# taz.de -- Frauenfußball bei Holstein Kiel: Kicken: ja, Kohle: nein
       
       > Der Fußballklub Holstein Kiel verkündete im April, seine Frauenabteilung
       > rauszuschmeißen. Das wurde wenig später revidiert. Bedingung: die
       > finanzielle Eigenständigkeit.
       
 (IMG) Bild: Die Herausforderungen liegen für die Fußballerinnen von Holstein Kiel nicht nur auf dem Platz: Sie müssen sich auch selbst finanzieren
       
       Bremen taz | Als Holstein Kiel im April seine Fußballfrauen vor die Tür
       setzen wollte, war Spielerin Sarah Begunk geschockt. „Damit hat keine von
       uns gerechnet“, sagt die Kapitänin der ersten Frauenmannschaft, die in der
       Regionalliga Nord spielt und ihre gesamte Fußball-Jugend bei Holstein
       verbracht hat. „Wir hatten kein Verständnis für diese Entscheidung.“
       
       Die Begründung von Vereinschef Steffen Schneekloth schien tatsächlich wenig
       nachvollziehbar für die Damen: Der Verein wolle sich künftig auf den
       Herrenbereich und den männlichen Nachwuchs konzentrieren. Die Entscheidung
       sei aber „weder frauenfeindlich noch altertümlich“, sagte er dem NDR. Die
       Mannschaften der „Holstein Women“ protestierten, auch in der Politik schlug
       der Schritt Wellen. „Für Holstein war das wohl ein kleiner
       Hallo-Wach-Effekt“, so Begunk. „Die haben gemerkt, dass es uns gibt.“
       
       Wenige Tage nach dem Trubel revidierte der Verein die Entscheidung und bot
       der Frauenabteilung an, zu bleiben. Die Bedingung: Der Spiel- und
       Trainingsbetrieb soll finanziell zukünftig von der Abteilung alleine
       bewältigt werden.
       
       Aber ist das überhaupt möglich? „Mit viel Optimismus“, sagt Bernd Begunk,
       Trainer der ersten Damenmannschaft und Vater von Sarah Begunk. „Da müsse
       das Sponsoring schon verdammt gut laufen.“ Hohe Fernseh- und
       Zuschauergelder – also das, was im Männerfußball viele Einkünfte bringt –
       fehlten im Frauenfußball, so Begunk.
       
       ## Es geht auch anders
       
       Aber es scheint auch am jeweiligen Willen des Vereins zu liegen: „Hannover
       96 ist unheimlich bemüht und holt andere Spielerinnen“, sagt Bernd Begunk.
       „Auch das Team vom VfL Wolfsburg, eine sehr erfolgreiche deutsche
       Frauenmannschaft, wird sich wohl kaum alleine finanzieren.“
       
       Der geschätzte Etat für die laufende Saison liegt laut Trainer für alle
       drei Mannschaften der „Holstein Women“ bei 30.000 bis 50.000 Euro. „Wir
       sind zu Auswärtsfahrten gezwungen, und da brauchen wir nun mal einen Bus“,
       so Begunk. Zusammen mit Trainerkosten und Physiotherapeuten läppere sich
       das.
       
       „Trotzdem: Jeder Verein hat für die fünfte Herrenliga einen höheren Etat“,
       sagt Begunk. Vereine seien zwar auch Wirtschaftsunternehmen, aber der Bezug
       öffentlicher Gelder sei an Bedingungen geknüpft, erinnert der Trainer. Dass
       der Fast-Rauswurf ein „Riesenfehler“ war, habe Holstein Kiel inzwischen
       eingesehen. „Auch an der Reaktion in der Öffentlichkeit und Politik wurde
       das ja sehr deutlich“, so Begunk.
       
       ## Schwierige Sponsoren-Suche
       
       Dennis Tombers ist der Verlobte von Sarah Begunk und versucht nun
       ehrenamtlich, Sponsoren für die Frauenabteilung zu begeistern. Einen großen
       Sponsor haben die „Holstein Women“ bereits gewonnen: das Kieler Unternehmen
       „Graf Abfallbeförderung“. Der Kontakt wurde durch den Verein hergestellt,
       der Vertrag läuft zunächst für zwei Jahre. Auch ein Co-Sponsor greift mit
       unter die Arme.
       
       Dennis Tombers hat inzwischen diverse weitere Unternehmen angeschrieben,
       die Ausbeute ist aber mäßig. „Die meisten sind bei der Herrenabteilung oder
       beim Handball-Bundesligisten THW Kiel.“ Dass sich eine Frauenabteilung in
       Schleswig-Holstein in der Regionalliga finanziell selber aufstellen kann,
       glaubt auch der Sponsoring-Verantwortliche nicht. „Hier etwas Größeres
       aufzubauen, ist schwierig. Sportlich ist vielleicht irgendwann die Zweite
       Liga drin, das war’s dann aber auch.“
       
       Das Regionalliga-Team ist mit einigen Anlaufschwierigkeiten in die Saison
       gestartet. Es gehe nun aber auch sportlich darum, ein gutes Bild für
       potentielle Sponsoren abzugeben, sagt Sarah Begunk. Doch auch beim
       gestrigen Spiel gegen Werder Bremens zweite Mannschaft blieb der Erfolg
       aus. Die Holsteinerinnen unterlagen mit 2:1.
       
       Zwei Errungenschaften hat der Eklat dennoch mit sich gebracht: „Die
       Trainingsbedingungen haben sich verbessert“, berichtet Trainer Begunk. Und
       der Kontakt mit dem Vorstand sei gut. „Vorher gab es gar keinen Austausch“,
       so der Trainer. „Wir hatten nie das Gefühl, dass wir gut vertreten worden
       sind.“ In den letzten Spielzeiten habe sich die Mannschaft, wie auch die
       U17 und U23, immer selber Trainingsgelegenheiten gesucht.
       
       Der Deal mit dem Verein steht nun – umsetzbar scheint er jedoch nicht zu
       sein. Dennis Tombers glaubt trotzdem nicht, dass der Verein deswegen
       „denselben Fehler nochmal macht.“
       
       8 Oct 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Götz
       
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