# taz.de -- Linke Sammelbewegung trifft sich: Jetzt aber wirklich „Aufstehen“
       
       > Aus dem Netz in die Realität: Sahra Wagenknechts linke Sammlungsbewegung
       > plant Aktionsgruppen vor Ort. Die Erwartungen sind vielfältig.
       
 (IMG) Bild: Steht jetzt wirklich auf: Sahra Wagenknecht
       
       Berlin taz | Bisher ist die linke Sammlungsbewegung [1][nur ein virtueller
       Erfolg]. 150.000 Menschen haben sich auf der Internetseite
       [2][aufstehen.de] eingetragen – und lassen sich regelmäßig über die
       Bewegung informieren, die Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht
       mitinitiiert hat. Doch jetzt soll der Schritt in die Wirklichkeit folgen:
       Am 3. Oktober sollen im ganzen Land Treffen stattfinden.
       
       „Die Zeit der Aktionen ist jetzt gekommen“, heißt es in einer Infomail an
       Interessierte. „Wir müssen uns treffen, kennenlernen und gemeinsam Druck
       aufbauen.“ Das Ziel: Aktionsgruppen vor Ort und „flächendeckende Netzwerke
       von Aufständischen“. Gelänge dies, wäre es in der Tat ein wichtiger
       Fortschritt. Eine Bewegung per Mausklick vom Sofa aus zu unterstützen ist
       etwas anderes als Aktivismus auf der Straße oder in der Ortsgruppe.
       
       Welche Erwartungen die UnterstützerInnen haben, ließ sich am Sonntag in
       Berlin beobachten. Dort fand am Platz der Luftbrücke im Bezirk Tempelhof
       die erste Open-Air-Veranstaltung von Aufstehen statt. Gut 200 Leute stehen
       auf dem Bürgersteig. Der ergraute Gewerkschafter neben der Studentin mit
       buntem Halstuch, viele haben sich einen Button mit dem Aufstehen-Logo
       angeheftet, den man gegen eine Spende erstehen kann. Sevim Dağdelen,
       Linken-Fraktionsvize und Wagenknecht-Vertraute, hält ein Transparent der
       Sammlungsbewegung.
       
       Der große Zuspruch zeige: „Es gibt ein großes Bedürfnis nach tiefgreifender
       Veränderung in diesem Land“, ruft Dağdelen dann ins Mikrofon. Dann übt sie
       scharfe Kritik an der Großen Koalition. Jene kümmere sich um Reiche oder
       Großkonzerne wie RWE, während die Mehrheit der Menschen auf der Strecke
       bleibe. Die Groko verteile allenfalls kleine bunte Pflaster, indem sie die
       Rente einfriere und ein paar Pflegekräfte mehr einstelle. „Aber die
       Menschen spüren, dass sich ihre realen Verhältnisse nicht verbessern.“
       
       Dağdelen betont, dass es um eine überparteiliche Bewegung gehe. Sie stehe
       dafür ein, [3][die Spaltung im Mitte-links-Spektrum] zu überwinden. Dieses
       Anliegen war bei ihr in der Vergangenheit nicht wirklich zu erkennen.
       Dağdelen gehört wie Wagenknecht zu denen in der Linkspartei, die
       Rot-Rot-Grün im Bund schlechtredeten. Vor der Wahl 2017 bezeichnete sie die
       Option in einem Gastbeitrag als „totes Pferd“.
       
       Eine Viertelstunde lang dürfen ZuhörerInnen ans Mikrofon kommen. Sie
       schildern, warum sie hier sind, und der Moderator achtet auf eine quotierte
       Rednerliste. Ein Mann schimpft auf die Rentenreform der Großen Koalition,
       ein anderer fordert, „gegen den Rüstungswahnsinn“ aufzustehen.
       
       Eine Frau erinnert daran, dass auch fast 30 Jahre nach der
       Wiedervereinigung viele Ostdeutsche eine Beschämung verspürten – durch
       niedrigere Löhne und Renten. Eine junge Frau sagt nicht ihren Vornamen.
       „Ich bin ich.“ Sie sei für Solidarität, für Gerechtigkeit und für den
       Hambacher Forst. „Kein Konzern der Welt darf einen Urwald besitzen.“ Sie
       bekommt lauten Applaus.
       
       Ab und zu fühlt man sich dann doch wie bei der Linkspartei. Die Sympathien
       für Russland sind nicht zu überhören. So singt die Sängerin Gina Pietsch
       den DDR-Klassiker: „Meinst du, die Russen wollen Krieg?“ Eine Aktivistin
       der Friedenskoordination Berlin liefert einen Überblick über die Kriege des
       vergangenen Jahrhunderts. Die Rollen sind klar verteilt: Die Bösen sind die
       USA. Beim Kalten Krieg, sagt sie, sei die Sowjetunion gezwungen gewesen,
       ebenfalls hochzurüsten. Nur ein Zuhörer stellt am Mikro klar, er hätte
       erwähnt, dass Russland bei der Krim angefangen habe.
       
       30 Sep 2018
       
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