grünen spezielle Experimentierräume.
       
 (IMG) Bild: Der zunehmende Autoverkehr erfordert schnell neue Mobilitätskonzepte
       
       Berlin taz | Zu neuen Verkehrstechnologien wird viel geforscht in
       Deutschland, ob digital gesteuerte Roboterautos oder umweltfreundliche
       Antriebstechnologien. Unterentwickelt sind aus Sicht der grünen
       Bundestagsfraktion dagegen wissenschaftliche Ansätze, die innovative
       Mobilitätslösungen schnell in die Anwendung bringen. Daher hat die
       Oppositionsfraktion einen Antrag mit dem Titel „[1][Mobilitätsforschung neu
       denken“] in die Bundestagsdebatte eingebracht. Ziel ist es,
       „Experimentierräume für Stadt und Land“ zu schaffen, in denen zusammen mit
       der Bevölkerung ein ökologisch und sozial verträglicher Verkehr praktisch
       erprobt werden kann.
       
       Anna Christmann, grüner Bundestagsneuling aus Stuttgart, hat den Antrag auf
       den Weg gebracht. Ihr dauert es zu lange, bis wichtige Ergebnisse der
       Mobilitätsforschung auch den Bürgern zugutekommen. „Es hapert am zügigen
       Erkenntnis- und Technologietransfer in die Praxis“, sagt die für
       Forschungspolitik zuständige Abgeordnete. „Damit die Menschen möglichst
       schnell von Innovationen profitieren, müssen innovative Mobilitätskonzepte
       schneller aus dem Labor auf Straße, Schiene und Radweg gelangen.“
       
       Um hier mehr Tempo zu machen, scheinen den Grünen besondere
       „Experimentierräume“ geeignet, die unter dem Begriff „Reallabore“ schon
       vereinzelt Einzug in die Wissenschaft gehalten haben. Das Land
       Baden-Württemberg hat dazu sogar ein eigenes Förderprogramm aufgelegt.
       
       Reallabore zeichnen sich durch eine enge Kooperation von Politik und
       Verwaltung mit Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aus, um
       Forschungsansätze direkt zur Anwendung zu bringen und unbürokratisch
       weiterzuentwickeln. Dort behandelte Themen sind unter anderem kommunale
       Energiekonzepte, gemeinwirtschaftliche Sharing-Modelle oder regionale
       Lebensmittelversorgung.
       
       Der Handlungsdruck für einen anderen urbanen Verkehr wird immer größer.
       „Trotz Dieselskandal und drohender Fahrverbote hat es die Bundesregierung
       in den letzten Jahren versäumt, durch deutliche Innovationsanreize saubere
       Mobilität für unsere Städte voranzutreiben“, schreiben die Grünen in ihrem
       Antrag. Konkret fordern sie darin, fünf „groß angelegte Experimentierräume“
       in Städten oder Regionen einzurichten. Sie sollen mit jeweils bis zu 75
       Millionen Euro aus dem Bundesetat gefördert werden, „um dort ganzheitliche
       und substanzielle Veränderungen im Sinne einer umwelt- und klimagerechten
       Verkehrswende zu ermöglichen“.
       
       „Die dringend benötigte Verkehrswende fällt nicht vom Himmel“, sagt auch
       [2][Weert Canzler.] Der Politikwissenschaftler arbeitet am
       Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) mit dem Schwerpunkt
       Energie- und Verkehrswende. Von ihm ist im Frühjahr das Buch „Taumelnde
       Giganten: Gelingt der Autoindustrie die Neuerfindung?“ erschienen.
       
       „Es müssen die Rahmenbedingungen stimmen und für verändertes
       Verkehrsverhalten tatsächliche Vorteile eingeräumt werden“, hebt der
       Mobilitätsexperte gegenüber der taz hervor. Dazu gehörten beispielsweise
       eine Bevorzugung von gemeinschaftlich genutzten Elektro-Fahrzeugen im
       öffentlichen Raum und sichere Fahrradwege.
       
       „Man wird die notwendigen Änderungen der Rahmenbedingungen nicht sofort und
       umfassend erreichen“, meint Weert Canzler. Der Anfang könne durchaus in
       sogenannten „Realexperimenten“ gemacht werden. „Dort kann gezeigt werden,
       was ‚geht‘, wenn man denn ‚dürfte‘.“ So könnten nach Einschätzung des
       WZB-Forschers „aus Experimentierräumen konkrete Utopien für den Verkehr von
       morgen entstehen“.
       
       21 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.gruene-bundestag.de/parlament/sitzungswoche/mobilitaetsforschung-neu-denken.html
 (DIR) [2] https://www.wzb.eu/de/personen/weert-canzler
       
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 (DIR) Manfred Ronzheimer
       
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