# taz.de -- Protest gegen Erdogan-Besuch: Nennt ihn ruhig Faschist
       
       > Menschenrechtsgruppen demonstrieren gegen den türkischen Präsidenten.
       > Staatsanwaltschaft: Erdogan darf „Faschist und Mörder“ genannt werden.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen Erdogan am Freitagvormittag
       
       „Keine Freiheit ohne Pressefreiheit!“ Auf einer von Reporter ohne Grenzen
       veranstalteten Kundgebung setzen am Freitagmorgen rund 70 Menschen vor dem
       Berliner Hauptbahnhof ein Zeichen der Solidarität mit den in der Türkei
       inhaftierten Journalist*innen. Die Veranstaltung bildet den Auftakt zu
       einer Reihe von Protestaktionen gegen den Staatsbesuch des Türkischen
       Präsidenten Recep Tayyip Erdogans.
       
       Nazli Ilicak, Mümtazer Türköne, Ahmet Altan – auf den Schildern der
       Demonstrant*innen sind nur einige Namen und Porträts der über 100
       inhaftierten Journalist*innen in der Türkei zu sehen. Nach Erdogans harten
       Durchgreifen infolge des Putschversuches 2016 ist der Medienpluralismus in
       der Türkei weitgehend abgeschafft. Es gibt kaum noch unabhängige Medien,
       die Arbeitsbedingungen für Journalist*innen sind miserabel. Viele mussten
       ins Exil fliehen.
       
       „Wir fordern ganz deutlich, das die Bundesregierung die Missstände in der
       Türkei anprangert“, sagt Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne
       Grenzen. „Eine Normalisierung der deutsch-türkischen Verhältnisse darf es
       nicht geben, solange die Unterdrückung der Journalisten andauert“.
       
       Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist ebenfalls an der
       Kundgebung beteiligt. Sie weist auf die vielen anderen
       Menschenrechtsverletzungen der türkischen Regierung hin: „Die
       Inhaftierungen von Journalisten sind nur die Spitze des Eisberges“, erklärt
       Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty Deutschland. Er verweist auf die
       Repressionen gegen Aktivist*innen und Oppositionellen in der Türkei, die
       oft unter hanebüchenen Anschuldigungen verhaftet werden.
       
       „Verwandte von mir mussten schon in den Knast“, berichtet ein junger
       Demo-Teilnehmer, der anonym bleiben möchte. „Das waren ganz normale Leute,
       Lehrer und Polizisten.“ Viele Freunde könnten nicht mehr in die Türkei
       einreisen, weil es für sie zu gefährlich sei.
       
       Es sind an diesem Morgen fast mehr Journalist*innen, Kamerateams und
       Fotograf*innen vor Ort als Teilnehmer. Aber es fällt schwer, sie als
       neutrale Beobachter zu begreifen, denn für die Arbeit, die sie hier gerade
       tun, könnten sie in der Türkei verhaftet werden.
       
       In Deutschland hingegen darf sogar die Losung „Erdogan ist ein Mörder und
       Faschist“ straffrei verwendet werden. Das ergibt sich aus einer bisher
       unveröffentlichten Antwort der Innenveraltung auf eine Anfrage des
       Abgeordneten Hakan Tas (Linke). Darin teilt diese mit, dass die
       Staatsanwaltschaft Berlin diese Aussage als freie – und deswegen straffreie
       – Meinungsäußerung werte.
       
       Das könnte in der Praxis relevant werden, denn am Nachmittag geht es mit
       den Protesten weiter: Zur Demo „Edogan not Welcome“ werden mehr als 10.000
       Teilnehmer erwartet.
       
       28 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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