# taz.de -- So viel Kritik muss sein: Florian Maier über Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt im Moks: Wutausbruch in Plastikhausen
       
       Maulina ist wütend. Sie prügelt aufs Schlagzeug ein, das auf der Moks-Bühne
       für sie steht, kloppt und trommelt und schreit. Der Krach verliert sich in
       Verzweiflung. Das Leben sei nicht gerecht, sagt sie. Man könne eine
       Geschichte einfach abbrechen, um ein Happy End zu erhalten. „Aber leider
       schreibt das Leben keine Happy Ends.“
       
       Aus Plastikpaletten hat Léa Dietrich einen variablen Bühnenraum gestapelt.
       In dem sitzt Judith Goldberg nun als Maulina und mault und schlägt Krach.
       Grau ist die Umgebung und normiert: Alle Paletten haben dieselbe Größe und
       fast dieselbe Farbe. Maulina, alias Paulina Schmitt, zieht mit ihrer Mutter
       in eine neue Wohnung – nachdem ihre Eltern sich getrennt haben. Verächtlich
       nennt sie das neue Heim Plastikhausen. Als sie dann noch erfährt, dass ihre
       Mutter unheilbar krank ist, versucht sie, ein Wunder in die Wege zu leiten,
       ein Happy End.
       
       Das Stück „Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt“ im Brauhaus des
       Theater Bremen schafft Rührung. Schwere Themen werden behandelt: Eltern
       getrennt, Vater hat eine neue Freundin, Mutter erkrankt, Wegzug aus der
       gewohnten Umgebung. „Wie behindert ist behindert sein“, sagt die Mutter und
       beschwert sich über gesellschaftliche Normierung: Alles müsse Mindestmaße
       haben und in geregelten Bahnen laufen.
       
       Gleichzeitig gelingt es Regisseurin Nathalie Forstman, genau diesen
       Aussagen eine unglaubliche Leichtigkeit einzuhauchen. So balanciert sie die
       Figuren dauerhaft zwischen Tragik und Komik aus: Mit Schicksalsschlägen
       geht die junge Protagonistin souverän um, obwohl davor noch ausgiebig
       geweint und gewütet wurde. Ständig erwartet man, dass das ganze doch noch
       ein Happy End bekommt, doch dann bahnt sich schon der nächste Rückschlag
       an. Und immer: Maulina, die als Protagonistin dagegen ankämpft, den Verlauf
       der Dinge bestimmen will, und es nicht schafft.
       
       Judith Goldberg trägt eindrucksvoll das Innere der Maulina nach Außen, ohne
       dabei stereotyp zu wirken. Stress, Verzweiflung, Wut, Freude und Spaß
       schafft sie in sehr kurzer Zeit authentisch wechseln zu lassen. Bewegend
       ist auch Maureen Havlenas Darstellung der Mutter, die sich gegen die
       Einengung durch ihre Erkrankung wehrt.
       
       Léa Dietrichs Raum-Arrangement spielt in diesem Spiel um die Normierung
       eine diskrete Hauptrolle: Die Paletten gestalten nicht nur die Bühne,
       sondern auch, als Sitzgelegenheiten, den Zuschauerraum, einzelne Elemente
       der Stapel können gleichsam ausbrechen – und irgendwann wird sogar
       Plastikhausen ein Ort der Wärme: Man wünscht sich, Maulina in den Arm zu
       nehmen und ihr sagen zu können: „Alles wird gut!“ Aber leider schreibt das
       Leben keine Happy Ends.
       
       Nächste Termine: 22. September, 16 Uhr, 25. bis 27. September, jeweils
       10.30 Uhr
       
       21 Sep 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Maier
       
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